Dirigent (m/w/d)
Direttore d’orchestra
Christian Thielemann – Dirigent aus Leidenschaft
Dirigenten bei ihrer Arbeit zuzuschauen, heißt Leidenschaft erleben. Völlig in ihrer Aufgabe versunken, scheinbar selbst als Teil der Musik gelangen sie erst dann wieder in der Realität an, wenn der letzte Ton abgeklungen ist. Es ist jedes Mal eine körperliche Herausforderung, der sich jene auf dem Dirigentenpodest stellen müssen. Ein faszinierender Beruf also, zu dem sich Christian Thielemann, ab 2012 Dresdens Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle, äußert.
Der Beginn seiner Karriere bis zu seiner jetzigen Position als international begehrter Dirigent wurde maßgeblich durch seine musikalische Familie geprägt. Eine konventionelle Hochschulausbildung, die zum Dirigenten qualifiziert, konnte er auf Grund seiner erfolgreichen Entwicklung auslassen. Mit nur 19 Jahren war er nämlich schon persönlicher Assistent der Dirigentenikone Herbert von Karajan. „So hat sich schließlich eins zum anderen ergänzt.“, beschreibt er seinen weiteren Werdegang. Dabei, so stellt er außerdem fest, habe er bisher eigentlich seine Karriere nie am Reißbrett geplant. Umso beeindruckender ist daher die Liste seiner bisherigen beruflichen Stationen, die ihn an die großen Opern- und Konzerthäuser Deutschlands und der Welt geführt haben. Momentan ist er als Generalmusikdirektor der Münchner Philharmoniker beschäftigt, bis er dann in zwei Jahren die sächsische Hauptstadt als Chefdirigent beehren wird. „Ich freue mich sehr auf meine neue Aufgabe in Dresden“, meint er zukunftsgerichtet.
Der Weg vor ein Orchester führt also in der Regel über ein Hochschulstudium, zu dem die Bewerber eine Auswahlprüfung bestehen müssen. Herr Thielemann fasst die Schwerpunkte so zusammen: „Ich muss zuhören und führen können.“ Durch die Verantwortung, ein Orchester zu leiten und die akustischen Fäden in der Hand zu halten, ist persönliche Autorität und Führungsqualität von großer Wichtigkeit. Genauso bedeutsam ist dabei Musikalität, Einfühlungsvermögen und ein sehr feines Gehör. Damit erkennt der Orchesterleiter das musikalische Vermögen jedes einzelnen Orchestermitglieds. Er muss dann in der Lage sein, diese Einzelkomponenten zu kombinieren und zu einem komplett klingenden Werk zusammenzuführen. Dies geschieht mittels Bewegungen mit dem Taktstock, durch dessen Einsatz er den metrischen Rahmen also den Takt vorgibt. Den eigentlichen Charakter eines Werkes macht jedoch seine Interpretation aus. Diese wird ganz maßgeblich durch den Dirigenten selbst in Zusammenwirkung mit dem Orchester bestimmt. Wann ein Instrument genau zum Einsatz kommt, wie schnell es gespielt wird, mit welcher Intensität – all dies sind Akzente, die Dirigenten während eines Spiels vorgeben. Da es dabei vielfältige Möglichkeiten und Nuancen gibt, entwickelt jeder Taktangebende seinen eigenen Stil. Die dazu notwendigen Fähigkeiten erwerben die Berufsanwärter bei Studienfächern wie Schlagtechnik, Repertoireaneignung, Tonsatz, Gehörbildung, Musikgeschichte, Stimmkunde, Instrumentalkunde, Klavier- und Instrumentalunterricht. Kenntnisse in Italienisch, der Fachsprache der Musik, werden ebenfalls vermittelt.
Die Leistungen, die Dirigenten während einer Aufführung vollbringen, sind für das Publikum augenscheinlich. Hinter dem Vorhang jedoch gibt es weitere Bereiche, bei denen der Beruf zum Einsatz kommt. Dazu gehören die Gestaltung des Spielplanes sowie dessen Administration sowie die Einstudierung der Musikstücke. „Mein Beruf ist ungemein vielseitig“, bestätigt Herr Thielemann. Dazu gehört nicht zuletzt die Tatsache, dass der Beruf häufig ein hohes Maß an Mobilität voraussetzt, denn Tourneen und internationale Auftritte gehören zum Einsatzrepertoire von Orchestern. Diese Herausforderung und alle anderen Aufgaben verlangen viel Disziplin und Flexibilität. Das lässt sich wohl am ehesten bewerkstelligen, wenn man den Beruf vielmehr als Berufung empfindet. Dem würde Christian Thielemann angesichts seines Werdegangs sicher zustimmen. Während einer Aufführung begleitet ihn noch heute ein ergreifendes Gefühl, das ihn sagen lässt: „Die Atmosphäre während eines Konzertes. Das ist wohl das Schönste an diesem Beruf.“
Text: Anne Hallbauer; Foto: Matthias Creutziger