Kabarettist (m/w/d)
Attacke auf die Lachmuskeln
Kabarettisten leben ihr Talent auf der Bühne aus
„Die Menschen muss man vor den Kopf stoßen, damit sie lernen, ihn zu gebrauchen…“, ist ein Zitat von Dieter Hildebrandt, einem bekannten deutschen Kabarettisten und Schauspieler. Diesem Zitat ihres Vorbildes können sich die beiden Nachwuchskabarettisten vom Leipziger Ensemble Weltkritik nur anschließen, denn „Kabarett macht nur mit Anspruch Spaß“, sagt Maxim Hofmann. „Doch es ist sehr schwierig, so zu unterhalten, dass sich das Publikum nicht langweilt, sondern auch mal nachdenkt“, so der 33-Jährige. Auch Bettina Prokert, die andere Hälfte des Leipziger Ensembles findet, dass gute Unterhaltung ein Geschenk sei, das man nicht unterschätzen solle. „Wenn uns das mit unseren Geschichten auf der Bühne gelingt, ist das eine tolle Sache“. In ihrem aktuellen Kabarettprogramm „Weltkritik“ spielen Bettina und Maxim zwei arbeits- und humorlose Akademiker, die als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme Kabarett spielen und das Publikum unterhalten müssen, was nicht immer leicht ist.
Und dass das der Realität entspricht, wissen die beiden Kabarettisten nur zu gut. „Manchmal sitzen Menschen im Publikum, die weder lachen noch meckern. Doch die Rückmeldung des Publikums brauchen wir, um unser Programm weiterzuentwickeln“, sagt Bettina. Kabarettist zu sein, bedeutet für beide, sein Talent auszuleben, in welcher Form auch immer. „Wir singen, tanzen, sprechen, verkleiden uns, probieren Rollen aus, spielen sie. Wir haben viel Freiraum, den wir gern auf der Bühne nutzen“, schwärmen sie. Das sei auch der Unterschied zum Schauspieler. „Der lernt seine Rolle und spielt sie je nach Anforderung. Das Kabarett hat viel mit Improvisation und Wortakrobatik zu tun. Während sich der Schauspieler einer Rolle hingibt, hat die Rolle des Kabarettisten grundsätzlich mehr mit ihm selbst zu tun. Dabei abstrahieren und karikieren wir unsere eigenen Charaktereigenschaften“, erzählt Bettina. „Wir entwickeln unsere Ideen selbst und schreiben auch die Texte. Dann arbeiten wir mit einem Regisseur zusammen, der für Feinschliff und Rhythmus in Text, Bild und Ton sorgt.“
Deutschlandweit gibt es mehrere Tausend Kabarettisten und Comedians, von denen viele bekannt, aber nur einige wenige wirklich prominent sind. Ein erfolgreicher Kabarettist zu werden, der regelmäßig im Fernsehen auftritt und erfolgreich auf Tournee ist, kann, auch wenn man wie Weltkritik schon einige Kabarettpreise gewonnen hat, sehr beschwerlich sein. Nicht nur aus diesem Grund ist Bettina eine Verfechterin des zweiten Standbeins: „Es wäre von Vorteil, wenn man erst einmal einen Beruf erlernt oder studiert und auch am besten schon gearbeitet hat. Die meisten Gags entstehen ja gerade aus dem beruflichen Umfeld, aus dem man kommt“, kann die Sprechwissenschaftlerin aus eigener Erfahrung berichten. Auch Maxim spielt als studierter Theaterwissenschaftler nebenbei Jazzmusik in verschiedenen Bars. Genau wie die beiden haben viele bekannte Kabarettisten und Comedians studiert, einen Beruf gelernt oder jahrzehntelange Schauspielerfahrung gesammelt. So studierte Dieter Hildebrandt unter anderem Literatur- und Theaterwissenschaften. Georg Schramm arbeitete als studierter Psychologe zwölf Jahre in einer neurologischen Reha-Klinik. Michael Mittermeier studierte Amerikanistik. Michael Bully Herbig ist gelernter Fotograf und auch Mario Barth absolvierte eine seriöse Schauspielausbildung.
Kennengelernt haben sich die beiden Jungkabarettisten 2004 auf einer Mitfahrgelegenheit von Dresden nach Leipzig. Bettina hatte Maxim schon zuvor auf der Bühne gesehen, aber sich nicht getraut, ihn anzusprechen. „Bei der Suche nach einer Mitfahrgelegenheit habe ich ihn dann gezielt auserwählt, um ihn über das Leben eines Kabarettisten auszuquetschen“, schmunzelt Bettina. Sie wollte unbedingt mit ihm auf der Bühne stehen, was 2006 zum ersten Mal gelang.
Text & Fotos: Karen Arnold