Brauer und Mälzer (m/w/v)
Kulturgut aus Hopfen und Malz
Als Brauer und Mälzer schafft Thomas Jensch Bierspezialitäten für Genießer
Heiße Dampfschwaden entweichen aus dem großen Kupferkessel. Es riecht würzig und ein wenig süß. Mit einer unterarmlangen Würzspindel holt Thomas Jensch eine Probe der heißen, goldgelben Flüssigkeit aus der Sudpfanne ans Licht. Jetzt wird der Stammwürzgehalt bestimmt. Thomas ist im ersten Lehrjahr seiner Ausbildung zum Brauer und Mälzer und in seinem Ausbildungsbetrieb, der Gasthaus & Gosebrauerei Bayerischer Bahnhof in Leipzig, ist heute Brautag.
Eigentlich stand der Mittdreißiger als IT-Techniker schon fest im Berufsleben. Doch so richtig glücklich war er damit nicht. Ein Neuanfang musste her. „Ich koche leidenschaftlich gerne“, verrät der Leipziger. „Und vor ungefähr fünf Jahren bin ich dann in die Heimbrauerszene ‚gerutscht‘.“ Sein Hobby zum Beruf zu machen, lag also nahe. „Die endgültige Entscheidung, raus aus der IT und hinein in die Brauerei, hat mir dann zwar noch einige schlaflose Nächte bereitet, aber ich bereue sie kein bisschen.“
Eines der ältesten Gewerbe der Welt
Als Lebens- und Genussmittel hat Bier eine lange Geschichte. Vielleicht hatte in grauer Vorzeit jemand seinen Getreidebrei nicht aufgegessen. Wilde Hefen in der Luft haben dann die Gärung eingeleitet und den Zucker in Alkohol verwandelt. Genau lässt sich die Geburtsstunde des „Gerstensaftes“ nicht mehr rekonstruieren. Vor mehr als 9.000 Jahren war er aber schon bekannt. Denn in so alten Gefäßen fanden Archäologen Spuren früher Brauversuche.
An den Prinzipien der Gärung hat sich seitdem nichts geändert. Nur überlassen Brauer und Mälzer heute nichts mehr dem Zufall. „In der Berufsschule lernen wir natürlich alles über die alkoholische Gärung. Aber auch die Prozesse beim Mälzen werden umfassend behandelt.“ Thomas erklärt, wie Malz entsteht: „Getreide wird feucht und warm gelagert bis es keimt. Dadurch werden Enzyme aktiviert, die wir beim Brauen brauchen und ein Teil der Stärke im Korn wird bereits zu Malzzucker.“
Wie das Getreide zu Malz wird, ist Prüfungsstoff und muss bei jedem Azubi sitzen. Deshalb ist der Besuch einer Mälzerei fester Bestandteil des Ausbildungsplanes. Später werden die meisten Auszubildenden als Brauer arbeiten. In Deutschland gibt es heute mehr als 1.400 Brauereien, aber nur etwa 45 reine Mälzereien.
Brauer sind Biochemiker und Techniker in einem
Jetzt wirft er einen prüfenden Blick auf die Würzspindel. Die Stammwürze, die Thomas damit ermittelt, ist der Anteil von Malz und Hopfen im Bier. Sie bestimmt, wie viel Alkohol es einmal haben und wie nahrhaft es dann sein wird. Thomas rechnet im Kopf: „Den Dreisatz sollte man hier schon beherrschen. Ansonsten ist in der Ausbildung nicht so viel Mathe, dafür aber mehr Naturwissenschaft gefragt.“
Biochemie nimmt deshalb viel Raum im Lehrplan ein. Denn nur wer den Brauprozess versteht, kann ihn zum gewünschten Ergebnis führen. Aber auch auf eine umfassende Technikausbildung wird großer Wert gelegt. Denn egal, ob die weltweit bekannte Großbrauerei oder das kleine Brauhaus um die Ecke: Moderne Anlagen sind aus beiden nicht wegzudenken. „Bei einer Gasthausbrauerei wie hier im Bayerischen Bahnhof steckt noch viel Handarbeit im Bier“, erzählt Thomas. Zukünftige Brauer und Mälzer sollten deshalb körperliche Arbeit nicht scheuen. Außerdem sollte der Wechsel zwischen heißem Sudhaus und kaltem Lagerkeller den Kreislauf nicht aus dem Tritt bringen. „Und Wasser sollte man mögen, denn Reinheit ist beim Brauen oberstes Gebot. Die Anlagen sauber zu halten, ist deshalb auch eine unserer Hauptaufgaben,“ erklärt er.
„Ich freue mich, dass ich hier in Leipzig eine solche Spezialität brauen darf. Denn Bier ist für mich nicht nur ein Genussmittel, sondern auch ein Kulturgut zu dessen Erhalt ich nun beitrage.“
Text: Kai Dürfeld | Fotos: Antje Krämer