Pilot (m/w/d)
On Top of the World
Lysann Werners Höhenflüge
Nein, ein Drei-Wetter-Taft-Syndrom hat die blonde Lysann Werner nicht. Sie hat die Lust am Fliegen schon vor Jahren gepackt. Seit der Schule träumte sie von fernen Ländern, exotischen Häfen, der weiten Welt, den Wolken, der Sonne – Faszination Fliegen, „on Top of the World“ zu sein. Aber wie das so mit Träumen ist, es gehört ein hartes Stück Arbeit dazu, sie in die Realität umzusetzen.
Der Weg über Australien
Zuerst galt es also für Lysann nach dem Realschulabschluss einen Beruf zu erlernen. Sie entschied sich für Kauffrau (Grundstücks- und Wohnungswirtschaft). Drei Jahre Ausbildung, drei Jahre Arbeit im Beruf. Dann war genug Geld angespart für ein Jahr Auszeit – Work- and Holiday-Maker-Visum – in Australien. Das ermöglichte ihr, Land und Leute kennen zu lernen und – für die zukünftige Pilotin besonders wichtig – die Sprache perfekt zu beherrschen.
Step by Step
Nach der Rückkehr erwarb sie zuerst in cirka 4 Monaten ihren Schein als Privatpilotin. Vorausgesetzt werden dafür lediglich ein fliegerärztliches Tauglichkeitszeugnis (getestet werden u.a. Seh- und Hörvermögen sowie der Gleichgewichtssinn) und schlappe 7.000 Euro.
Mit diesem Schein kann man – quasi als Hobby – alle Maschinen bis zu einem Fluggewicht von zwei Tonnen fliegen. Natürlich darf man auch mal jemanden mitnehmen, der zum Sprit ein paar Euro dazugibt.
Aber um sein Hobby gewerbsmäßig zu betreiben, braucht es schon der Lizenz als Berufsflugzeugführer. Mit diesem Schein darf die 25-Jährige dann unter Sichtbedingungen (d.h. im allgemeinen Luftraum mindestens 1,5 km Sicht, Erdsicht, frei von Wolken) Maschinen bis zu 5,7 Tonnen fliegen. So etwa sechs bis zwanzig Passagiere fassen diese Flieger. Momentan absolviert Lysann diese Ausbildung im Fernstudium mit 60 Direktstunden in Essen-Mühlheim. Für die Prüfung sind 150 Flugstunden vorgeschrieben, davon 100 als Kommandant und zwei Streckenflüge über 600 Kilometer. Kostenpunkt je Flugstunde ca. 89 -145 Euro. Die Flugstunden absolviert sie bei Kilian-Air im sächsischen Großenhain. Dort arbeitet sie übrigens auch als Flugleiterin (gibt u.a. Verkehrsinformationen, koordiniert Parkpositionen, ist eine Art „Schaltzentrale“ für den Infoplatz) und als Kauffrau, um das Geld für ihre Ausbildung und die Flugstunden aufzubringen. Eins wird an dieser Stelle klar: Der Traum vom Fliegen hat seinen Preis!
Nach bestandener Prüfung kann sie schon selbst Touristen unter Sichtbedingungen über Sachsens Schlösser fliegen. Damit ist sie ihrem Ziel wieder einen Schritt näher. Die Geschäftsfliegerei interessiert sie: Firmenbosse nach Mailand fliegen, auch mal den erkrankten Urlauber in Tunesien abholen oder für das SEAT-Werk in Spanien ein paar dringend benötigte Ersatzteile aus Wolfsburg bringen. Da braucht es noch die Berechtigung zum Instrumentenflug. Denn weder der Kranke kann warten bis Sicht ist, noch die Ersatzteillieferung hat Zeit.
Verkehrspilotin im Liniendienst? Vielleicht später auch. Erst einmal findet sie die Businessfliegerei interessanter. Und außerdem: Je nach Gesellschaft kostet diese Ausbildung 40.000 bis 75.000 steuerlich nicht absetzbare Euro (zuzüglich Lebenshaltungskosten und Unterkunft während der Ausbildung).
Text & Fotos: Thomas Wedegärtner