Evolution, Ecology and Systematics, Studium
Der Evolution auf der Spur
Im Masterstudiengang „Evolution, Ecology and Systematics“ untersuchen Studenten den Artenwandel
Was haben Raps, Banane und Grapefruit gemeinsam? Bei den drei Pflanzen fällt dem Laien vermutlich kaum mehr ein als die gelbe Farbe. Der Botaniker hingegen weiß, dass es sich dabei um gekreuzte Arten handelt. Die Grapefruit etwa vereinigt Apfelsine und Pampelmuse, erklärt Professor Frank Hellwig, Direktor des Instituts für Spezielle Botanik der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Sein Kollege aus der Zoologie würde vielleicht widersprechen. Für Tierkundler gibt es Kreuzungen in der Regel nur innerhalb einer Art.
In Jena diskutieren nicht nur die Professoren verschiedener Disziplinen über solche Fragen. Sondern auch die Studenten. Vor vier Jahren wurde der Masterstudiengang „Evolution, Ecology and Systematics“ geschaffen, um unterschiedliche Blickweisen von Biologen, Zoologen und Ökologen zusammenzubringen. Der Studiengang stellt eine Vertiefung dar für alle, die bereits einen Bachelor-Abschluss in Biologie oder einem vergleichbaren Fach erworben haben. Kerngedanke hierbei ist der Begriff Evolution, der darauf verweist, dass sich Pflanzen, Tiere und Ökosysteme nach und nach an wandelnde Umweltbedingungen anpassen. Hinzu kommen die Biologie-Teilgebiete Ökologie und Systematik. Erstere erforscht die Beziehung von Lebewesen untereinander und zum jeweiligen Lebensraum. Die Systematik ordnet die Vielfalt der Lebensformen und rekonstruiert ihre Entstehung. Die gesamte Materie stellt ein weites Feld dar, das ein einzelner Student so nicht beackern könnte.
Deshalb muss sich jeder Studienbewerber für einen Schwerpunkt entscheiden, entweder Spezielle Zoologie, Spezielle Botanik oder Ökologie. „Die Jenaer Zoologie verfügt über weltweit einzigartige Geräte, mit denen die Bewegungsabläufe von Tieren genau analysiert werden können. Für die Bewegung eines Beines etwa sind nicht nur die Knochen in ihrer Anordnung wichtig, sondern auch die Ausbildung und das Zusammenspiel der Muskeln und Sehnen. Die Forschungsergebnisse helfen Sportlern, ihre Bewegungstechnik zu optimieren und damit ihre Leistung zu steigern. Daneben haben die Forschungen auch zur Verbesserung der Konstruktion von Robotern geführt. In der Botanik, genau heißt die Fachrichtung ,Biodiversität der Pflanzen‘, erforschen Studenten, wie sich Pflanzen an den Klimawandel anpassen. Während mehrwöchiger Geländearbeiten z. B. in den Alpen sammeln sie Pflanzen, nehmen Blattabdrücke, messen die Photosyntheseleistung und erfassen verschiedenste Eigenschaften der Pflanzen. In der Ökologie arbeiten Studenten z. B. in Projekten mit, in denen in einer künstlichen Landschaft erforscht wird, wie sich die Zerstückelung von Lebensräumen auf Kleinsäuger wie Mäuse auswirkt“, führt Prof. Hellwig aus. Für jedes Wintersemester hat die Jenaer Universität 40 Studienplätze zu vergeben, in diesem Jahr gab es 76 Bewerber. In den Seminaren sitzen auch Kommilitonen aus der Ukraine, aus Kolumbien und Bangladesch. Darum, und um die Studenten für die internationale Wissenschaft fit zu machen, wird ein Teil der Lehrveranstaltungen auf Englisch abgehalten. Manchmal sogar von Muttersprachlern aus den USA oder Großbritannien, die am Jenaer Max-Planck-Institut für chemische Ökologie arbeiten.
Mit dieser Einrichtung kooperiert die Friedrich-Schiller-Universität in vielerlei Hinsicht, genau wie mit dem Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung mit Sitz in Leipzig.
Prof. Hellwig und seinen Kollegen ist wichtig, dass die Studenten viel Praxiserfahrung sammeln. Schnell werden die Studierenden daher in die Forschung, etwa bei Feldarbeiten, eingebunden und lernen selbstständig wissenschaftlich zu arbeiten.
Für die Absolventen des Studiengangs „Evolution, Ecology and Systematics“ bieten sich zahlreiche Perspektiven. „Viele promovieren“, sagt Professor Hellwig. Sein Ziel ist, junge Leute für die Wissenschaft zu begeistern. Die Fakultät betreut etwa hundert Doktorarbeiten im Jahr. „Aber es ist nicht ehrenrührig, wenn jemand sagt: Ich möchte erst mal was arbeiten. Möglichkeiten bieten zum Beispiel Museen und Forschungseinrichtungen. Etliche haben sich auch für einen Job im Wissenschaftsmanagement entschieden.“
Text: Rafael Barth | Fotos: Friedrich-Schiller-Universität Jena