Gerüstbauer (m/w/d)
Stabile Aufstiegschancen
Gerüstbauer schaffen mit Kraft und Köpfchen Wege für andere, nicht nur an einfachen Häuserwänden
Das Berufsbild Gerüstbauer hat sich in den letzten Jahren durch den Einsatz neuer Technologien gewandelt. Es geht bei Weitem nicht nur darum, Häuserfassaden für Zimmerleute, Maurer und Maler einzurüsten. Gerüstmodule verbinden auch Brückenpfeiler, ziehen sich durch Schächte und reichen bis in die Giebel von Kirchen, wo dann Restaurierungsarbeiten durchgeführt werden. Auch Tribünen in Konzerthallen und riesige Reklamegerüste werden von Gerüstbauern montiert. Entsprechend sind die Anforderungen an dieses verantwortungsvolle Handwerk gewachsen.
„Wir haben immer mehr zu tun“, erzählt Hartmut Katzor (nicht im Bild). „Das hängt auch mit den veränderten Sicherheitsanforderungen zusammen. Neulich sollten wir ein Gerüst bauen, damit eine Brandschutzanlage in 30 Meter Höhe überprüft werden konnte. Früher musste da eine lange Leiter ausreichen.“ Es ist 11 Uhr vormittags, Katzor ist gerade aufgestanden und will noch einen Kaffee trinken, bevor er zur nächsten Baustelle fährt. „Heute Nacht haben wir in einem Kaufhaus ein Gerüst aufgebaut, das ging eben nur nachts, weil tagsüber dort Leute rumlaufen.“
Hartmut Katzors Firma ist relativ klein. Die spektakulären Aufträge an Brücken, Hochhäusern und Türmen bekommen andere, die das entsprechende Know-how und die notwendige Technik haben, wie die Firma bplusp zum Beispiel, die übrigens auch ausbildet. Auch Katzor hat einen Auszubildenden, aber der ist diese Woche in der Schule. Er habe nicht nur kräftige, breite Schultern, sondern auch ein helles Köpfchen, schwärmt sein Ausbilder. Ein Gerüstbauer muss in der Lage sein, anhand der Maße einer Wand auszurechnen, wie viele und welche Bauteile eines Gerüstes erforderlich und wie viele Lkw-Ladungen für den Transport aller Teile notwendig sind. Relativ einfache Rechenaufgaben, aber Katzor testet seine Bewerber bereits im Gespräch auf praktisches Mathedenken. Natürlich ist Teamfähigkeit auf der Baustelle wichtig. Eine Kolonne besteht in der Regel aus drei Arbeitern, bei schwierigen Aufträgen sind es mindestens sechs. Nicht nur buchstäblich auf dem Gerüst, sondern auch im übertragenen Sinne bietet der Beruf einige „Aufstiegschancen“. Im ersten Ausbildungsjahr machen sich die Azubis mit den Bauteilen der Gerüste vertraut, im dritten sind sie in der Lage, eigenständig ein Gerüst zu planen inklusive des erforderlichen Personals und der Logistik. Nach der Gesellenprüfung besteht die Möglichkeit der Weiterbildung zum Kolonnenführer, später zum Meister. Kolonnenführer und Meister lesen Baupläne und entwickeln Lösungen, die oft über quadratisch-praktisch-gut hinausreichen. Besonders die Gegebenheiten in Industriebetrieben stellen sie vor Herausforderungen. „Letztendlich sind die eigene Erfahrung und Kreativität gefragt, wenn es um das geeignete Gerüst geht“, fasst Hartmut Katzor zusammen.
Während der Planungsphase verhandelt er mit Bauleitern, Ingenieuren und Architekten, aber das Gerüst-Legospiel für Erwachsene meistert er allein.
Viele Azubis brechen die Ausbildung wieder ab. „Wir sind eben bei Wind und Wetter draußen“, sagt Katzor. „Was das heißt, können sich manche nicht vorstellen. Wir arbeiten auch am Samstag und nicht selten nachts. Es ist wirklich ein anstrengender Beruf. Macht aber Spaß!“ So viel, dass der Gerüstbauer seinen Kaffee kalt werden lässt, während er weitererzählt. „Es wird niemals langweilig. Wir machen jeden Tag etwas anderes. Gestern beispielsweise haben wir ein Gerüst an eine Wand angehangen. Das steht überhaupt nicht auf dem Boden. Manchmal müssen wir durch Schächte. Wir lernen die verschiedensten Unternehmen und Branchen kennen und kommen viel rum. Früher war der Winter eigentlich eine ruhige Zeit für uns. Aber jetzt können wir uns vor Aufträgen nicht retten. Seit einigen Jahren haben wir richtigen Nachwuchsmangel.“ Keine schlechte Nachricht, verheißt sie doch Aufstiegschancen für Menschen mit Kraft und hellem Kopf, die weder Wind noch Wetter fürchten und schwindelfrei sind.
Text: Kathrin Schrader, Foto oben: yuttana Contributor Studio (shutterstock); Foto unten: Kaesler Media (adobestock.com)