Hortner (m/w/d)
Demokratie im Kleinen
Hortner (m/w/d) müssen versorgen, vermitteln und verstehen
11 Uhr im Kinderhort „Sonnenschein“ in Bischofswerda. Es ist die Ruhe vor dem Sturm. Simone Lebelt trifft letzte Vorbereitungen: Stühle rücken, Anwesenheitstafel ordnen, Material zum Experimentieren suchen. Die Einkäufe hat sie heute Morgen schon erledigt. In knapp einer Stunde kommen die ersten Kinder und dann gilt es, bloß nicht den Überblick zu verlieren. Simone Lebelt ist Hortnerin und betreut zusammen mit einer Kollegin täglich bis zu 46 Kinder. Sie teilt das Mittagessen aus, wacht über die Hausaufgaben, fördert die Kinder im Spiel und tröstet in der Not. „Man weiß nie genau, was einen erwartet, das ist das Schöne an meinem Beruf“, schwärmt die 40-Jährige. Jeden Tag muss sie neu auf ihre Hortkinder zugehen und das Schulgeschehen vom Vormittag aufarbeiten. Auch wenn Kinder aggressiv sind oder Streit miteinander hatten, sie muss Lösungen anregen, ohne sich auf eine Seite ziehen zu lassen. „Dafür braucht man eine gute Beziehung zu den Kindern, muss zuhören können und offen sein.“ Für Simone heißt das Zauberwort Demokratie. „Natürlich könnte ich einfach bestimmen, wie sich die Kinder verhalten sollen, aber darum geht es nicht. Ich muss sensibel sein, verstehen und Dinge mit den Kindern gemeinsam aushandeln.“ Klar, dass das nicht immer reibungslos verläuft. „Manchmal stößt man auch an seine Grenzen“, gibt sie zu. „Dann muss man auf jeden Fall konsequent bleiben und trotzdem immer wieder auf das Kind zugehen.
Wenn man weiß, wie sich Kinder in welchem Alter verhalten, geht das leichter.“ Als Mutter einer 16-jährigen Tochter und mit 20 Jahren Berufserfahrung lässt sie sich so schnell nicht aus der Fassung bringen und weiß, dass sie auch Beleidigungen nicht persönlich nehmen darf.
Auch wenn ihr Beruf oft stressig ist, so erlebt sie fast täglich schöne Momente, die sie dafür entschädigen. „Wenn man die Kinder motivieren kann, über sich hinauszuwachsen, ist das ein tolles Gefühl“, strahlt die Hortnerin und erzählt begeistert, wie ein Junge mit Leserechtschreibschwäche einmal ganz allein eine Reparaturanleitung für eine Fernbedienung verfasst hat.
Den Kindern ihre Talente zu zeigen, ist für Simone Lebelt entscheidend. „Was sie nicht können, das haben die Kinder schon in der Schule erfahren. Im Hort sind die Stärken des Kindes wichtig.“ Als Erzieherin einer Einrichtung, die nach dem Montessori-Prinzip arbeitet, zählt für sie vor allem, dass ihre Schützlinge sich frei entfalten können. „Das heißt aber nicht, dass es keine Regeln gibt“, betont sie bestimmt. „Wir beobachten die Kinder und erfahren so, was sie möchten. Die Abläufe orientieren sich ganz am Kind und wir schaffen die Umgebung, die es braucht, um sich optimal zu entwickeln.“ So musste sie auch lernen, ihren eigenen Willen zurückzuhalten und die Kinder eigene Wünsche erkennen zu lassen. „Das ist gar nicht so einfach“, gesteht sie. Dass auch sie selbst immer wieder an sich arbeiten muss, findet Simone überhaupt nicht schlimm, ganz im Gegenteil: „Ich bin auch nicht allwissend und für die Kinder zählt, dass ich echt bin. Dazu gehört eben auch, dass ich Fehler eingestehe und ihnen so ein gutes Vorbild bin.“
Text & Fotos: Katharina Preusche-Jehring