Mathematiker (m/w/d)
Effizienz durch Algorithmen
Dr. Sven Peyer studierte Mathematik und entwirft Chips bei IBM
„Ich hatte nie wirklich einen anderen Wunsch. Mathematik hat mir immer schon Spaß gemacht. Mit 15 kam ich auf eine Spezialschule mit mathematischer, naturwissenschaftlicher und technischer Ausrichtung. Damals hatte ich den Weitblick noch nicht, auch Mathe studieren zu wollen. Ein Jahr nach dem Abitur bot sich die letzte Möglichkeit umzuschwenken. Zweifel kamen in mir hoch: Versteifst du dich jetzt auf Mathe? Doch Mathe war genau das, was ich wollte“, so Dr. Sven Peyer, Entwickler eines Routing-Programms für das Design hochkomplexer Chips bei IBM, dem Weltmarktführer für Informationstechnologie, Service und Beratung mit Sitz im US-Bundesstaat New York. Svens Arbeitsplatz befindet sich im Forschungsinstitut für Diskrete Mathematik in Bonn. Das Institut kooperiert seit mehr als 20 Jahren im Bereich Chipdesign mit IBM.
Chips findet man in fast allen elektronischen Geräten. Denke nur an Handy, Spielekonsole, Computer, Drucker, Navigationsgerät oder Herzschrittmacher. Die Funktionen eines ca. daumennagelgroßen Speicherplättchens, auf dem sich zigtausend winzigkleine Bauteile wie Transistoren und Flipflops befinden, sind hochkomplex. Ein Chipdesigner hat die Aufgabe, mithilfe von Programmen äußerst schnelle, strom- und kostengünstige Chips zu entwickeln, die mit einer geringen Fehlerquote produziert werden können. Nur mittels mathematischer Modellierung ist es überhaupt möglich, Millionen von Bauteilen und Kupferdrahtleitungen so zu konfigurieren, dass sich die Signale nicht behindern, Leitungen nicht berühren und die Spezifikation des Chips eingehalten wird.
Effizienz heißt das Zauberwort – kurze Datenwege, schnelle und korrekte Antworten. „Denn du willst ja beispielsweise auch nicht ewig warten, bis dir auf bahn.de die Zugstrecke angegeben wird“, verdeutlicht der Mathematiker. Um diese diffizile Aufgabe zu lösen, entwickelt er Algorithmen (nach einem bestimmten Schema ablaufende Rechenvorgänge), die er per Computerprogramm umsetzt. Ohne umfassende Informatikkenntnisse ist dies nicht machbar.
„Das Schöne an meinem Job ist, dass das, was wir am Rechner ausrechnen, auch so 1:1 übernommen und produziert wird“, erklärt Sven.
Die Mathematik gliedert sich in zwei Teilbereiche: die Reine Mathematik (Algebra, Analysis, Geometrie, Topologie und Zahlentheorie) und die Angewandte Mathematik (Numerik, Optimierung und Stochastik). Sven begann sein Mathematikstudium 1993 an der Uni in Bonn. „Das Studium forderte und begeisterte mich gleichzeitig. Dass es in den ersten beiden Semestern viel theoretische und analytische Mathematik bedeutet, schockte mich eigentlich nicht. Es überraschte mich auch nicht, ich war vorbereitet. Das Grundstudium diente mir als Orientierung. Danach absolvierte ich in Oxford ein Auslandsjahr. So ein Auslandsjahr kann ich jedem nur empfehlen. Nicht nur wegen der Kontakte und Erfahrungen, man lernt auch viel über das Gast- und sein Heimatland. Das Hauptstudium 1996 – 2000 nutzte ich, um mich auf die diskrete Mathematik zu spezialisieren“, berichtet der heute 34-Jährige. „Bei meiner Arbeit bevorzuge ich es, konkrete praktische Problemstellungen zu lösen. So entwickelte ich in meiner Doktorarbeit u.a. ein Verfahren zur beschleunigten Berechnung kürzester Wege zwischen zwei Anschlusspunkten auf einem Chip. Gleiche Fragestellungen findet man in vielen Bereichen, z. B. in der Logistik und Navigation.“
„Spaß ist das Wichtigste. Wenn du gerne knobelst. Wenn es dich wurmt, dass du eine Aufgabe nicht lösen kannst. Wenn es dich z.B. interessiert, herauszufinden, wie ein Navigationsgerät detailliert funktioniert. Wenn du dabei genug Geduld, Ausdauer und vor allem Verbissenheit besitzt, zeigst du gute Ansätze, das abstrakte und analytische Mathematikstudium zu meistern“, ermuntert Sven. Die Nachfrage nach gut qualifizierten Mathematikern wächst enorm. Nicht nur bei IBM stehen die Mathe-Asse in der ersten Reihe, wenn es darum geht, Lösungen für die drängensten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aufgaben zu finden. Gute Einstiegschancen bieten sich quer durch alle Branchen angefangen beim Versicherungs- und Finanzwesen, über die Software-Entwicklung, die Medizintechnik, die Biotechnologie bis hin zur Raumfahrt.
Text: Karen Arnold & Steffi Mrosek; Foto: Dr. Sven Peyer