Fußballspieler (m/w/d)
Am Ball bleiben
Ein Fußballprofi muss Disziplin entwickeln und manchmal Rückschläge verkraften
David Solga ist für unser Gespräch ins Rudolf-Harbig-Stadion gekommen. Sein Blick wandert über die leeren, gelb-schwarzen Sitzreihen. Dynamo Dresden, seine Mannschaft, ist unterwegs zu einem Auswärtsspiel. Wegen einer Verletzung musste David zu Hause bleiben. „Es passierte am 20. Februar, in der 40. Minute gegen Rot-Weiss Erfurt“, erzählt er. „Es kam zu einem Pressball. Wir haben beide durchgezogen, der Erfurter und ich. Dann war der Ball so unglücklich an meinem Schienbein, dass mir Waden- und Schienbein brachen.“
Erst im letzten Sommer ist David Solga zu Dynamo Dresden gekommen. Trainer Ruud Kaiser hatte ihn angefragt. Der begabte Mittelfeldspieler von Wacker Burghausen war ihm aufgefallen. David entschloss sich bald, zu der beliebten Mannschaft nach Sachsen zu wechseln, die schafft, was sonst kein Drittligist bei Heimspielen fertig bringt: Ein Stadion mit 30.000 Zuschauern zu füllen.
Man könnte meinen, Berufsfußballer sei ein Beruf wie jeder andere. Training und Spiele folgen einem festen Rhythmus. Im Juli starten die Spieler überwiegend mit Krafttraining in die Saison. Später dient das Training, besonders am Freitag, der Vorbereitung auf den Gegner im Liga- oder Pokalspiel am Samstag. Montags hat David frei, von Dienstag bis Freitag wird trainiert. Der Tagesablauf vor dem Spiel gleicht fast einem Ritual. Immer gibt es Nudeln zu essen, pünktlich um 10:30 Uhr, danach macht die Mannschaft einen gemeinsamen Spaziergang.
In diesem Jahr war der März und April voller Englischer Wochen, das heißt, es wurde zweimal pro Woche gespielt, am Mittwoch und am Samstag. Weil die Rückspiele nicht wie sonst, Anfang Februar begonnen hatten, häuften sie sich im März und April.
Natürlich ist Fußballprofi kein Beruf wie jeder andere. Davids Tag folgt zwar einem festen Rhythmus. Dazu gehört, dass er sich gesund ernährt und ausreichend schläft. Routine wird sich im Berufsleben eines Fußballers aber nie einstellen. Es erfordert einen starken Willen, am Ball zu bleiben und dem Konkurrenzdruck standzuhalten. Schon während des Aufstiegs durch die Kinder- und Jugendmannschaften werden die Spieler gesiebt. David Solga war sechzehn Jahre alt, als der Trainer ihm eines Tages eröffnete, dass sein Können für eine Laufbahn als Profi nicht ausreicht. David war schockiert und wütend. Bisher waren es immer die anderen gewesen, die ihre Trainingstasche hatten nehmen und gehen müssen.
Auch später bleibt der Leistungsdruck. Jeder Trainer möchte seine Mannschaft voranbringen, schaut in anderen Vereinen nach guten Spielern, wirbt sie ab. Nach dem Rausschmiss aus der Nachwuchsmannschaft von Borussia Dortmund hatte David zunächst wieder bei seinem Heimatverein trainiert, war jedoch bald aufgefallen und in eine Mannschaft der Oberliga gewechselt. Kurz darauf holte ihn Trainer Horst Köppel nach Dortmund und in den Profi-Sport zurück.
Heute blickt David gelassen auf diesen Umweg von drei Jahren zurück. „Ich musste lernen, konsequenter zu arbeiten, nein zu sagen, wenn die anderen mich einluden, mit in die Disco zu kommen.“ Mit 14 Jahren war es ihm noch leicht gefallen, auf die Nachmittage im Kino zu verzichten.
Er hatte inzwischen eine Ausbildung zum Energie-Elektroniker begonnen. Dreimal in der Woche fuhr er von der Schule direkt zum Training. David blieb am Ball, ließ sich nicht ablenken. Die Vereine legen Wert darauf, dass Profis eine Ausbildung oder das Abitur haben, denn spätestens mit 30 Jahren wird es für einen Berufs-Fußballer Zeit, sich neu zu orientieren. David blickt zur Uhr. Er muss sich verabschieden. Sein Physiotherapeut erwartet ihn. Nach dem Unfall hat er viel Post von den Fans bekommen. Einige besuchten ihn sogar im Krankenhaus. Das hat ihm Mut gemacht. Er weiß, er wird in Dresden gebraucht.
Text: Kathrin Schrader; Fotos: Holger Schulze A.F.B. media GmbH