Holzspielzeugmacher (m/w/d)
Holzmichel Junior
Thomas Flath, Holzspielzeugmacher-Lehrling
Matchbox-Autos waren sein Lieblingsspielzeug. Doch die kleinen Metall-Autos verloren immer dann viel von ihrer Anziehungskraft, wenn der heute 19-jährige Thomas Flath als kleiner Junge die Werkstatt seines Vaters Reiner Flath im erzgebirgischen Seiffen betrat. Denn in diesen Räumen, die sich gleich neben dem Weihnachtssouvenir-Laden im Wohnhaus befinden, drehte und dreht sich alles ums Holz.
Es riecht nach Leim, Holzspänen, Brettern und Farben. Bei der Firma Reiner Flath in der Hauptstraße 76 – er gehört zu einer alteingesessenen Seiffener Familiendynastie mit einer langen Spielzeugmacher-Tradition – werden das ganze Jahr über Spielsachen und Weihnachtsfiguren gefertigt. So entstehen Varianten der bekannten Seiffener Kurrende mit den Stern-Singern und dem Seiffener Kirchlein, es werden Pyramiden, Laternen und Schwibbögen gebaut. Das Besondere sind aber Holzauto-Miniaturen, die von der Feuerwehr bis hin zu historischen Automobilen im Mini-Format mit einem nur wenige millimeter-kleinem Lenkrad und einem ebenso winzigen Fahrer reichen. „Damit habe ich zwar nicht gespielt, aber schön fand ich sie schon immer. Vor allem wenn ich zuschauen konnte, wie die Holzfiguren hergestellt und bemalt wurden“, erinnert sich Thomas. Als Vorschulkind baute er sein erstes Räucherhäuschen, das heute noch auf dem Fensterbrett der Werkstatt steht.
„Er hat den Umgang mit dem Holz sozusagen mit der Muttermilch eingesogen“, bestätigt der Vater. So war es für ihn keine Überraschung, dass sich der Sohn nach dem Realschulabschluss für den Beruf eines Holzspielzeugmachers entschied und nahm ihn als Lehrling in das Familienunternehmen auf. Doch nachgedacht über etwas anderes hatte Thomas Flath schon. „Vielleicht was mit Computern“, erinnert sich der junge Mann, der ebenso gern wie andere in seinem Alter Musik hört, eine Freundin hat und VW Golf fährt. Aber das Holz zog ihn doch in seinen Bann. Nach seiner Meinung sind Begeisterung für den Werkstoff und handwerkliches Geschick auch Grundvoraussetzungen für den Beruf. „Holz ist Natur. Man muss Geduld haben, sollte vielseitig und gestalterisch begabt sein. Aber man darf auch keine Angst vor großen Maschinen haben.“
Denn neben der Theorie – dazu gehört Zeichnen, Werkstoffkunde, Mathe, Deutsch, Informatik, aber dafür kein Chemie, Physik oder Biologie – werden die künftigen Holzspielzeugmacher auch in Maschinentechnik unterrichtet. So erlernen die jungen Leute in der Holzspielzeugmacher- und Drechslerschule Seiffen, das ist die einzige derartige Ausbildungsstätte in Deutschland, innerhalb von drei Jahren eine Vielzahl von Fertigkeiten, wie das Drechseln, das Spanbaumstechen, das Bemalen von Holzfiguren, den Umgang mit Holzbearbeitungsmaschinen usw., welche ihnen nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung breite Möglichkeiten des Einsatzes in den Handwerksbetrieben und Manufakturen der Branche eröffnen. Die Verbundausbildung erfolgt unter der Trägerschaft des Verbandes Erzgebirgischer Kunsthandwerker und Spielzeughersteller e. V. Die Teilnahme der Lehrlinge ist für die Ausbildungsbetriebe kostenlos. Dies ist – abgesehen von den Leistungen des Verbandes und der Förderung der Verbundausbildung durch den Freistaat Sachsen – nur möglich, da die Ausbildung vom Landkreis und seit diesem Jahr auch im größeren Umfang von der Sparkasse Mittleres Erzgebirge unterstützt wird.
„In den ersten Tagen bringen wir den jungen Leuten bei, wie aus einem Stück Holz eine Form entsteht“, erklärt der erfahrene Lehrmeister Wolfgang Gläser. „Manche wissen überhaupt nicht, wie man den Meißel ans Holz setzen muss, um einen glatten Kegel zu erhalten. Bei ihnen entstehen Rillen, Rundungen oder Dellen. Aber bei Thomas geht das ganz leicht, er steht mit dem Holz auf Du und Du.“
Ob Thomas Flath seine Lehrausbildung mit der Note Eins abschließen kann, das ist trotzdem noch nicht klar. „Deutsch ist das Hindernis“, verrät der junge Mann. Für das Gesellenstück hat er jedoch schon eine Idee. Es soll ein Schachspiel werden. Ob das ins Sortiment des väterlichen Betriebes kommt, das weiß er auch noch nicht. Aber vielleicht entwirft der Junior nach Abschluss seiner Lehre ein spezielles Mini-Matchbox-Auto, eben einen „Matcher“ aus Holz.
Text & Fotos: Brigitte Pfüller