Entwicklungshelfer (m/w/d)
Mit heißem Herz & kühlem Kopf
Entwicklungshilfe ist nichts für Träumer oder Abenteurer
Leben in einer WG und offen für das, was die Zukunft bringt. Anja Steinbach führt ein Leben auf gepackten Koffern und verbringt mehrere Monate im Jahr tausende Kilometer entfernt von zu Hause. Heimweh kennt sie dabei nicht. Klar vermisst sie Freunde und Familie, doch ihr Leben spielt da, wo man ihre Hilfe braucht – im Kongo, in Indonesien, in Sri Lanka. Anja Steinbach ist Entwicklungshelferin beim Dresdner Verein arche noVa – Initiative für Menschen in Not. Der setzt sich weltweit für diejenigen ein, die durch Krisen, Konflikte und Naturkatastrophen in Not geraten sind. Als Praktikantin war Anja 2004 das erste Mal mit der Hilfsorganisation im Ausland. In Jordanien unterstützte sie damals gemeinsam mit Kollegen Opfer des Irakkrieges vom Nachbarstaat aus. Seitdem sind vier Jahre vergangen, 16 Monate davon verbrachte sie im Ausland. Mittlerweile ist sie als Projektbetreuerin fest angestellt, plant Hilfsmaßnahmen, kümmert sich um Projektpartner und Finanzierung, überprüft Fortschritte vor Ort und lernt dabei immer wieder neue Menschen kennen, die Hilfe brauchen. Im Moment betreut sie zwei Auslandsprojekte und sucht nach Geldgebern für eine Mittelschule mit 1300 Schülern im Kongo.
Die Entscheidung, Entwicklungshelferin zu werden, fiel vor 8 Jahren während eines Bolivienurlaubes. Am Eingang eines Steinbruches sah sie damals eine Frau sitzen, die Felsen zu kleinen Kieselsteinen schlug, um sie nachher zu verkaufen. „Da ist mir klar geworden, dass sie das wohl ewig so machen muss“, erzählt Anja betrübt. „Ich habe ein Bild von ihr in meiner Wohnung hängen und frage mich jeden Tag, ob sie heute immer noch da sitzt.“
Schon während der Schulzeit hat sich die 27-Jährige für andere eingesetzt, hat Gastschüler betreut, sich zum Jugendleiter ausbilden lassen und bei Projekten des Jugendamtes mitgearbeitet. Zur Entwicklungsarbeit brachte sie neben dem Wunsch, anderen zu helfen, auch ihr Interesse, mit Menschen anderer Kulturen zu arbeiten. Das sollten übrigens alle mitbringen, die sich für diesen Beruf interessieren, rät Anja. Einen Tipp gibt sie Interessierten immer: „Lerne den Beruf, der dich begeistert, umso stärker ist später dein Engagement für die Entwicklungshilfe in diesem Bereich.“ Welchen Beruf man gelernt hat, ist also eigentlich egal, nur eine Bedingung nennt die Entwicklungshelferin: „Man muss fachlich und körperlich fit sein“.
Dass die Einsätze mit Abenteuerurlaub nichts zu tun haben, weiß die studierte Erziehungswissenschaftlerin aus eigener Erfahrung. „In Sri Lanka zum Beispiel gibt es viele staatliche Kontrollen und bewaffnete Menschen verschiedenster Gruppierungen. Da muss man einfach absolut professionell sein, auf die Ratschläge der Einheimischen hören und die Sicherheitsregeln befolgen“, sagt sie ernst.
Einige Jahre kann Anja Steinbach sich dieses Leben noch vorstellen. Dass sie danach vielleicht mit Haus, Kind und Kegel sesshaft werden könnte, heißt aber nicht, dass sie ihren Beruf aufgeben muss. „Ich möchte gern eine Brücke schlagen zur entwicklungspolitischen Bildungsarbeit und später als Referentin arbeiten.“ Schon jetzt ist Anja neben ihren Auslandseinsätzen mit dem Bildungsteam von arche noVa in Schulen unterwegs, um junge Menschen auf die Probleme anderswo aufmerksam zu machen. Dann geht es in Projekten zum Beispiel darum, wie viel Wasser für eine PC-Herstellung gebraucht wird oder was ein ausländischer Arbeiter an einem 100 Euro-Schuh verdient. Für mehr Gerechtigkeit auf der Welt kämpft Anja übrigens auch nach Feierabend. „Ich versuche auch zu Hause meinen Leuten immer wieder bewusst zu machen, wie gut es uns hier eigentlich geht und dass es nicht überall selbstverständlich ist, etwas zu essen auf dem Tisch zu haben.“
Text: Katharina Preusche-Jehring; Fotos: Arche Nova e.V.