Humangeograf (m/w/d)
Auf der ganzen Welt zu Hause
Das Studium Humangeografie macht dich zum Experten für demografische und regionale Entwicklung
Metropolenforschung, Wirtschaftsgeografie, Mobilitätsforschung sind nur einige Fächer der Humangeografie. Aktuelle Hotspots sind Migration, Globalisierung und Klimawandel.
Sebastian Behr (Bild oben) absolvierte einen Bachelor in Geografie und entschied sich nach einer kurzen Pause für den Master in Geografie mit der Vertiefung Humangeografie an der Uni Jena. Nach dem Studium ging er in die Vereinigten Arabischen Emirate, zunächst für ein Praktikum. Doch dann wurde ihm eine feste Stelle in der Stadtverwaltung von Ra’s al-Chaima angeboten und er blieb. Sechs Jahre lang war er als Projektkoordinator mit Siedlungsthemen und Infrastruktur beschäftigt. Eine seiner Aufgaben bestand darin, den Verlauf und die Intensität der Wassermengen in Wadis zu untersuchen. Wadis sind Trockentäler im Gebirge, die nach starken Regenfällen kurzzeitig von Wassermassen geflutet werden, um dann in der sengenden Sonne schnell wieder auszutrocknen. Es ging darum, sichere Wohngegenden zu erschließen. Außerdem sollte Sebastian optimale Buslinien für die junge Stadt erarbeiten. Da es keine Daten über Bebauung und Bevölkerungsdichte gab, erforschte er selbst die Struktur der Stadt und vermaß Wohnhäuser, um die Einwohnerzahlen schätzen zu können.
„Eine abenteuerliche Zeit“, erzählt er. „Nachdem mir bei Ikea in Dubai die Frau meines Lebens begegnete, wir geheiratet haben und bald darauf unsere Tochter geboren wurde, zog es uns aber wieder nach Thüringen, wo wir aufgewachsen sind.“ In der Regionalen Planungsstelle beim Thüringer Landesverwaltungsamt in Gera kümmert sich Sebastian wie in Ra’s al-Chaima um Verkehrspolitik. Aktuell ist er jedoch Teil eines Expertenteams, das geeignete Standorte für Windparks sucht, um herauszufinden, auf welchen Hügeln und in welchen Ebenen ein guter Wind geht. Sie studieren Gesetzestexte und Verordnungen und berücksichtigen berechtigte Einwände betroffener Bürger. Sebastians unterschiedliche Forschungsaufgaben repräsentieren gut, dass Humangeografie viele Basis-Themen unserer Existenz auf diesem Planeten umfasst.
„Nach dem Studium fühlte ich mich zuerst verloren“, erzählt Sebastian. „Geografie berührt sehr viele Bereiche. Ich hatte eine Menge gelernt, wusste aber nicht wohin mit dem Wissen.“ Humangeografie überschneidet sich mit Fächern wie Soziologie, Wirtschaft, Ökologie, Psychologie, Informatik und Architektur. Auf dem Arbeitsmarkt gibt es daher viel Konkurrenz. Aber auch eine Umkehrung der Sichtweise ist möglich: Fast überall ist Geografie drin. „Wichtig für die gezielte Jobsuche ist, womit du außerdem noch überzeugen kannst“, so Sebastians Erfahrungen. Er belegte an der Uni Kurse wie „Globalisierung“ und „Wirtschaftsgeschichte“ und setzte auf GIS, das geografische Informationssystem, DIE Software für Geografen für die räumliche Analyse sowie zur Digitalisierung von Objekten wie Bäume, Straßen und Gebäude und zur Erstellung von Karten. Praktika sind für Studierende extrem wichtig. Erst die praktische Anwendung ihres Wissens macht sie zu begehrten Fachkräften. „GIS-Experten werden mittlerweile sogar von Pizzerien und Supermarktketten gesucht, von Reiseveranstaltern sowieso“, sagt Sebastian. „Soweit ich weiß, haben meine Kommilitonen alle Arbeit gefunden. Einer ist bei einem Windkraftprojektierer, also im Moment auf meiner Gegenseite“, erzählt er schmunzelnd. „Ein anderer, der mit mir in den Emiraten war, der sich schon immer für Tourismus- und Kulturgeografie interessiert hat, machte auch seinen Master in diesen Fächern. Er arbeitet jetzt in einer Behörde für Altertum und Museen in Ra’s al-Chaima. Wir Geografen sind eben überall, vom Wetterdienst bis zur Feuerwehr.“
Text: Kathrin Schrader / Fotos: Sebastian Behr