Fachverkäufer im Lebensmittelhandwerk (Fleischerei) (m/w/d)
„Darf’s ein bisschen mehr sein?“
Im Dschungel der Ernährungsstile ist das Wissen von Fachverkäufern im Lebensmittelhandwerk (Fleischerei) gefragt wie nie

Nadine ist im 3. Ausbildungsjahr und verkauft schon fleißig und sehr zuvorkommend Fleisch- und Wurstwaren, die von ihr zuvor ansprechend präsentiert wurden
Essen ist Politik, für einige sogar eine Ideologie oder Religion. Sie fragen besorgt, welche Mehle im Brot sind, ob es sich wirklich um Sauerteig handelt, woher dieses Fleisch kommt, ob aus der Region und vom Biohof und ob die Tiere ein glückliches Leben hatten. Fachverkäufer und Fachverkäuferinnen können die anspruchsvollen Fragen der Kunden beantworten. Ihre detaillierten Kenntnisse über die Produkte, die sie verkaufen, unterscheiden sie von Verkäufern. Deshalb dauert ihre Ausbildung ein Jahr länger. Nach dem ersten Ausbildungsjahr entscheiden sie sich entweder für den Fachverkäufer im Lebensmittelhandwerk mit Schwerpunkt Fleischerei, Bäckerei oder Konditorei. Sowohl an der Berufsschule als auch im Praxisbetrieb erwerben sie dann das Insider-Wissen über „ihre“ Produkte.
Nadine Herzog lernt in der Fachfleischerei During in der Dresdner Neustadt im dritten Ausbildungsjahr. Sie ist in ihrer weißen Bluse mit roter Krawatte und der dunklen Weste gekleidet wie eine Hostess. Die Kleidung suggeriert Verlässlichkeit und Kompetenz. Nadine kann zu jeder Wurst- und Fleischsorte etwas sagen. Natürlich weiß sie auch, woher das Fleisch kommt. „Das meiste aus einem Betrieb in Tharandt“, erzählt sie. Das liegt gar nicht weit weg von Dresden, in der Region also. Politisch korrekt.
Der Kundin, die etwas Besonderes für das Abendessen zu zweit sucht, empfiehlt sie die marinierten Lammspieße und weiß auch, wie diese zubereitet werden müssen: Kurz und sehr heiß anbraten, damit sich die Fleischporen schließen und der Saft nicht austritt.
Nadine ist im dritten Ausbildungsjahr und liebt an ihrem Beruf, dass sie noch täglich Neues über das Produkt Fleisch lernt. „Die Cuts zum Beispiel. Die verschiedenen Schnitttechniken, je nachdem, ob aus dem Fleischstück beispielsweise Schnitzel oder Rouladen werden sollen.“
Im letzten Jahr stand sie auf der Messe Karrierestart, um interessierte Bewerber zu beraten. Sie vermittelte ihnen, dass für diesen Beruf Spaß an der Arbeit mit Kunden und mit Lebensmitteln sowie Zuverlässigkeit und Freundlichkeit Voraussetzungen sind. Und warum hat sie ihnen diesen Beruf empfohlen? „Weil er so abwechslungsreich ist!“
Der Tag beginnt früh. Die Fleischerei öffnet zwar erst um sieben Uhr, doch bereits zwei Stunden zuvor fängt Nadine an, Salate, Spieße und Geschnetzeltes zuzubereiten, auch Brötchen und andere kleine Speisen für den Imbiss, der zum Laden gehört. Sie muss sich streng an die Rezepte halten, denn schließlich möchten die Kunden, dass ihr liebster Fleischsalat wie gewohnt schmeckt. Doch es gibt Zubereitungen, da kann sie ihre Kreativität entfalten. Die Kunden bestellen ansprechend dekorierte Braten- und Wurstplatten für ihre Feiern, Wurststräuße – ja, auch das gibt’s! – oder Rollbraten. Flink müssen die Fachverkäufer dabei arbeiten, denn die Kundenbestellungen werden neben der -beratung im Geschäft angefertigt. Rollbraten bereitet Nadine am liebsten zu. Sie kann bei der Füllung und den Gewürzen variieren: Schinken, Porree und Möhre oder Frischkäse und Brokkoli, auch Hackfleischfüllungen sind üblich. Nach Ladenschluss dauert es noch etwa eine Stunde, bis der Laden für den nächsten Tag sauber geputzt ist.
Bei Nadine wechseln vier bis sechs Wochen Praxis im Ausbildungsbetrieb mit zwei Wochen Schule am Beruflichen Schulzentrum für Agrarwirtschaft und Ernährung in Dresden ab.
Wegen ihres Fachwissens sind Fachverkäufer im Lebensmittelhandwerk auch in der Gastronomie oder bei Catering-Firmen gefragt. Nach einer entsprechenden Zusatzausbildung könnte Nadine eine eigene Filiale leiten.
Doch sie freut sich auf den regelmäßigen Arbeitsalltag nach der abgeschlossenen Ausbildung. Weiter möchte sie noch nicht denken. Ihre Arbeit gefällt ihr so wie sie ist.
Text & Fotos: Kathrin Schrader