Chemikant (m/w/d)
Die »wackeren« Chemikanten
Ausbildung bei WACKER in Nünchritz
Wir alle beginnen unseren Tag mit jeder Menge Chemie … Im Bad greifen wir zu Duschgel und Zahnpasta – Chemie. Beim Frühstück verspeisen wir Brot, Marmelade und Käse – Chemie. Das Outfit in den Lieblingsfarben – Chemie. Wir schreiben auf Papier, sitzen am Computer, Essen, Trinken, Telefonieren … Das alles wäre ohne Chemie nicht denkbar. Und die würde nicht funktionieren ohne Fachkräfte, die ihren Alltag mit der chemischen Produktion verbringen: die Chemikanten. Kein Wunder also, dass der Chemikant ein Beruf mit Zukunft und vielen Facetten ist. „Der Chemikanten-Beruf ist anders als herkömmliche Berufe, vielschichtiger“, sagt Bianca Grafe. Sie muss es wissen, denn die 20-Jährige ist im vorletzten Ausbildungsjahr bei der Wacker-Chemie GmbH in Nünchritz bei Riesa. Derzeit arbeitet sie mit 17 weiteren Azubis ihres Jahrgangs in den Produktionsanlagen des Werkes. In der Messwarte einer Produktionsanlage werden alle Vorgänge per Computertechnik überwacht. An großen Monitoren kontrollieren die Azubis die Füllstände von Behältern und steuern die Pumpen der Anlage. Marcus Altmann, ebenfalls im dritten Lehrjahr, strahlt, denn der praktische Einsatz im Werk liegt ihm besonders. Hier kann er Proben nehmen und auch mal richtig zupacken. Das entspricht genau den Vorstellungen des 19-Jährigen. Chemie, Physik, Bio – das war schon immer sein Ding. Deshalb hat er sich direkt nach der Mittleren Reife bei Wacker beworben. „Ich bin sehr zufrieden, hier zu sein“, sagt er. Erklärtes Ziel ist ein sicherer Arbeitsplatz nach der Ausbildung, „wenn möglich, hier im Werk“. Für die Übernahme stehen die Chancen derzeit gut im Wacker-Werk Nünchritz. „Natürlich geben wir keine Garantien“, erklärt Doris Wiedemann, Leiterin der Personalbetreuung, die sich maßgeblich um die Auswahl der Azubis kümmert. Immerhin sind es 15 Chemikanten-Azubis, die alljährlich in ihre berufliche Zukunft im Wacker-Werk Nünchritz starten. Der Bedarf an gutem Nachwuchs ist groß, denn seit 2000 wird der Standort mit rund 880 Mitarbeitern ständig erweitert. Die Chemie-Anlagen müssen rund um die Uhr von Fachkräften betreut werden.
Messen, Steuern, Regeln in drei Schichten
Rund um die Uhr – das heißt Schichtsystem, auch für die Azubis. Im zweiten Jahr der Ausbildung beginnt der Praxiseinsatz. „In drei Schichten dürfen wir arbeiten, sobald wir 18 sind“, berichtet Bianca. Probleme hat sie damit nicht, im Gegenteil: „Es wird besser bezahlt und ist abwechslungsreich.“ Abwechslungsreich – das ist ein wichtiges Stichwort für den Chemikanten-Beruf. Denn von Beginn an werden die Azubis vielseitig ausgebildet. Biancas erklärte Lieblingstätigkeit war und ist die im Labor. Messen, Steuern, Regeln, Speicherprogrammierbare Steuerung – das ist Biancas Welt. Doch auch die Metallbearbeitung hat ihr gefallen, als sie zunächst das Material kennen lernen musste und schließlich am Modell ganze Rohrleitungssysteme selbst aufbauen konnte. „Technisches Wissen ist genau so wichtig wie das naturwissenschaftliche“, sagt sie.
Das können Mirco Seifert und Robert Heinig nur bestätigen. Seit September 2002 sind sie nun bei Wacker in Nünchritz und lernen im ersten Ausbildungsjahr das, was Bianca und Marcus schon selbstverständlich in die Praxis umsetzen. Natürlich bleibt auch am Anfang nicht alles Theorie. Mirco und Robert besuchen neben der Berufsschule die Ausbildungsstätte, das Kolping-Bildungszentrum für Riesa. Hier, direkt gegenüber des Wacker-Werks wacht Jürgen Radecke, Bereichsleiter Chemie, über den viel versprechenden Nachwuchs. Erst im März hat er einen Jahrgang Jung-Facharbeiter verabschiedet. „Der Schnitt der Prüfung lag bei 1,86“, berichtet er nicht ohne Stolz.
Gestreckte Abschlussprüfung und Umweltpraktikum
Mirco und Robert gehören schon jetzt zu einem besonderen Jahrgang. Denn seit August letzten Jahres wurde die Ausbildung für Chemikanten allgemein neu geregelt. Nun gibt es eine so genannte gestreckte Abschlussprüfung, d.h. die Ergebnisse der ersten Prüfung fließen maßgeblich in den Abschluss ein. Eine Änderung, die auch die Azubis bereits spüren und für gut befinden: Der Unterricht ist mit wenigen Ausnahmen nicht mehr in Fächer sondern Handlungsbereiche untergliedert. „Wir lernen fächerübergreifend, sodass z.B. Verfahrenstechnik, Physik und Laborarbeit zusammenkommen“, erzählt Robert. „So kann man Zusammenhänge schnell begreifen und auch mal das eine oder andere Defizit ausgleichen.“ Der 20-Jährige kann Vergleiche anstellen. Er besuchte zunächst die Fachoberschule für Sozialpädagogik und absolvierte seinen Zivildienst, bevor er sich bei Wacker bewarb. Jetzt ist er froh über seine Entscheidung für die Chemikanten-Ausbildung, obwohl er zu Beginn etwas mit den Naturwissenschaften zu kämpfen hatte. „Ich habe Physik und Chemie immer gerne gemacht“, erklärt er. „Aber ich hatte drei Jahre lang nichts damit zu tun und musste mich erst wieder hineinfinden.“ Ein echtes Problem ist das für Robert zwar nicht, doch während der 17-jährige Mirco direkt an sein Wissen aus der Mittelschule anknüpfen kann, muss Robert sich ein bisschen mehr auf den Unterricht vorbereiten und „etwas genauer hingucken“. Am Engagement wird es wohl nicht scheitern, denn Robert hat ein klares Ziel: Wenn es mit dem späteren Arbeitsplatz klappt, möchte er seinen Meister machen.
So weit denkt Mirco heute noch nicht. Er arbeitet gerne im Lernlabor und blickt schon erwartungsvoll auf die Werkspraxis. „Ende August geht es los“, freut er sich. Doch zuerst steht neben Plastik-Verarbeitung und Verfahrenstechnik für die
15 Azubis das traditionelle Umweltpraktikum auf dem Programm: Gemeinsam werten sie Gewässerproben aus und dokumentieren die Ergebnisse. Das gehört fest ins erste Ausbildungsjahr und ist eine ganz offizielle Angelegenheit. Die Azubis präsentieren ihre Ergebnisse selbst vor der Firmenleitung.
„Es ist eben insgesamt ein anspruchsvoller und vielseitiger Beruf“, sagt Bianca und bringt es auf den Punkt: „Mitdenken und Teamfähigkeit sind genau so wichtig wie die Fachkenntnisse.“
Text: Christine Sylvester; Fotos: Christine Sylvester/Wacker-Chemie