Fahrzeugbau, Studium
Beim Qualifying die Nase vorn
Im Studium Fahrzeugbau geht es um verschiedene Techniken bei Entwicklung und Bau von Fahrzeugen
Wenn Ferrari in jedem Jahr seinen neusten Formel 1-Rennwagen für die kommende Saison präsentiert, sind Fans wie Fachleute gespannt darauf, was am Boliden im Vergleich zum Vorjahresauto verbessert wurde. Bei Motor, Brems- und Sicherheitstechnik geht es heute eher um Feinheiten, an denen justiert werden kann. Ingenieure tüfteln mehr am Material, das für Cockpit oder Chassy verwendet wird. Neu entwickelte Werkstoffe sollen das Auto leichter machen, damit es schneller wird und weniger Kraftstoff verbraucht. Haben die Fahrer vor 40 Jahren noch in Aluminium-Cockpits gesessen, konnte mit Einführung der Kohlefaser neben der Gewichtsreduzierung sogar die Sicherheit verbessert werden. Mit steigenden Benzinpreisen und Steuern wird der Einsatz leichter Materialien auch im Privatgebrauch immer wichtiger. Schon bald soll es sogar Kunststoffkarosserien geben, die Energie speichern können, um damit zukünftige Elektrofahrzeuge zu speisen. Wer wissen will, was dahintersteckt, wie welche Fahrzeugteile entwickelt, hergestellt und eingesetzt werden, sollte wie Peter Schläger (kleines Foto) Fahrzeugbau studieren.
„Ich wusste, dass ich etwas in Richtung Maschinenbautechnik studieren wollte“, erzählt Peter von seinen Plänen. Als er sich für ein Studienfach entscheiden musste, blätterte der gebürtige Zittauer im Studienführer und blieb bei Fahrzeugbau hängen. Dabei interessierte ihn die Werkstofftechnik am meisten, „da hier das größte Verbesserungspotential an Autos zu sehen ist.“ An einer Uni in Sachsen sollte es sein. Er entschied sich für Freiberg, „weil die Bergakademie gerade bei der Betreuung der Studenten im Hochschulranking am besten abschnitt.“ Obwohl das Studium des Fahrzeugbaus in Deutschland vorrangig an Fachhochschulen gelehrt wird, war Peter ein Uni-Abschluss wichtig: „Ich hatte damals schon vor, einen Doktor dranzuhängen.“
Doch bis dahin hat Peter noch 4 Semester Studium – ein Semester Bachelor und im Anschluss drei Semester für den Master – vor sich. Auch wenn die Naturwissenschaften im Grundstudium des Bachelors auf dem Stundenplan stehen, sei es nicht zwingend notwendig, wie Peter, im Gymnasium die Leistungskurse Mathematik und Physik zu belegen. „Wichtiger ist technisches Verständnis“, erzählt er, „denn vom ersten Semester an werden Fächer wie technische Mechanik, Konstruktion und Werkstofftechnik gelehrt.“
Um auch mal die praktische Seite des Berufes kennen zu lernen, nahm Peter Praktika und Aushilfsjobs bei Fahrzeugbetrieben an. Zwischen Bundeswehr und Studienbeginn arbeitete er in einer Gießerei für Motorendeckel, in zwei verschiedenen Autohäusern und in einem Zulieferbetrieb für Fahrzeugelektronik, für den er Platinen lötete. „Das war wichtig für mich, um herauszufinden, ob es das Richtige für mich ist.“
2007 begann der 24-Jährige mit dem Studium und 2013 wird er nach 12 Semestern, seinen Master in der Tasche haben. Wenn er nicht wieder zu viel Zeit für „sein“ Racingteam aufbringen muss. „Zur Zeit opfere ich fast jede freie Sekunde dafür, worunter das Studium leidet“, erklärt Peter, der die eigentliche Gesamtregelstudienzeit für Bachelor und Master von zehn Semestern nicht schaffen wird.
Seit 2 Jahren ist Peter Mitglied des Racetech Racing Teams der TU Bergakademie Freiberg, das in Eigenregie Bauteile herstellt, um Rennwagen zusammenzusetzen, die bei internationalen, studentischen Konstruktionswettbewerben ins Rennen gehen. In diesem Jahr geht das Freiberger Team in Hockenheim, Italien und Ungarn an den Start. „Ich kümmere mich um die Elektronik, das Motorsteuergerät, fertige Platinen und programmiere Mikrocontroller. Beim Rennen bin ich direkt an der Rennstrecke und fiebere mit, dass das Auto gute Zeiten auf die Straße legt“, berichtet Peter. Danach wird wieder optimiert und die nächsten Rennen vorbereitet. „Ich weiß nicht, ob ich mir den Stress auf lange Zeit antun möchte. Nach meinem Studium und der Doktorarbeit würde ich gern in die Industrie gehen, in die Optimierung von Fahrzeugkomponenten, von Bauteilen hinsichtlich des Ausbaus der Werkstoffe. Das interessiert mich am meisten.“
Text: Karen Arnold; Fotos: Racetech Racing Team