Pferdewirt (m/w/d)
Pferdegeflüster …
René Auerbach ist Pferdewirt mit Leib und Seele
Mit einer dreijährigen Ausbildung zum Pferdewirt in der Fachrichtung Zucht und Haltung hat der 26-Jährige René seine Leidenschaft zum Beruf gemacht. „Sich mit Pferden zu beschäftigen ist wie eine ansteckende Krankheit – allerdings viel weniger unangenehm“, erzählt er lachend, während wir die Stallgasse entlang schlendern und von vorwitzigen Pferdenüstern beschnuppert werden.
Pferdewirt – das klingt verlockend: Mit wehenden Haaren durch Wald und Wiesen galoppieren – Freiheit, Natur und Glück empfinden… Doch genau da fangen sie schon an, die romantischen, aber leider falschen Vorstellungen vom Beruf des Pferdewirtes. Natürlich spielt das Reiten eine große Rolle. Aber die Fähigkeit, mit dem Pferd umzugehen und sich auf neue Situationen einzustellen ist noch viel wichtiger. Flexibilität ist jedoch nur die eine Sache, die René für eine notwendige Eigenschaft hält. Eine gewisse Hingabe an den Beruf verlangen die Arbeitszeiten: Morgens heißt es sehr früh aufstehen, und ein pünktlicher Feierabend ist selten.
Pferde sind sensibel
Auf die Frage nach besonderen Kriterien für angehende Pferdewirte kommt Renés Antwort prompt: „Selbstständigkeit, Einfühlungsvermögen und eine sehr bewusste Entscheidung für diesen Beruf.“ Pferde, so betont er, sind sensible Zeitgenossen, auf die man sich individuell einstellen muss. „Der Alltag mit Pferden verlangt viel Kraft und Ausdauer, vor allem wenn man früh morgens zentnerschweren Mist von einem Stallende ans andere transportieren muss.“
In seiner Ausbildung hat Pferdenarr René nicht nur gelernt, womit man die edlen Tiere füttert und wie man das Futter herstellt und lagert. Auch über den anatomischen Aufbau des Pferdes weiß der Gompitzer Stallmeister bestens Bescheid. In der Berufsschule lernen die Berufsanwärter alles, was die Theorie über Pferde bietet. Die Schulbank drücken die Azubis hier zwei bis drei Wochen am Stück, dann werden sie wieder sechs Wochen in ihrem Betrieb ausgebildet. Solche Betriebe sind meist größere Reit- oder Zuchtställe.
Den Azubis stehen zwei Fachrichtungen zur Spezialisierung offen: Zucht- und Haltung oder die Bereiterlehre. Und wie jeden anderen Azubi, erwartet auch die angehenden Pferdewirte eine Zwischenprüfung nach dem ersten Ausbildungsjahr und eine Abschlussprüfung nach dem Ende der drei Lehrjahre.
Schaut man in die Klassenzimmer der Pferdewirte, lässt sich ein Trend erkennen, der eindeutig zu Gunsten der Frauen ausfällt. Jawohl, hier beherrscht holde Weiblichkeit das Terrain, was aber nicht bedeutet, dass Männer für diesen Beruf nicht geeignet sind. René jedenfalls liebt seinen Beruf. Besonders leuchten seine Augen, wenn er von seinen eigenen Pferden erzählt, mit denen er eine persönliche Zucht aufgezogen hat.
Nicht reich – aber glücklich
Wer jetzt allerdings denkt, man könne sich als Pferdewirt automatisch einen 1-PSer leisten, liegt völlig falsch. Im Gegenteil: Um reich zu werden, ist dies wohl einer der weniger geeigneten Berufe. Doch darum, meint Pferdefreund René, geht es dabei ja auch nicht!
Wenn man nach drei Jahren sein hart erkämpftes Fachzeugnis in der Hand hält, stehen einem eine Menge Türen offen. Pferde gibt es weltweit, und mit ein bisschen Erfahrung findet man schnell den Arbeitsplatz, an dem man sich am besten aufgehoben fühlt.
Wen also die Pferdekrankheit gepackt hat, der sollte sich im Klaren darüber sein, dass schon mal Fingernägel abbrechen und der Rücken ab und zu schmerzt. „Ansonsten ist dieser Beruf wahrscheinlich einer der schönsten überhaupt“, fasst René zusammen und eilt los, um sich endlich wieder um seine sechs Weichmäuler zu kümmern.
Text: Anne Hallbauer; Fotos: Anne Hallbauer/Reitanlage Gompitz