Milchwirtschaftlicher Laborant (m/w/d)
Milchmädchen im Hightech-Labor
Mit modernster Technik analysieren Milchwirtschaftliche Laboranten alles, was mit Milch zu tun hat
Es zischt, als die Milch durch die dünne Pipette angesaugt wird. Auf dem Bildschirm des Analyseautomaten laufen in schneller Folge Werte ein. Zahlen, die Julia Mey verraten, ob die Rohmilch aus dem Tanklaster vor der Tür den strengen Anforderungen der Molkerei entspricht. Stimmt alles, darf der Fahrer seine Ladung abtanken, wie es im Labor heißt. Die 22-jährige Görlitzerin ist im dritten Jahr der Ausbildung zur Milchwirtschaftlichen Laborantin. Mit 120 Kollegen im Labor und dem Qualitätssicherungsbereich, darunter 15 Auszubildende, analysiert sie bei der Sachsenmilch in Leppersdorf alles, was ins Werk reinkommt – und was wieder rausgeht. 1,7 Mrd. Kilogramm Milch werden dort pro Jahr zu Joghurt, Butter, Käse, Milchpulver, Molkengetränk oder Trinkmilch verarbeitet. Von jeder Lieferung nehmen die Mitarbeiter des Labors Proben, prüfen u. a. auf Fettgehalt, Trockenmasse und Eiweiß. Sollte es vorkommen, dass die Anlieferungsmilch mal verwässert ist oder Hemmstoffe enthält, würden die Laboranten dem sofort auf die Schliche kommen. „Ansonsten kann es ganz schnell passieren, dass 100 Liter verunreinigte Milch eine ganze Ladung unbrauchbar machen“, sagt Julia ernst.
Julia arbeitet in Schichten. „Da muss ich Punkt 5 Uhr hier sein“, sagt sie. „Aber man gewöhnt sich schnell daran.“ Ihr Arbeitsfeld ist nicht nur interessant, sondern auch verantwortungsvoll. Denn von Julia und ihren Kollegen hängt ab, ob den Kunden im Kühlregal einwandfreie Ware angeboten wird.
Mehr Managerin als Laborantin trifft Julia Entscheidungen. Stimmt etwas mit der Rohmilch nicht, verweigert sie die Annahme der Lieferung. Oder erklärt dem Produktionsleiter nach dem Check mit einem mikrobiellen Prüfgerät, dass sein Fruchtjoghurt mit unerwünschten Bakterien oder Pilzen versetzt ist. Immer wieder kommt auch das Mikroskop zum Einsatz. Dann streicht Julia Joghurt- oder andere Milchsäurekulturen aus Petrischalen auf Glasträger und kann sofort erkennen, ob sie in Ordnung sind oder nicht. Es gibt auch ganz simple Tests. „Die Joghurtprobe wird eine Zeit lang bei
30 °C gelagert“, erklärt sie. „Ist sie verdorben, bildet sich Schimmel auf der Oberfläche.“ Eine weitere Aufgabe führt sie direkt in die Produktion. Bewaffnet mit Eimer, Probefläschchen und Hygieneschutz radelt die junge Frau zu den vielen riesigen Tanks in den Produktionsbereichen, wo sie Milch zum Testen abzapft.
Die Ausbildung ist abwechslungsreich. Julia arbeitet an vielen verschiedenen Arbeitsplätzen. Von der Rohmilchannahme geht es weiter zur Prüfung des Markensortiments, also der fertigen Produkte wie Joghurt und andere Desserts oder Zwischenprodukte der Herstellung. Denn im „Joghurt mit der Ecke“ kommen auch zugelieferte Rohwaren zum Einsatz. Früchte, die gefroren angeliefert und gekocht werden, Cerealien wie Schoko- oder Cornflakes. Hat sie die alle geprüft, ist die Trocknung dran. Dort untersucht Julia Milch- und Molkepulver, später dann auch noch Butter. Die Proben des goldgelben Brotaufstrichs werden über ein Rohrpostsystem gesandt, welches insgesamt kilometerlang ist. Für eine Butteruntersuchung erwärmt Julia die Butter über einem Bunsenbrenner, „damit sie besser ins Teströhrchen flutscht“, verrät Julia und lacht. Fett- und Wasseranteile trennt eine Zentrifuge voneinander. Vor allem der pH-Wert interessiert sie. Stimmt er mit den Vorgaben überein? Denn Butter ist nicht gleich Butter. Drei Sorten gibt es in Leppersdorf: mild gesäuert, Süßrahm oder gesalzen. Erst wenn die Auszubildende ihren Daumen hebt, geht die Palette raus. Ist die Schicht zu Ende, darf auch Julia nach Hause. Extra für die Ausbildung ist sie nach Radeberg gezogen – und hat es nicht bereut. „Wenn ich Schicht habe, kann ich zwar am Wochenende nicht alles unternehmen, was ich gern würde, dafür habe ich in der Woche darauf frei“, sagt Julia. Sie wirkt begeistert von ihrer Arbeit. Gute Chancen auf einen Job im Sachsenmilchwerk hat sie nach ihrer Ausbildung jedenfalls. Laboranten sowie neue Auszubildende werden dort immer gesucht. Schließlich wurde dieser Betrieb als „Bester deutscher milchwirtschaftlicher Ausbildungsbetrieb des Jahres 2013“ ausgezeichnet.
Text & Fotos: Tobias Wolf