Medizinischer Fachangestellter (m/w/d)
Ohne Furcht vor Blut und Spritzen
Medizinische Fachangestellte organisieren den Praxisalltag
„Das gibt nur einen Pieks, dann ist’s gleich wieder vorbei.“ Kinder zu beruhigen, denen die bevorstehende Impfung nicht ganz geheuer ist, zählt zu den täglichen Aufgaben von Lydia Müller. Als Medizinische Fachangestellte (MFA) arbeitet sie in einer Kinderarztpraxis in Plauen. Dass ihre kleinen Patienten Angst vor dem Doktor haben, kommt häufig vor. „Aber irgendwann merken sie, dass es gar nicht so schlimm bei uns ist“, hat Lydia beobachtet. Tapfere Patienten belohnt sie mit einem Gummibärchen – das hilft.
Die dreijährige MFA-Ausbildung schloss Lydia Müller im Juni 2009 ab. Sie gehört zum ersten Jahrgang in diesem Beruf, der zuvor Arzthelferin hieß. Der Name änderte sich 2006 mit einer neuen Lehrordnung. Jetzt legt die Ausbildung noch größeren Wert auf medizinische Fähigkeiten in Vorsorge, Untersuchung und (Notfall-)Behandlung. „Schwerpunkt in der Berufsschule ist der Aufbau des menschlichen Körpers“, blickt Lydia zurück. „Man geht Organe, Herz-Kreislauf-System und Bewegungsapparat durch und lernt mögliche Erkrankungen kennen.“ Warum sie sich für Medizin interessiert? Die 20-Jährige überlegt nur kurz: „Es ist schön, wenn man helfen kann.“
Auf Verwaltungsarbeit bereiten sich angehende MFA ebenso intensiv vor. Termine zu machen und Karteikarten zu führen, Patienten aufzunehmen sowie Vorräte wie Pflaster und Impfstoff zu bestellen, sind nur vier Aufgaben. Wenn besorgte Eltern anrufen, beantwortet Lydia grundlegende Fragen. „Auch die Büroarbeit gefällt mir: Post bearbeiten und zum Quartalsende die Abrechnung erstellen.“
Im Praxisalltag wiegt und misst Lydia Kinder, testet Hör- und Sehvermögen oder prüft den Blutdruck. Sie unterstützt die Ärztin, indem sie die Patienten aufruft, Spritzen vorbereitet, Blut abnimmt, Verbände anlegt und nach Bedarf assistiert. Nach der Behandlung macht sie das Sprechzimmer sauber, desinfiziert Geräte und Möbel gründlich. Das ist auch wichtig, damit das Praxisteam selbst gesund bleibt: Viren und Bazillen machen um die Ärztin und die vier Schwestern schließlich keinen Bogen. „Im ersten Jahr war ich oft krank“, erinnert sich Lydia. „Doch das Immunsystem wird mit der Zeit trainiert.“ Was gegen Krankheitserreger hilft? „Regelmäßig Hände waschen und die Räume lüften!“
Bis zu 70 Patienten am Tag kommen in die Kinderarztpraxis. Schutzimpfungen und Vorsorgeuntersuchungen machen einen großen Teil aus. Die Zahl der Behandlungen hängt jedoch von Infektwellen ab: „Wenn im Herbst/Winter Erkältungen umgehen, ist sie besonders hoch.“ Neulich hielt die Schweinegrippe die Praxis sogar mit 50 Patienten an einem Vormittag auf Trab. „Selbst wenn so viel los ist, muss man versuchen, Ruhe zu bewahren“, weiß Lydia. Auf ihren Beruf wurde sie durch ein Schulpraktikum aufmerksam. Ihr mache es großen Spaß, in einer Kinderarztpraxis zu arbeiten: „Ich bin gern mit Kindern zusammen. Es ist einfach schön, wenn sie lachen.“
Die Berufschancen für Medizinische Fachangestellte stehen gut, meint Lydia: „Sie werden immer gebraucht.“ Grundsätzlich kann jede Arztpraxis ausbilden. Wer sehr gut ist und drei Jahre als MFA gearbeitet hat, hat die Möglichkeit, auch ohne Abi Medizin zu studieren. Doch sonst sind Karrieremöglichkeiten rar, erklärt Lydia: „Für einzelne Bereiche wie Abrechnung gibt es Weiterbildungskurse. Wenn in der Praxis benötigt, kann man sich zur Röntgenassistentin fortbilden.“ Um sich weiterzuentwickeln, wird Lydia, die ihre Ausbildung nach dem Realschulabschluss begonnen hat, ab Sommer das Abitur nachholen. „Ob ich danach im medizinischen Bereich bleibe, weiß ich noch nicht.“
Text & Foto: Thomas Sachs