Eisenbahner (m/w/d) im Betriebsdienst FR Fahrweg (Fahrdienstleiter)
Im »Tower« der Bahn
Eisenbahner im Betriebsdienst, FR Fahrweg (Fahrdienstleiter) sorgen für den reibungslosen Zugverkehr
Hoch über den Gleisen des Bahnhofs Oranienburg wacht der 63-jährige Eisenbahner Thomas Rothämel im Stellwerk an einem türkisfarbenen Bedienpult darüber, dass der Zugverkehr in seinem Abschnitt reibungslos, sicher und pünktlich abläuft. Vor ihm hängt ein Plan „seiner“ Gleise auf Kästchen in derselben frischen Farbe wie sein Terminal. Rote, grüne und gelbe Lämpchen blinken darauf.
An diesem Nachmittag hat sich Besuch im Stellwerk angesagt. Die 17-jährige Nathalie (im Bild) und der 22-jährige Tobias haben ihre Ausbildung zum Fahrdienstleiter erst vor wenigen Wochen begonnen. Als die Schüler, begleitet von ihrem Ausbilder, Matthias Engelmann, den Raum betreten, setzt ein lautes Klingeln ein. Es bringt niemanden aus der Ruhe. Es hat auch gar nichts mit ihnen zu tun. Das Klingeln zeigt an, dass am Haltepunkt Lehnitz gerade die Anrufschranke betätigt wurde. Thomas Rothämel wirft einen kurzen Blick auf die Monitore über seinem Arbeitstisch. Zwei Fahrradfahrer sind da zu sehen, die die Gleise überqueren. Als die Schranke wieder geschlossen ist, verstummt das Klingeln und die Monitore zeigen erneut die Bahnsteige des Haltepunkts.
Gemeinsam mit dem Ausbilder erklärt der erfahrene Eisenbahner den Schülern den Plan mit den Lämpchen. Und dann dürfen sie noch ausprobieren, wie es sich anfühlt, eine Weiche per Knopfdruck zu stellen. Mehrere farbige Schalter zieren das türkisfarbene Pult. Ein blauer für jede Weiche, mittels der gelben werden Gleise für eventuell nachfolgende Züge blockiert, um den durchfahrenden Zug zu schützen. Über den roten Signalknopf kann man Züge bei Gefahr abbremsen. „Mit einem Auge bin ich immer da unten“, sagt Rothämel. „Ich schaue, ob nicht an einem Zug eine Tür aufsteht oder sonst etwas auffällt.“ Von hier oben kann er den ganzen Bahnhof einsehen. Wieder klingelt es, diesmal leiser. Ein S-Bahn-Triebfahrzeugführer fragt an, mit welchem Funkrufnamen er die Zugfahrt durchführt. „Paula 19“, antwortet Rothämel über sein Funkgerät.
Das Stellwerk in Oranienburg gilt als modern. In Karow-Ost stellt Nathalie ihre ersten Weichen noch per Drehknopf. Tobias muss in Strausberg sogar schwere Hebel in Bewegung setzen. Die zukünftigen Fahrdienstleiter unternehmen während ihrer Ausbildung also auch eine technische Zeitreise. Aber die Zukunft hat längst begonnen und für Nathalie steht seit heute fest, dass sie dahin will. Denn heute besichtigten die Azubis auch eine Betriebszentrale. Dort werden die Züge per Mausklick dirigiert. Vorbei das Trainspotting im alten Stellwerk. Die Fahrdienstleiter/innen sind weitab der Strecken mit unbemannten, elektronischen Stellwerken verbunden, die sie von ihrem Arbeitsplatz aus über Monitore bedienen. Das erfordert hohe Konzentration. „Man muss die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, in diesen Beruf mitbringen“, sagt Nathalie. „Aber man ist auch nie allein.“ Die Arbeit im Stellwerk oder in der Betriebszentrale wird von benachbarten Stellwerken und den Zug-Disponenten überwacht, mit denen die Fahrdienstleiter unmittelbar zusammenarbeiten. Zug-Disponenten regeln die Reihenfolge der Züge auf freier Strecke, um Verspätungen zu minimieren.
In ihrer Ausbildung haben Nathalie und Tobias gelegentlich auch mit schwerer Technik zu tun. Sie lernen unter anderem, wie ein Rangierbahnhof funktioniert, in welcher Reihenfolge sich die Waggons eines Güterzuges befinden müssen und die Grundlagen
des Notfallmanagements. Tobias möchte später gern als Notfallmanager arbeiten. Er wäre dann Einsatzleiter der Bahn am Ereignisort. Voraussetzung dafür ist eine Weiterbildung zum Fachwirt im Bahnbetrieb. Auch ihr Ausbilder, Matthias Engelmann, hat diese Weiterbildung vor einigen Jahren gemacht. Davor arbeitete auch er ein Jahr lang hier im Stellwerk Oranienburg. An die Zeit am türkisfarbenen Bedienpult erinnert er sich gern.
Text und Foto: Kathrin Schrader