Bauleiter (m/w/d)
Step by step
Vom Zimmermann zum Bauleiter über die zweijährige Weiterbildung zum Staatlich geprüften Techniker
Der Sebnitzer Stefan Hille (im Foto) musste nicht lange überlegen, welche berufliche Laufbahn er nach der Oberschule einschlagen wird: Er trat in die Fußstapfen seines Opas und lernte Zimmermann. Der Beruf gefiel ihm sehr: „Der Bau- bzw. Werkstoff Holz ist ein lebendiger Baustoff, den man kreativ bearbeiten und in Form bringen kann.“ Trotzdem: Nach der Gesellenprüfung wollte er anspruchsvollere Aufgaben mit mehr Verantwortung bewältigen können. Er suchte nach einer neuen Herausforderung. Und er fand sie: Er nahm das Angebot zu einer überbetrieblichen Spezialisierung, einem zweijährigen, durch Meister-BAföG-finanzierten Fachschulstudium zum Staatlich geprüften Techniker der Fachrichtung Bautechnik mit Schwerpunkt Hochbau an.
„Eine aus meiner Sicht kleine – weil zeitlich überschaubare und finanzierte – Hürde, um einen doch erheblichen Schritt auf der Karriereleiter nach oben zu steigen.“ Man benötigt kein Abi, „nur“ eine gut abgeschlossene Berufsausbildung und mindestens zwei Jahre Berufserfahrung. „Diese Weiterbildung, ein nichtakademischer Bildungsweg, vermittelte solide Kenntnisse rund um das Baugewerbe und bereitete mich sehr praxisorientiert auf eine Führungsposition im Bauwesen vor.“ Innerhalb von zwei Jahren erhielt er das Know-how, selbstständig Bauvorhaben zu planen, Baustelleneinrichtungen zu organisieren und zu koordinieren sowie die Ausführung der Bauarbeiten zu überwachen. Er wurde geschult, Kosten zu kalkulieren, Entwurfszeichnungen zu fertigen, Detail- sowie Ausführungspläne und Baumodelle zu erarbeiten, statische und bauphysikalische Berechnungen anzustellen, Bauabrechnungen und -nachkalkulationen anzufertigen. Darüber hinaus wurden ihm Sozial- und Führungskompetenzen vermittelt.
Nach dem Studium stieg er wieder bei der bendl HTS Hoch- und Tiefbau GmbH & Co. KG Sebnitz, seinem Ausbildungsbetrieb, ein. Das Unternehmen mit seinen ca. 70 Mitarbeitern setzt überregional Bauprojekte im Bereich Wohnungs- und Industriebau sowie Sanierungen um. 2019 wurde es zum „Vorbildlichen Ausbildungsbetrieb“ gekürt.
Zunächst als Vorarbeiter sammelte Stefan Erfahrungen in verschiedenen Sparten – dem Industriebau, dem Bauschnelldienst, dem Tiefbau, dem Hochbau. Übernahm dazu eine Truppe, die immer weiter wuchs. Allmählich wurden auch die Baustellen größer. Sein Chef förderte ihn auf jegliche Weise und gab ihm Gelegenheit, sich zu profilieren. Bis Stefan dann bereit war: „Ich bekam das Angebot, mich als Polier dem Aufgabengebiet Bauleiter anzunähern. Wenig später vertraute mir mein Chef die erste Baustelle als Bauleiter an.“
Inzwischen, sieben Jahre und einige Baustellen später, treffe ich den Sebnitzer oberhalb der Baugrube des Bauvorhabens Urban Village am Rande der Äußeren Neustadt in Dresden. „Ein Neubau mit einer großen Tiefgarage und sechs Mehrfamilienhäusern, hauptsächlich ein Stahlbeton- und Mauerwerksbau“, erklärt er. Es ist sein bisher größtes Bauvorhaben, mit dem er betraut wurde. Und noch dazu eine echte Herausforderung: „Hier sind gute Vorbereitung, ein gestandenes Team an Facharbeitern und Erfahrung erforderlich. Wir bauen unter beengten Verhältnissen in Lücken, mit nur einer Baustellenzufahrt.“ Und genau das ist es, was er an seinem Beruf liebt: „Das Meistern der immer wieder neuen Anforderungen und Unwägbarkeiten. Keine Baustelle ist wie die andere. Es gibt zwar einen Plan, der in der Theorie hervorragend aufgestellt ist. In der Praxis aber kommt es oft anders. Und, da ich ja die Bauvorhaben von Anfang bis zum Ende begleite, sehe ich am Schluss, was das Team und ich geschaffen haben. Die Wertschöpfung – ein gutes Gefühl und die Genugtuung, dass man etwas leisten kann.“
Er ist in Dresden noch auf einer weiteren Baustelle tätig. Auf beiden überwacht er täglich jeweils zwei, drei Stunden den Bauablauf, die Koordinierung der Arbeiter und der einzelnen Bauabschnitte, die Logistik und alles, was dazugehört. Stefan stimmt sich dazu in erster Linie mit seinen „verlängerten Armen“, den Polieren, die ganztags die direkte Koordination der Baustellen übernehmen, ab. Sie gehen den Baufortschritt ab, besprechen technische Details sowie die Koordination und Überwachung der Subunternehmer und nehmen Bauleistungen ab. „Ich unterhalte mich auch mal über persönliche Dinge mit den Bauarbeitern“, erzählt er und fügt verschmitzt an: „Man ist ja nicht nur Techniker und Führungskraft, manchmal braucht es auch ein wenig Seelsorger-Kompetenz“. Apropos: Welche Eigenschaften braucht ein guter Bauleiter? „Man muss zu führen verstehen, ehrgeizig und sehr gut organisiert sein. Wichtig sind natürlich technisches, räumliches und strategisches Denken.“
Stefan zum Schluss: „Ich kann junge Leute nur ermuntern, diesen zwar schwierigen, aber anstrebenswerten Weg zu gehen, weil man persönlich daran wächst. Man wird vor Aufgaben gestellt, die man gemeinsam mit Menschen meistert, die man führt. Man sitzt nicht nur im Büro oder arbeitet in einer Werkhalle, sondern managt ein vielschichtiges Aufgabengebiet mit den unterschiedlichsten Anforderungen.“
Text: Steffi Mrosek / Fotos: Stefan Schrader, Bendl HTS