Bäcker (m/w/d)
Der Mann für den Morgen danach
Das Bäckerhandwerk ist was für Frühaufsteher
Alexander Schellenberger kann Zöpfe flechten, nicht nur aus drei – auch aus fünf und sieben Strähnen. Das Problem: Er fängt morgens um drei Uhr damit an. Alexander muss zur Arbeit fahren, wenn die Party in der Freitagnacht am schönsten ist. Das Bäckerhandwerk hat eben seine Weizen- und Roggenseiten. Am besten, man mischt diese und streut Sesam oder Sonnenblumenkerne oben drauf. Dann schmeckt das Leben. Alexander jedenfalls liebt seinen Beruf. „Weil wir alles selbst herstellen, mit unseren eigenen Händen, sogar den Rohstoff, den Teig.“ Alexander genießt jenen Moment am Samstagmorgen, wenn er das Mehl von den Händen klopft, die Schürze abbindet und einen Blick in den Laden wirft, wo die knusprigen, duftigen Brötchen in Körben liegen und die Kunden sehnsüchtig auf die vollen Kuchenbleche schauen. Noch müde von der Party, die Augen ein wenig verquollen, überlegen sie, ob Eierschecke, Kirmes-, Streusel- … oder … Oder gar keinen Kuchen, statt dessen ein Brötchen mehr? Der Duft kitzelt sie in der Nase. Plötzlich knurrt der Magen. Dann versenken sie Tüten und Päckchen vorsichtig in ihren Taschen, tragen sie nach Hause und freuen sich auf den herrlichsten Moment des Tages: Das Frühstück.
Die Leute in der Siedlung am Dresdner Stadtrand schätzen ihren Bäckermeister, der alles frisch produziert. Das schmeckt doch ganz anders als die industriell gefertigten Brötchen aus dem Supermarkt.
Muss Alexander die Mischungen und Rezepte für all die Malzsonnen, Doppelkrusten, Bärlauchwurzeln, Kraftbaguettes, die Knoten und Buchteln und Körnerbrötchen fertig im Kopf haben? „Man kann schon mal ins Rezeptbuch schauen“, sagt er. Bäcker ist aber kein Beruf für Blöde, verteidigt er das uralte Handwerk. Im Kopfrechnen muss man fit sein, um die Mischungen schnell auf verschiedene Mengen umrechnen zu können. Das ist sicher nicht der einzige Arbeitsschritt, bei dem ein Bäcker seine Intelligenz unter Beweis stellt. Auch die Abläufe am Morgen in der Backstube, vom Moment der Teigmischung bis zu den gefüllten Körben im Laden, müssen exakt und klug koordiniert werden.
Alexander ist im Praktischen Leistungswettbewerb der Handwerks-Jugend gerade sächsischer Landesmeister geworden. Bewertet wurden seine Arbeitsweise, das Aussehen und der Geschmack des Brotes, der Brötchen und der Torte, die er vor den Augen der Jury backen musste. Im November nahm er am bundesweiten Wettbewerb teil. Höhenflüge bekommt er deshalb nicht. Später, nach der Konditorenausbildung, die er gerade begonnen hat, möchte er die Bäckerei seiner Eltern in Aue übernehmen. Heute braucht ein Bäcker keine Meisterprüfung mehr, um eine Bäckerei zu führen. Will er jedoch ausbilden, dann muss er diese vor der Handwerkskammer ablegen. Wie schafft es ein Bäcker, Tag für Tag morgens drei Uhr ausgeschlafen in der Backstube zu stehen? „Ich schlafe mittags nach der Arbeit“, sagt Alexander. Abends, wenn seine Freundin von der Uni kommt und noch mit ihm ausgehen will, ist er wieder fit. Übrigens trägt seine Freundin keine Zöpfe.
Text & Fotos: Kathrin Schrader