Modejournalist (m/w/d), Studium
Hauptsache neugierig
Szene-Reporter & Modejournalist (m/w/d)
Auf die Frage, welche Eigenschaften ein guter Journalist haben sollte, antwortete eine Dozentin der Evangelischen Medienakademie: „Neugierig muss er sein, und neugierig muss er sein, und neugierig muss er sein.“
Neugier kann man trainieren. Niemals ohne Zettel und Stift das Haus verlassen, Lauschen lernen, beobachten und hören, was andere wie in ihr Handy plappern, Orte aufsuchen, an denen verdächtig wenig passiert, vierundzwanzig Stunden am Tag Detektiv sein.
Wäre Karin, Berlin-Korrespondentin des Mode-Magazins „Sportswear International“ nicht in verfallene Hinterhöfe geschlichen oder hätte sie ihren Blick von verschmutzten Scheiben in leerstehenden Neubaublocks trüben lassen und nicht den Mut gehabt, rostige Kellertüren anzutippen – sie hätte einige der spannendsten Läden Berlins verpasst. Ihr Job ist, Trends und neue Modelabel aufzuspüren, in den Straßen zu erkunden, was Menschen bewegt, eine bestimmte Hose zu tragen und eine andere nicht – und darüber zu schreiben.
Am liebsten textet sie dann nachts. Jeder der schreibt, braucht Ruhe, sich zu sammeln. Nach dem produktiven Rückzug geht es wieder hinaus, denn auf keinen Fall möchte sie etwas verpassen.
Karin schreibt seit ihrer Schulzeit. Und sie ist eine Sammlerin der Worte. Keine SMS, die nicht notiert, bevor sie gelöscht wird. Als sie eines Ferientages im Liegestuhl an einem südeuropäischen Strand in einer Illustrierten blätterte, entstand der Wunsch nach einem Verlagspraktikum. Sie bewarb sich bei „Brigitte Young Miss“. Wartezeit: zwei Jahre! Nach dem Abitur war es dann endlich soweit.
Der Beruf des Journalisten hat in der sogenannten „Medienkrise“ der letzten Jahre viel Glamour verloren. Fähige Medienleute mussten ihren Schreibtisch in der Redaktion räumen und kämpfen nun auf dem freien Markt um Aufträge. Deine Eltern und gute Freunde winken womöglich ab und weisen auf das Heer arbeitsloser Schreiberlinge, wenn sie von deinem Berufswunsch erfahren. Keine Angst – wer sich ernsthaft um einen neuen Blick auf die Welt bemüht, ist in jedem Verlag willkommen. Journalisten mit eigenem Stil sind nach wie vor gefragt. Gerade jungen Leuten steht die Branche offen. Ein vorurteilsfreier Blick und der spielerische Umgang mit der Sprache sind der Einsatz im Poker um einen Praktikumsplatz oder ein Volontariat. Damit fängt es meistens an.
Weil Karin bei „Brigitte – Young Miss“ an den Fotostrecken, also der visuellen Arbeit, genauso viel Spaß hatte wie an der Textarbeit, entschied sie sich zunächst für eine Ausbildung als Modedesignerin am Stuttgarter Berufskolleg.
Bei einem Design-Wettbewerb gewann sie eine Reise nach New York und war mit Trendscouts in der Stadt unterwegs. Das gefiel ihr und so nahm sie das Jobangebot einer Chicagoer Trendagentur an. Mit ihren Kollegen erforschte Karin die Medien und die Kunst, auch die Straßen und Szeneorte nach den Zeichen der Zeit, um diese an die Designer großer Mode- und Möbelfirmen weiterzugeben.
Neugier und Sensibilität sind für die Mode-Forscherin ebenso unerlässlich wie für den politischen Korrespondenten, den Lokalreporter, den Bildjournalisten oder Redakteur egal ob bei Printmedien, Hörfunk, Fernsehen, Offline- oder Online-Medien, bei Nachrichten- oder PR-Agenturen. Phantasie und Begabung haben dir Freunde und Lehrer vielleicht schon bestätigt. Zum professionellen Schreiben gehört unbedingt auch eine handwerkliche Ausbildung. Es muss nicht immer das Hochschulstudium sein. Journalistenschulen bieten effiziente Wege zum guten Text. Da sie sehr überlaufen sind, liegen den Kursen strenge Auswahlkriterien zu Grunde. Für ein Praktikum bieten sich außer Redaktionen auch PR-Agenturen oder Pressebüros an.
Auf den Seiten der Schülerzeitung kannst du dich ja schon mal warm laufen.
Karin hat nach ihrer Rückkehr aus Chicago einen Workshop „kreatives Schreiben“ besucht und danach unter anderem für das Dresdner Kulturmagazin gearbeitet. Zwar gibt es zwischen literarischen und journalistischen Schreiben einige Überschneidungen, doch verlangt eine Reportage ein rasanteres Tempo als eine Erzählung. „Dass ich so gern erzähle, ist nicht unbedingt ein Pluspunkt für meine Texte“, sagt Karin.
„Sportswear International braucht einen knappen, dichten Stil. Der Platz in einer Illustrierten ist beschränkt.“
Von Journalisten wird eine gute Allgemeinbildung erwartet. Lesen, lesen, lesen – auch die Tageszeitung – ist deshalb das zweite „absolute Muss!“ Lies gute Reportagen und Bücher. Auch die Biographien großer Autoren helfen zu verstehen, worauf es beim Schreiben ankommt.
Karin liest gerade Sartre, greift aber zur Entspannung immer wieder nach dem Band über Graffiti und Straßenkunst, den sie zu Weihnachten geschenkt bekam.
Text & Fotos: Kathrin Schrader