Clown (m/w/d)
Lauter Klassenclowns
Eine ganze Klasse voller Clowns? Der Schreck eines jeden Lehrers. Nicht so in der Schule für Clowns in Mainz. Denn auch Spaß machen will gelernt sein. Nach zwei Jahren Unterricht in Clownerie, Theaterimprovisation, Pantomime, Akrobatik, Tanz, Gesang … hat jeder Schüler seine eigene Clownfigur entwickelt.
Mit dieser Mütze in die Schule? Niemals! Selbst die besten Freunde würden einem den Rücken kehren. Doch für Halleconi ist das anders. Halleconi ist Clown und begeistert von dieser Mütze – und die Mütze von ihm. Jedenfalls stellt sie so einiges mit ihm an …
Halleconi kommt auf die Bühne. Rote Nase, kariertes Jackett, beigefarbene Hose. Er schaut sich um, guckt, kommt näher – und entdeckt uns. Oh! Ist das schön! So viele Menschen, nur für ihn! So steht er da und freut sich in das Publikum.
Wir befinden uns an der Schule für Clowns in Mainz. Die Abschlussklasse probt für ihren großen Auftritt – ihre Clownprüfung. Jeder ist konzentriert, alle sind aufgeregt. „Die Verkleidung spielt nicht nur für das Publikum sondern auch für den Clown selbst eine wichtige Rolle“, erklärt Nele Jäger. „Wenn ich mir meine Zöpfe mache und mein Kostüm anziehe, schlüpfe ich schon langsam in die Rolle hinein. Dann noch die Nase auf und ich bin ganz mein Clown.“
Halleconi freut sich. Er schaut in die Runde und dann entdeckt er es. Dort. Etwas abseits. Auf dem Tisch. In altrosa Plüsch liegt es da. Sagt nichts, tut nichts. Halleconi ist ganz verzaubert, schleicht sich an. Er möchte auch so etwas Schönes sein. Möchte es dem Plüschetwas gleich tun. Vorsichtig bringt er seinen Kopf neben dem rosa Häufchen in Position. Er schielt rüber, dreht und wendet den Kopf und stellt fest: So wird das nichts. Was nun? Vielleicht kann man damit spielen?
Spielen! Und wie das geht! Die braun, weiß, rosa geflochtenen Zopfbänder geknotet und als Tasche über die Schulter. Todschick! Oder: Springseil springen. Die Zopfbänder als Seil, der Plüsch wischt den Boden. Huiiii, ahhh, hihihi, gramolot Halleconi vor sich hin.
Gramolo ist die Sprache der Clowns. „Jeder Clown entwickelt sein eigenes Gramolo“, erklärt Eli Trummheller. „Die Wörter können für ihn durchaus eine Bedeutung haben. Manche Clowns entwickeln Garmolo bis zur Perfektion. Andere benutzen gar keine oder nur sehr wenig Sprache. Das Ziel von Gramolo ist: Man versteht nichts, und man weiß doch alles.“
Höher und schneller springt Halleconi über das Seil. Huiii, ahhh, schwebt der Plüsch über seinem Kopf und wischt den Boden. Kopf, Boden, Ko… Einmal nicht genug ausgeholt und – zack sitzt der Plüsch da, wo er eigentlich hingehört. Als Mütze auf seinem Kopf. Komisches Gefühl. Halleconi versucht zu ergründen, was da geschehen ist. Er zieht an den Bänzeln und … fühlt sich eigentlich ganz wohl. Das Ding ist weich, warm und bestimmt immer noch todschick! Das gibt Selbstbewusstsein, so ein rosa Plüschdings auf dem Kopf. Er beginnt zu tanzen. Im orientalischen Tanz und grazilen Bewegungen geht es über die Bühne. Fein. So könnte es weiter gehen.
Doch hier hat Halleconi seine Rechnung ohne die Mütze gemacht. Die lässt ja nun nicht alles mit sich machen. Orientalischer Tanz! So ein Blödsinn. Nun ist aber Schluss mit Grazie. Hier ist Brakedance angesagt! Leicht entsetzt verdreht Halleconi Knie, Hals und Arme. Doch das hilft jetzt nichts. Die Mütze führt ein Eigenleben und zeigt nun ihrerseits, wo es für den Clown lang geht.
Halleconi dreht und wendet sich auf dem Fußboden. Dann schlägt er einen Purzelbaum, und plötzlich ist der Spuk vorbei. Er steht da und fasst sich an den Kopf. Wo es vorher warm und weich und plüschig war, ist nun nichts mehr. Sie ist weg, die Mütze. Da. Altrosa liegt der Plüsch auf dem Fußboden. Sagt nichts. Tut nichts.
„Es ist nicht immer einfach. Zum Beispiel weil man ständig Dinge tut, die so schwer fallen, die man aber unbedingt machen will“, sprudelt es aus Elodi Kalb. „Nie hätte ich gedacht, dass ich Angst habe, vor Menschen aufzutreten. Und trotzdem macht es mir solchen Spaß! Hier lernt man sehr viel über sich selbst – auch Dinge, die man eigentlich gar nicht wissen will.“
Mit spitzen Fingern zieht Halleconi ein geflochtenes Zopfband in die Höhe. Schlaff hängt der Plüsch nach unten. Halleconi tippt ihn an. Nichts. Kein Leben ist mehr in dem Plüsch. Sie war ihm lieb geworden. Ohne Worte erzählt uns der Clown die Geschichte von ihm und der Mütze. Wie er sie gefunden hat. Wie sie miteinander gespielt haben – erst er mit ihr, dann sie mit ihm. Und nun? Kein Lebenszeichen.
Traurig legt er sie zurück auf den Tisch. Wendet sich ab. Ist ratlos. Und dann, Halleconi horcht auf. Dreht sich um, schaut sie an. Ich? fragt er. Ja, er! Nun ist er wieder dran. Er soll etwas machen. Etwas ganz tolles!
O. k. Halleconi setzt sich die Mütze auf. Überlegt und wagt einen vorsichtigen Schuhplattler. Na, das war’s ja nun wirklich nicht! Also nochmal überlegen. Und dann hat er’s. Und so schmettert Halleconi einen herzzerreißenden Jodler aufs Parkett. Gemeinsam spielt sich’s doch am schönsten!
Text: Silke Ottow; Fotos: Marcus Schneider