Mathematisch-technischer Softwareentwickler (m/w/d)
Wie ein Spiel mit Lego
Mathematisch-technische Softwareentwickler erarbeiten individuelle Lösungen
Barbie-Puppen hat Pauline nie gemocht. Sie spielte lieber mit Legobausteinen.
Als sie sechzehn Jahre alt war, baute sie für den Junior Robo-Cup einen Rescue-Roboter, der einen Parcours laufen und auf Widerstände reagieren konnte.
Seither verfolgt sie gespannt die Entwicklung neuer Roboter. „Man ist dabei, Roboter zu entwickeln, die sogar Fußball spielen können“, erzählt sie. „Allerdings haben die Humanoiden bisher noch ein Problem mit dem Gleichgewicht. Sie kippen um.“
Das könnte sich bald ändern, wenn die hochbegabten Mathematisch-technischen Softwareentwickler in Wissenschaft und Technik drängen.
Pauline Herda ist jetzt zwanzig Jahre alt und Schülerin des ersten Ausbildungsjahrganges für diesen Beruf. Pünktlich zum Jahr der Mathematik werden dreizehn Mädchen und Jungen aus ganz Deutschland im Oberstufenzentrum Informations- und Medizintechnik in Berlin darauf vorbereitet, „reale Probleme aus Wirtschaft, Technik und Naturwissenschaften in mathematische Modelle“ umzusetzen. So die Definition des Berufsziels der so genannten „MATSE“.
Man muss sich das wie ein Spiel mit Lego vorstellen. Die Bausteine – das sind die vorhandenen Informationen. Daraus sollen die abstrakt-analytischen Denker jene Lösung bauen, die ihr Auftraggeber wünscht. Kein leuchtend-buntes Schloss aus Plastiksteinchen, sondern ein maßgeschneidertes Computerprogramm, das die Angestellten einer Firma leicht anwenden können. Paulines Ausbildungsbetrieb, der Wirtschaftsinformationsdienst Safir, bedient unter anderem Banken.
Ein Roboter, der nicht richtig laufen kann, stellt ein „reales Problem aus Technik und Naturwissenschaften“ dar, das mit Hilfe der Mathematik zu lösen ist, vorausgesetzt, der MATSE ist gewillt, neugierig und dialogbereit in einem interdisziplinären Team zu arbeiten. Das sollte er. Es ist neben der Liebe zur Mathematik eine der Hauptanforderungen dieses Berufes. Ein weltfremder Nerd, der nach der Schule hinter dem Monitor an seinen Pickeln spielt und sich mit dicken Kopfhörern gegen den Rest der Welt abschottet, wäre in dieser Schulklasse fehl am Platze.
Tatsächlich überwiegt der Eindruck eines eingespielten Teams während dieser Mittagspause mit den zukünftigen MATSEs. Dabei kennen sich die Schüler erst ein halbes Jahr und verbringen nur ca. dreißig Prozent der dreijährigen Ausbildungszeit zusammen im Unterricht.
Immer wieder gesellen sich andere zum Interview, hören zu und ergänzen, was sie für wichtig halten.
„Gute Lösungen findet man nur gemeinsam“, sagt Felix Anker. „Sie sollten unbedingt schreiben, dass man für diese Ausbildung zwar kein Computer-Junkie sein muss, aber Grundlagen der Informatik mitbringen sollte“, sagt Nico Küchler für die Leser des Countdown. Pauline hat im Abi den Leistungskurs Informatik belegt, Felix Mathe und Physik, aber auch er hat bereits im 6. Schuljahr eine Programmiersprache erlernt. „Was die mathematische Seite der Programmierung ausmacht, sind wir einem studierten Informatiker überlegen“, sagt er.
Felix weiß, dass er erst nach einem Studium und einer Promotion Chancen hat, in dem mathematischen Institut, in dem er den praktischen Teil der Ausbildung absolviert, forschen zu können. Doch er macht sich um die Zukunft keine Sorgen. Das ist für ihn eine ganz einfache Rechnung. „Wir sind dreizehn Leute in der Klasse, dazu kommen 80 potenzielle Absolventen aus Aachen. Wir werden doch sicher irgendwo in Deutschland gebraucht.“
Pauline Herda würde später gern in die Entwicklungsabteilung ihres Ausbildungsbetriebes einsteigen. Sie fühlt sich dort anerkannt. Doch wer weiß? Wenn in zehn Jahren die ersten humanoiden Roboter gegen die Nationalmannschaft antreten, hatte sie vielleicht ihre Hand im Spiel.
Text & Fotos: Kathrin Schrader