Mönch / Nonne
Ora et Labora
Die Berufung des Benediktinermönchs Frater Thaddäus
Ehelosigkeit. Armut. Gehorsam. „Um Gottes Willen! Absolut unvorstellbar für mich!“, weist fast jeder erschrocken ab. Und doch legen Männer und Frauen auch 2000 Jahre nach Christus das ewige Gelübde ab. Sie folgen ihrer Berufung: Um Gottes Willen.
Zum ersten Mal lernte ich einen Mönch persönlich kennen. Nein, er hatte die Kapuze seiner schwarzen Kutte nicht über das Gesicht gezogen und er schritt auch nicht weit entrückt durch düstre Gänge, kein weißer Rauschebart.
Ich wurde von Frater (Bruder) Thaddäus, einem hoch gewachsenen, selbstbewussten, jungen Mann mit offenem Blick – und schwarzer Kutte im idyllischen Benediktinerkloster Wechselburg bei Rochlitz erwartet. Ja, seinen Habit – die korrekte Bezeichnung für die Kutte – trägt er immer, wenn er als Benediktiner tätig ist, bestätigt er mir. „Nur wenn ich Schuhe kaufen gehe und nicht erkannt werden will, trage ich auch mal Jeans“, gesteht er freimütig.
Sein bürgerlicher Name: Lucas Schreiber. „Der „Schreiber“ ist nicht komplett abgelegt. Auf meinem Personalausweis steht hinten unter Ordens- oder Künstlername: Frater Judas Thaddäus Maria“, erklärt er mir. Er benannte sich nach dem heiligen Thaddäus, der den Beinamen Judas trug und nach seiner verstorbenen Mutter Maria und der Mutter Gottes. Aufgewachsen ist Frater Thaddäus in München. Nach dem viel zu frühen Tod seiner Mutter lebte er im Internat des Benediktinerklosters Ettal. „Hier wurde die religiöse Frage nach dem Tod sehr wach: Was soll das lieber Gott, dass du mir meine Mutter weggenommen hast?“
Im Kloster studierte er Theologie, Sozialpädagogik und Soziale Arbeit. Mit diesen Abschlüssen könne er „draußen“ auch als Pfarrer, Priester, Gemeindereferent, Katechet, Religionslehrer arbeiten.
„Es war schon ein großer Einschnitt und Abschied von der Familie, den Freunden – und zu sagen: Leute, ich muss das ausprobieren. Man ist verliebt ins Klosterleben, lässt alles hinter sich, setzt alles auf eine Karte“, versucht der Frater mir seinen endgültigen Schritt aus dem weltlichen ins religiöse Sein zu erklären: „Man steht in einem klaren Glaubensbezug. Am Glauben hängt das Leben. Und wir leben hier in einer recht überschaubaren Gemeinschaft mit Regeln, die helfen das brüderliche Miteinander zu koordinieren. Ich liebe das Zusammengehörigkeitsgefühl im Gottesdienst, das gemeinsame Chorgebet, das Abhalten der Liturgien, das Feiern der Messe – wir sind katholisch von Herzen. Es fasziniert mich, welche Leistungen – kulturell, bildungsmäßig, sozial – wir voran bringen, als Gemeinschaft für uns und auch für andere.“ Benediktiner leben nach dem Motto ihres Ordensgründers, dem heiligen Benedikt: Ora et Labora – Bete und Arbeite. Den Tag prägen die gemeinsamen Andachten 6 Uhr, 6.40 Uhr, 12 Uhr, 18 Uhr, 19.30 Uhr. Großen Wert wird auch auf das gemeinsame Einnehmen der Mahlzeiten gelegt. Als so genannter Prälatenorden leben sie von der eigenen Hände Arbeit. Von dem Geld, das sie verdienen – Frater Thaddäus arbeitet u.a. als Religions- und Lateinlehrer in zwei Schulen – bestreiten sie ihre Existenz und finanzieren verschiedene Projekte: Sie renovieren z. B. Kirche und Kloster, halten den laufenden Betrieb im angeschlossenem Jugend- und Familienhaus aufrecht, spenden für verschiedene Sozialwerke. Jedes Mitglied der Gemeinschaft trägt zum Leben bei.
Ja und wie ist das nun mit den drei evangelischen Räten: Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam?
Der Frater erklärt mir: „Die klösterliche Armut besteht darin, dass der Einzelne gar nichts hat, die Gemeinschaft alles“. Keiner besitzt eigenes Geld, keiner ein eigenes Auto. Er erhält das Geld für seine Schuhe z. B. aus der Gemeinschaftskasse. Eigentümer des Golfs und der beiden Opel ist die Klostergemeinschaft. Und Ehelosigkeit? „Wenn ich mich doch einmal in eine Frau verliebe, dann sage ich mir: Nein, du stehst hier in deinem Leben. Du erinnerst dich daran, was schön ist an deinem Weg. Und dann vergeht das auch wieder – natürlich. Also nur Verliebtsein – nicht Liebe. Es gibt Schutzmechanismen: die Klausur, die festen Zeiten, die Gewissenserforschung jeden Abend, den Beichtvater“. „Gehorsam lebt man, indem man lernt seinen Willen zu beugen. Für mich z.B. war es nicht immer selbstverständlich, dass ich hier in Wechselburg lebe. Ich wollte nicht so gern aus meinem Mutterkloster in Ettal weg. Aber ich musste es akzeptieren. Und mittlerweile bin ich froh, dass mir keine Wahl blieb“, bekennt Frater Thaddäus lachend. Das Leben im Kloster erfordert Gemeinschafts- und Anpassungsfähigkeit aber auch ein gesundes Selbstbewusstsein. Es ist geprägt von menschlichen Werten wie Nächstenliebe, Verantwortungsbewusstsein, von Mitgefühl, dem Hunger nach Leben und Neugierde – weil ja das Leben auf Gott ausgerichtet ist.
Um einem Orden beizutreten, muss man folgende Voraussetzungen erfüllen: Mann/Frau sollte mindestens 18 Jahre alt sein, seine Ausbildung abgeschlossen haben, bzw. das Abitur besitzen, auf der Suche nach Gott sein und gewillt sein, das eigene Leben auf eine brüderliche Gemeinschaft auszurichten. Eine weitere Bedingung ist die Bereitschaft zu Enthaltsamkeit und Gehorsam. Die einzelnen Stationen auf dem Weg zur Ordensberufung sind: Postulat, Noviziat, Bindung auf Zeit, Ewiges Gelübde.
Text & Fotos: Steffi Mrosek