Berufskraftfahrer (m/w/d)
Was bewegen
Einen Lastkraftwagen zu steuern, bringt ein Gefühl von Freiheit und Stärke. Berufskraftfahrer zu sein, erfordert hohes Verantwortungsbewusstsein.
In dem hohen 40-Tonner die Landstraße entlang zu brausen, fühlt sich schon ein bisschen an wie Fliegen. Ein Lkw-Fahrer bewegt unter dem beheizten, luftgefederten Sitz ein ziemliches Gewicht. „Autofahrer unterschätzen oft die Wucht eines Lkws, wenn sie kurz vor der roten Ampel in meine Spur schneiden“, sagt Marcel Schmidt. Seit vielen Jahren ist er auf Autobahnen, Fernstraßen und in Gewerbegebieten unterwegs. Keine Sekunde darf der Berufskraftfahrer unkonzentriert sein. Die Fehler der anderen muss er einkalkulieren. „Wenn ich sehe, da pendelt einer unentschlossen hin und her, stehe ich schon mit dem Fuß auf der Bremse.“
Marcel Schmidt ist 44 Jahre alt und sagt über seinen Beruf: „Ich kann mir nichts Besseres vorstellen.“ Schon als Zwölfjähriger wollte er Lkw-Fahrer werden. Auch sein Vater hat als Kraftfahrer gearbeitet. Marcel ist viele Jahre lang Fernstrecken in Europa gefahren. Irgendwann war es ihm wichtiger, abends bei der Familie zu sein. Jetzt ist er für die Firma Emons im Stadtverkehr unterwegs. Das heißt, jeden Morgen pünktlich am Umschlaglager sein, die Waren aufladen, Frachtpapiere prüfen und dann los.
Heute steuert er zuerst einen Großhändler für Farben und Lacke an. Zwei Paletten lädt er dort ab. „Ich habe das mal gezählt. Ungefähr 60 - 80 Mal am Tag steige ich ein und aus.“ Sportlich! Eine Palette wiegt eine Tonne. Natürlich stehen Hilfsmittel zum Auf- und Abladen zur Verfügung. „Man gewöhnt sich dran, hat dann so seine Handgriffe“, erzählt Marcel. Die Leute im Versand antworten freundlich auf seine unkomplizierte, humorvolle Art. Ein paar Sätze hin und her, ein Witz, eine Unterschrift und schon geht’s weiter zum nächsten Kunden. Die Straßen im Gewerbegebiet sind schmal. Häufig blockieren andere Lieferwagen die freie Fahrt. Nur über das Blicken in die Spiegel setzt Marcel das 18 Meter lange Gefährt zurück, rangiert und wendet. Was mag er so sehr an dieser anstrengenden, verantwortungsvollen Arbeit? „Ich bin mein eigener Herr“, antwortet er. Klar, er hat keinen nörgelnden Chef neben sich, aber der einsame Wolf, der stundenlang Kilometer frisst, ist ein Lastkraftfahrer heutzutage nicht mehr. Über ein Bordsystem kann er mit der Zentrale kommunizieren. Eine Chipkarte zeigt jedem Polizisten, wie lange er bereits unterwegs ist. Maximal neun Stunden am Tag sind erlaubt. Hält er sich nicht daran, ist eine empfindliche Strafzahlung fällig. Den Stadtverkehr findet Marcel abwechslungsreich. Er hört Musik beim Fahren, sieht die Sonne morgens hinterm Wald aufgehen und begegnet den ganzen Tag Leuten. Ins Rutschen ist er im Winter auch schon gekommen. Er spricht gelassen darüber. Kraftfahrer müssen sich auch weiterbilden. Da ist beispielsweise der Gefahrenschein für den Transport gefährlicher Güter, der alle fünf Jahre aktualisiert werden muss.
→ Azubis ans Steuer
Manchmal steigen Azubis zu Marcel Schmidt in den Wagen, denn er ist Lehrausbilder. Ihren Führerschein haben sie gemacht. Jetzt dürfen sie ans Steuer. Marcel sitzt neben ihnen, korrigiert, berät, gibt seine Erfahrungen weiter. „Es gibt zwei Arten Azubis“, erzählt er. „Die einen machen ihren Job, weil sie eben irgendeinen Job machen müssen, um ihr Geld zu verdienen. Den anderen merkt man an, dass sie Spaß an dem Beruf haben. Sie stellen Fragen, haben Ideen. Erwin ist so einer. Der ist 18 Jahre jung, aber fährt Lkw wie ein alter Hase.“
→ Nicht nur für Jungs
„Teamfähig soll er sein“, sagt Marcel über die Voraussetzungen für den Beruf. „Denn wir helfen uns gegenseitig beim Laden und Container verriegeln. Und freundlich sollte er auch sein. Wir haben es schließlich überall mit Kunden zu tun.“ Eigentlich ist es falsch, immer nur von „er“ zu sprechen. Auch Mädchen können Kraftfahrerinnen werden. Marcels Schwester fährt seit vielen Jahren im Fernverkehr. „Sie liebt ihren Beruf“, sagt ihr Bruder.
Text & Fotos: Kathrin Schrader