Chefredakteur (m/w/d)
Auflagenhöhe, Aufmacher & Sternstunden
Peter Stefan Herbst managt als Chefredakteur die Saarbrücker Zeitung
Fast 500.000 Menschen lesen jeden Morgen die Saarbrücker Zeitung. Er sorgt mit seinen 86 festangestellten Redakteuren, 14 Volontären und den freien Mitarbeitern für spannenden Lesestoff, für Kommentare, Interviews und Reportagen: Chefredakteur Peter Stefan Herbst (46).
Was ihn am Journalisten-Dasein reizt? „Die große Themenvielfalt, der Kontakt mit den Menschen und der Blick hinter die Kulissen“, sagt Herbst. „Und natürlich sieht man beim Blättern durch die Zeitung täglich aufs Neue, was man geleistet hat. Hat man vielleicht sogar eine große Geschichte recherchiert, über die heute viele Menschen sprechen?“ Herbsts Karriere als Chefredakteur begann früh. Mit 29 übernahm er die Redaktion der Dresdner Neuesten Nachrichten, wechselte später zur Lausitzer Rundschau und von dort aus ins Saarland. „Wobei man den Beruf eines Chefredakteurs nicht anstreben kann“, erklärt er. „Man braucht zwar die Voraussetzungen dafür. Doch andere müssen dich für den Job berufen halten, dich dann tatsächlich auch noch dazu berufen.“
Für den gebürtigen Bonner geht es längst nicht mehr nur darum zu schreiben. Er leitet Konferenzen, wie die am frühen Morgen etwa. „Im kleinen Kreis besprechen wir ab 10:30 Uhr die wichtigsten Themen.“ Später geht’s in die Redaktionskonferenz. Welche Themen sind heute bedeutend? Wie werden sie gewichtet? Welche Aufmacher kommen morgen ins Blatt? Ab 16 Uhr geht’s schließlich um das Titelblatt, um das beste Foto, die interessantesten Texte und die knackigsten Überschriften. Als Chefredakteur organisiert, managt Herbst. Er führt Bewerbungsgespräche, kümmert sich um die Kosten, er stimmt sich mit dem Verlag (Anzeigen, Vertrieb, Marketing) ab und präsentiert die Zeitung nach außen, begrüßt auf Veranstaltungen oder moderiert Talkrunden.
Eine typische Laufbahn liegt jedoch nicht hinter ihm. „Ich habe nicht volontiert und besitze auch kein abgeschlossenes Hochschulstudium“, sagt er. „Aber das ist die Ausnahme. Der klassische Weg in die Redaktion führt über das Studium, Volontariat oder die Journalistenschule.“ Zwingend Journalistik studiert haben müsse man allerdings nicht, um Chancen auf eine Stelle zu haben. „Im Gegenteil. Ich würde mich freuen, wenn sich mal ein Betriebswirt bei uns bewerben würde.“ Allen jungen Leuten, die in die Branche möchten, rät Herbst, „möglichst früh und in verschiedenen Redaktionen mitzuarbeiten. Am besten bei der Zeitung, beim Radio, dem Fernsehen und einer Nachrichtenagentur reinschnuppern!“
Journalist zu sein, bedeute nicht immer Zuckerschlecken. „Man kommt nicht mit 35 Arbeitsstunden pro Woche aus. Das sollte man sich zeitig klar machen. Wir verlassen unser Büro nicht 16 Uhr. Es kann jeden Tag sehr spät werden.“ Und: „Wer unbedingt viel Geld in einer geregelten Arbeitszeit verdienen will, sollte sich einen anderen Beruf suchen.“
Allerdings gebe es immer wieder die Highlights, richtig heiße Storys. Herbst selbst erinnert sich gern an den Spätsommer 1988. „Ich bekam die exklusive Info, dass Franz Josef Strauß umgekippt war und ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Eigentlich war die ‚BILD am Sonntag‘, die Zeitung für die ich damals arbeitete, schon im Druck. Die Maschinen wurden angehalten und meine Geschichte auf die Titelseite gehoben. Millionen Menschen haben sie am nächsten Tag gelesen und darüber diskutiert.“ Wichtiger sei aber, wenn es gelinge, Missstände aufzudecken und der Wächterrolle nachzukommen. Das sind für Herbst „die wahren Sternstunden des Journalismus“.
Text: Anja Landmann; Foto: Uwe Bellhäuser