Goldschmied (m/w/d)
Trau(dich)ringe
Warum Goldschmiede Trauringe meist nicht mehr selbst herstellen
Die Romantik hört da auf, wo wir es gar nicht merken. Die meisten Trauringe werden maschinell hergestellt – mit CAD-Maschinen, in Serie. „Mit den Preisen der Trauringhersteller können wir nicht konkurrieren. Die programmieren ihre Maschine und stellen auf einen Rutsch eine große Anzahl Ringe her. Wenn wir das mit der Hand machen, ist jeder Ring ein Unikat. Mit jedem Ring haben wir die gleiche Arbeit.“
Anna-Maria Schelle (24) sitzt an einem kleinen runden Tisch in der Werkstatt ihres Vaters in Radeberg und führt die Trauringe vor, die sie im Geschäft verkaufen. Fast alles Ringe von professionellen Trauringherstellern. – Aber nur fast. „Diese hier, das sind unsere eigenen.“ Anna-Maria legt drei goldene Ringe auf den Tisch: zwei mit einer gravierten Bordüre rundherum, der dritte mit einem kleinen Stein.
Die Werkstatt quillt über von Zangen, Feilen, Sägen … Und man sieht den Werkbänken an, dass hier schon seit Jahrzehnten geschmiedet wird. Anna-Maria überlegt: „Diesen Beruf ergreifen, glaube ich, fast nur Menschen, die irgendeinen Bezug dazu haben.“ So war es auch bei ihr. Anna-Marias Vater ist Goldschmiedemeister und in seinem Geschäft hat sie gelernt. Trotzdem. Es war für sie nicht selbstverständlich, dass sie diesen Beruf ergreift. „Ich habe bis zum letzten Moment gezögert und mich dann erst einmal für ein Berufsgrundbildungsjahr (BGJ) entschieden. Für mich war das ideal. Hätte es mir nicht gefallen, hätte ich ein Zertifikat über ein BGJ gehabt und keine abgebrochene Ausbildung. Aber es hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich dabeigeblieben bin. Und das Jahr konnte ich mir auf die Ausbildung anrechnen lassen.“
Im ersten Lehrjahr lernt man die Grundtechniken: Sägen, feilen, biegen, löten, schmieden … Und wer glaubt, feilen, das kann ja nicht so schwer sein, der irrt. „Man braucht schon Zeit, um ein Gefühl für die Werkzeuge und das Material zu entwickeln. Und schon im ersten Jahr trennt sich die Spreu vom Weizen. Manche kommen über die Grundtechniken nicht hinaus“, erklärt sie. „Ja, und Kreativität. Das ist natürlich auch sehr wichtig!“, fällt ihr dann noch ein.
Weitere Ausbildungsfächer sind Mineralogie, Werkstoffkunde, Zeichnen, Kunstgeschichte, Gestaltung … Die Ausbildung zum Goldschmied ist eine duale Ausbildung und der Unterricht findet im Blockunterricht im Internat statt. Im Berufsalltag macht sie eigentlich alles, was in einem Geschäft so anfällt: Kunden bedienen, Reparaturen, Auftragsarbeiten. „Wir haben natürlich viele Reparaturen. Oder es kommen Kunden zu uns, die ein bestimmtes Schmuckstück machen lassen möchten“, Anna-Maria überlegt, „aber manche Kunden lassen uns auch völlig freie Hand. Das ist am schönsten, wenn jemand kommt und sagt: Ich brauche mal wieder eine Kette, eine Brosche … und wir können einfach loslegen. Aber das ist natürlich absolute Vertrauenssache!“
Anna-Maria strahlt. Sie ist schon ganz schön weit gekommen, denn im Moment bildet sie sich weiter als Goldschmiedemeisterin, und eine eigene kleine Kollektion hat sie auch schon entworfen. (Dazu gehört z. B. auch die Kette links.) „shelly. breeze of life“ heißt die Kollektion und sie ist inspiriert von Wellen und Meer. Denn Anna-Maria liebt Wellenreiten – „und Arbeit, bei der man so richtig schön dreckig wird, und hinterher kommt ein schönes, glänzendes Schmuckstück heraus“, Anna-Maria lacht. Was sie nicht so mag? Kunden bedienen, wenn sie sich nicht so gut fühlt oder wenn die Kunden nicht sehr freundlich sind. – „Was leider auch vorkommt.“
Jetzt freut sie sich aber erst einmal auf ihr Meisterstück. „Da habe ich zwei Wochen Zeit, um ein Schmuckstück zu bauen. So viel Zeit hat man sonst nie!“
Text & Fotos: Silke Ottow