Gießereiingenieur (m/w/d), FH-Studium
Eine heiße Angelegenheit
Gießereiingenieur (FH) (m/w/d), ein Bachelor-Studium mit viel Praxis
Auf einer modellierten Formlandschaft züngeln Flammen. Erst einen knappen halben Meter hoch, später werden sie immer kleiner. Erlöschen. Eine leichte Alkoholfahne strebt in Richtung Gießereidecke. „Unsere Gussmodelle werden in eine spezielle Flüssigkeit getaucht, um beim Gießen das Eindringen der heißen Schmelze in den Gussstock zu verhindern“, erklärt der frisch gebackene Gießereiingenieur Thomas Sickert die kurze Feuereinlage. Doch selbst als das Feuer erloschen ist, wird es nicht kälter in der Werkshalle der Walzengießerei Coswig GmbH.
Gießereitechnik ist eine heiße Angelegenheit. Der 26-jährige Thomas Sickert weiß wovon er spricht, gehören doch Temperaturen von mehreren hundert Grad Celsius beim Walzen- und Handformguss zur Tagesordnung. Seit einem Jahr arbeitet der junge Familienvater in der Walzengießerei Coswig GmbH. Hinter ihm liegt ein Studium der Werkstofftechnologie/Gießereitechnik. „Als ich mich 1998 für dieses Bachelor-Studium an der Bergakademie Freiberg entschloss, da gefiel mir vor allem der hohe Praxisanteil“, erinnert sich Thomas, der bereits mit einer Berufsakademie geliebäugelt hatte. In das Studium waren mehrere Unternehmens-Praktika integriert. Auf diese Weise lernte er alle Arbeiten kennen, die in einer Gießerei so anfallen. Als fertiger Gießereiingenieur hat er sich um das Herstellen von Gussstücken aus Eisen- und Nichteisenmetallen zu kümmern, muss die Form-, Schmelz- und Gießvorgänge steuern und den Schmelzbetrieb sowie die eingesetzten Rohstoffe kontrollieren. Sein Job ist es, letztlich auch zu entscheiden, welches Form- und Gießverfahren zum Einsatz kommt, um am Ende Gussteile in höchster Qualität zu erzielen.
Zum derzeitigen Einsatzgebiet von Thomas gehören die Kernmacherei, die Handformerei, der Schmelzbetrieb sowie die Putzerei. Gießereiingenieure finden aber neben der Gießereiindustrie auch im Maschinen- und Anlagenbau, in der Gießereichemie sowie in Materialprüfanstalten einen Job. Die Ingenieure arbeiten in der Gießerei an neuen Werkstoffen und Verfahren und werden für den Verkauf und die technische Beratung der Kunden eingesetzt. Bekommen Absolventen bei mittelständischen Firmen einen Job, werden sie oftmals sehr schnell mit komplexen und verantwortungsvollen Aufgaben betraut. Diese Erfahrung machte zumindest der Leipziger. Thomas fand in seiner einjährigen Einarbeitungszeit genügend Gelegenheit, sich das entsprechende Wissen von seinem Vorgänger abzugucken. Als der dann in Altersteilzeit ging, übernahm der Jungsche die Arbeitsvorbereitung im Handformguss.
Sachsenweit gibt es 35 Gießereien, die insgesamt 4.720 Mitarbeiter beschäftigen. Die Coswiger Walzengießerei ist eine von ihnen. Über 200 Mitarbeiter erwirtschaften 2006 voraussichtlich einen Umsatz von 32 Millionen Euro. Tendenz steigend. Längst gehören für Thomas die Zylinder für Druckmaschinen und die übermannshohen Gussteile für Windkraftanlagen bis zu 40 Tonnen zum Alltag. „Die Achszapfen sind bei uns entwickelt worden“, weiß der junge Mann. Diese Dinge gehören zu seinem Refugium, dem Handformguss. Zum Sortiment beim Walzenguss gehören dagegen Walzen, Walzringe, Wickelspulen und Kolben. Für Thomas hatten Walzen und Spulen schon in der Schulzeit einen Reiz. „Diese Begeisterung für Technik ist keineswegs selbstverständlich“, weiß Thomas Buhl von der Fachkräfteinitiative Sachsen (FKi Sachsen). Dabei braucht die Wirtschaft Ingenieure. Das Projekt unterstützt daher sowohl Schüler bei der Berufsfindung als auch Firmen bei der Gewinnung geeigneter Nachwuchskräfte.
Text & Fotos: Kerstin Ardelt