Hebamme / Entbindungspfleger
Besser als jeder Klapperstorch
Hebammen und Entbindungspfleger sind für Mutter und Kind da
Kinder bringt der Klapperstorch. Klar, das ist eine Legende. Der Besuch auf der Geburtsstation der Paracelsus-Klinik in Adorf im Vogtland zeigt: Kein fleißiger Storch, sondern Hebamme Alina Albert und ihre Kolleginnen sind zur Stelle, wenn schwangere Frauen den Kreißsaal aufsuchen, weil sie spüren, dass ihr Kind ans Licht der Welt möchte. Das kann jederzeit passieren, denn Babys kennen keine Tageszeiten. Kein Problem: Alinas Dienst, zu zwei Dritteln Bereitschaft, dauert 24 Stunden. Da der Adorfer Kreißsaal mit jährlich 250 Geburten relativ klein ist, arbeitet sie dort die meiste Zeit allein. „Nur zur eigentlichen Entbindung rufe ich den diensthabenden Arzt – oder falls die Geburt schwierig verläuft und ein Kaiserschnitt nötig werden könnte“, sagt die 24-Jährige.
Alina sorgt dafür, dass sich werdende Mütter möglichst wohl fühlen und entspannen können. Deshalb läuft gedämpfte Musik, es duftet nach Aromaöl. Oft halten die Väter Händchen, um Mut zu machen. Alina redet während der anstrengenden Geburt beruhigend auf die Schwangeren ein, badet und massiert sie. „Durch die intensive Betreuung bauen wir eine besondere Nähe auf“, schwärmt die junge Hebamme. Nur im Ausnahmefall greift sie zu Schmerzmitteln. Alina kontrolliert die Herztöne des Kindes und berät die Frauen, auf welche Weise sie es gebären möchten – etwa in einer mit Wasser gefüllten Wanne. „Die Geburt soll für Mutter und Kind so angenehm und reibungslos wie möglich verlaufen“, erklärt Alina. Sobald das Kleine auf der Welt ist, sind die Eltern glücklich – Alina ebenfalls. Im Gegensatz zu den erschöpften Müttern geht ihre Arbeit aber weiter. Sie bringt den Entbindungsraum in Ordnung und füllt Papiere wie die Geburtsanzeige fürs Standesamt aus.
Nach ihrem Abitur wollte Alina Albert in der Medizin arbeiten, aber nicht studieren. Während eines Praktikums im Adorfer Kreißsaal fiel ihr Entschluss, Hebamme zu werden. Sie erinnert sich: „Ich hatte Glück, am Uniklinikum Halle gleich eine Lehrstelle zu bekommen. Auf 20 Plätze kamen 685 Bewerberinnen!“ Im ersten Ausbildungsjahr lernte Alina alle Stationen kennen. Sie eignete sich medizinisches Wissen an, speziell bezogen auf die Schwangerschaft. Erst anschließend durfte sie in die gynäkologische Abteilung und auch Geburten begleiten. „Da stellte ich fest: Ich habe meinen Traumberuf gefunden“, erzählt Alina glücklich.
Ihr gefallen die abwechslungsreichen Erlebnisse. „Und mein Beruf beinhaltet etwas Schönes, es ist ja niemand krank.“ Männliche Kollegen sind ihr übrigens noch nicht begegnet. Sie weiß: „Es gibt nur sehr wenige Entbindungspfleger.“
Nachdem Alina ihre dreijährige Ausbildung abgeschlossen hatte, fand sie 2005 im Krankenhaus Ansbach in der Nähe von Nürnberg einen Job. „Ein Jahr später wollte ich zurück ins Vogtland.“ In ihrer Heimatstadt Markneukirchen machte sie sich selbstständig, so wie viele andere Hebammen. „Ich mag die freie Arbeitsweise“, sagt Alina heute. So hat sie Gelegenheit zu Hausbesuchen: Bis etwa acht Wochen nach der Geburt schaut sie nach der Gesundheit des Kindes und hilft bei Problemen. „Das bedeutet aber, immer verfügbar zu sein“, gesteht sie. Achtmal im Monat ist Alina zum Dienst in der Adorfer Paracelsus-Klinik eingeteilt. Die restliche Zeit arbeitet sie in ihrer eigenen Praxis. Im gemütlichen Turnraum bietet sie Kurse für Schwangere und junge Mütter an. Nebenbei stand bis vor kurzem Weiterbildung auf Alinas Programm. Jetzt kann sie Akupunktur anwenden, um die Geburtsschmerzen zu lindern. Auch zur Stillberaterin hat sie sich fortgebildet. Weil die junge Hebamme so viel zu tun hat, ist für eigene Kinder noch keine Zeit. Aber Alina plant: „Ich möchte mindestens zwei haben!“
Text & Foto: Thomas Sachs