Flachglasmechaniker (m/w/d)
Schleifen, bohren, schneiden
Als Flachglasmechaniker bearbeitet Reginald Spott einen ganz besonderen Werkstoff
Glasschneider, Visitierer, Rahmenbieger, Versiegler: Als Flachglasmechaniker bei Schollglas im sächsischen Gerichshain hat Reginald Spott viele Funktionen. Seit seiner Ausbildung arbeitet der 27-Jährige in der Isolierglasfertigung. „Ich wollte unbedingt eine praktische Ausbildung machen“, erzählt Reginald. „Eine, die mich geistig und körperlich fordert. Ein Schreibtischjob kam für mich nicht infrage.“
Erfahrungen mit Glas als Werkstoff hatte er vor seiner Ausbildung wenig. „Ich wusste nicht, wie überaus vielseitig Glas einsetzbar ist. Es lässt sich bohren, schleifen, biegen, härten, einfärben und natürlich in jede beliebige Form schneiden.“ Reginald zeigt auf eine Glasscheibe, in die ein kreisrundes, gut faustgroßes Loch geschnitten wurde. „Das habe ich mit einem Kreisglasschneider gemacht“, erklärt er. „So etwas sieht man häufiger im Film. Da setzt jemand einen Saugteller auf eine Scheibe, zieht mit dem über einen Ausleger verbundenen Metallgriffel einen Kreis und schon hat er ein großes Stück Glas in der Hand.“ Der junge Mann lacht: „So einfach ist das in Wirklichkeit natürlich nicht. Ich muss die Scheibe mehrmals anritzen, an den Kanten brechen und schließlich mit einem kleinen Hammer mühevoll das Glas aus der gewünschten Form heraushämmern.“
Für viele Arbeitsschritte gibt es heute zwar Maschinen, doch ein zukünftiger Flachglasmechaniker lernt während seiner Ausbildung, die wichtigsten davon noch von Hand auszuführen. Handwerkliches Geschick und technisches Verständnis sind deshalb von großem Vorteil. Auch sollte man nicht mit Mathe auf dem Kriegsfuß stehen. Denn egal ob eine komplizierte Form ausgeschnitten oder eine Kante beschliffen wird – Rechnen ist während der Arbeit immer wieder gefragt. Auf dem Lehrplan der Berufsschule stehen deshalb Mathematik und Technisches Zeichnen. Aber auch Pneumatik, Informatik, Chemie. Da wird Fragen nachgegangen wie etwa: Was ist Glas überhaupt? Wie wird es hergestellt und welche Rohstoffe stecken drin?
Damit das alles nicht nur graue Theorie bleibt, gehört zur Ausbildung bei Schollglas auch eine Hüttenreise dazu. Reginald erinnert sich: „Um hautnah zu erleben, wie Glas hergestellt wird, sind wir ins Flachglaswerk der Firma Saint Gobain nach Torgau gefahren. Und da wir in meinem Ausbildungsbetrieb nicht alle Glasbearbeitungsschritte ausführen, haben wir auch die anderen Betriebe von Schollglas besucht und gesehen, wie Scheiben gehärtet, verbunden oder bedruckt werden.“ Eben diese Vielseitigkeit ist es, die Reginald mittlerweile so am Werkstoff Glas fasziniert.
Im Schollglaswerk in Gerichshain stellt er heute Isolierglas her. Das sind Scheiben, aus denen zum Beispiel moderne Fenster bestehen. Als Glasschneider bringt er dafür riesige Glasplatten in das gewünschte Format. Als Visitierer prüft er mit scharfem Blick, ob das Glas auch frei von Kratzern und sonstigen Schäden ist.
Als Rahmenbieger fertigt er dann passende Abstandhalter aus Metall. Die platziert Reginald zwischen zwei oder auch drei Glasscheiben. Als Versiegler füllt er die Kanten mit einer schwarzen, gummiähnlichen Masse. Durch eine kleine Öffnung, die er ganz zum Schluss sorgsam verschließt, kommt ein spezielles Gasgemisch in den Scheibenzwischenraum. Der Clou dabei: Je nachdem, wie das Glas zuvor behandelt wurde und welches Gasgemisch Verwendung findet, lassen sich die Eigenschaften der fertigen Scheibe beeinflussen. Schallschutz, Wärmeschutz, Einbruchschutz: Die Anwendungen sind vielfältig. Genauso, wie die weitere Karriere eines Flachglasmechanikers. Reginald erzählt: „Die Aufstiegschancen im Unternehmen sind breit gefächert. Schichtleiter, Produktionsleiter, Betriebsleiter – sehr oft sind es ehemalige Azubis aus dem eigenen Betrieb, die diese Aufgaben übernehmen.“ Er selbst hat gerade erst seine Meisterprüfung erfolgreich bestanden. Nun kann er als Ausbilder tätig werden und die nächste Generation Flachglasmechaniker in die Kunst der Bearbeitung eines ganz besonderen Werkstoffes einweihen.
Text & Fotos: Kai Dürfeld