Religionspädagoge (m/w/d), Studium
Denkanstöße
Ein Religionspädagoge gibt keine fertigen Antworten
Diesmal ist es nicht der Anrufbeantworter. Glück gehabt. Ich spreche mit Michael Seimer. Aber der Termin für unser Treffen wird das nächste Problem. Am Wochenende begleitet er die Junge Gemeinde auf eine Freizeit-Fahrt, dienstags tagt die Landessynode, ab Mittwoch ist er mit einer Gruppe Konfirmanden unterwegs in der Sächsischen Schweiz. Nun, warum nicht dort?… „Kommen Sie am Abend“, sagt Michael Seimer. „Nach zwanzig Uhr. Da sind meist Gruppenveranstaltungen. Da kann ich mich mal ausklinken.“
Religionspädagogen scheinen keine Vierzigstundenwoche zu haben. Scheinbar kämpfen sie auch gar nicht darum.
Als ich abends nach einer abenteuerlichen Fahrt im Naturfreunde-Haus in Königstein ankomme, sehen die Konfirmanden gerade fern.
„Was hat das eigentlich mit Religion zu tun, wenn man gemeinsam in die Sächsische Schweiz fährt?“
„Die Konfirmanden bereiten sich im Laufe von zwei Jahren auf die Konfirmation vor. Dazu gehört, dass sie sich klar werden, ob sie versuchen möchten, mit Gott zu leben“, so formuliert es Michael Seimer. Den Aufenthalt im Naturfreundehaus Königstein nutzen die Jugendlichen nicht nur, um Wanderausflüge zu machen, sondern auch, um sich mit ihrem Glauben auseinanderzusetzen.
Zum Beispiel finden am Vormittag thematische Veranstaltungen statt. Was den Kindern in der Christenlehre noch den Atem raubt – wie sich das Meer vor Gottes Volk spaltete und seine Verfolger anschließend verschlang, wie es Wachteln vom Himmel regnete oder Gott vom Berg Sinai aus zu Moses sprach – das ist in der Vorbereitung der Konfirmation nicht das Thema. Hier geht es um die Fragen: Unterwegs, aber wohin? Wie wird es, wenn ich weggehe, um in einer anderen Stadt oder gar in einem anderen Land meine Ausbildung zu machen? Werde ich neue Freunde finden? Was bringt die Zukunft? Ganz normale Fragen, die sich jeder stellt, der erwachsen wird. Das ist es, was Michael Seimer an seinem Beruf liebt: Glauben nah an den heutigen Problemen der Kinder und Jugendlichen zu erfahren, dabei keine fertigen Antworten zu geben, sondern Anstöße. „Offenheit für den Glauben der anderen ist in diesem Beruf wichtig“, sagt er. „Die Bereitschaft, den eigenen Standpunkt hinterfragen zu lassen.“
Michael Seimer ist Sohn eines Pfarrers. Er arbeitete zunächst als Buchhändler, bevor er sich entschloss, Religionspädagogik zu studieren. Ehrenamtlich hatte er bereits in der Kinder- und Jugendarbeit seiner Gemeinde mitgewirkt. Nun entstand das Bedürfnis, die Religion zum Beruf, zur Berufung zu machen. Er holte das Abi auf der Abendschule nach und absolvierte anschließend das Studium Religionspädagogik an der Fachhochschule Moritzburg. Die Ausbildung zum Religionspädagogen gliedert sich in die theologische Ausbildung – die Orientierung auf die Bibel als der Grundlage christlichen Glaubens – und in die pädagogische Ausbildung – wie überträgt man die biblischen Geschichten in unsere Zeit.
Die Ausbildung beinhaltet zwei Praktika. Es sind abschließend Prüfungen in den Fächern Kinderarbeit/Jugendarbeit und Religionsunterricht abzulegen.
1999 schloss er das Studium erfolgreich ab und erhielt eine Stelle als Religionspädagoge in der Gemeinde Weinböhla. Seine Arbeit, das ist neben dem Religionsunterricht an der Schule die Christenlehre in der Gemeinde, die Arbeit mit der Jungen Gemeinde, das Organisieren von Kinder- und Familiengottesdiensten, die Gestaltung von Freizeiten wie eben jene in der Sächsischen Schweiz.
Voraussetzungen für den Beruf sind der unbedingte Wunsch, seinen Glauben weiterzugeben, gepaart mit der Bereitschaft, gemeinsam mit anderen Glauben zu lernen. „Kirche“, sagt Michael Seimer, „das ist für mich ein Ort der Geborgenheit, der Verantwortung und der Kommunikation. Ein Ort, an dem man die Menschen ernst nimmt, so wie sie sind. Das ist lebbar nur in der Gemeinde.“
Text: Kathrin Schrader; Fotos: privat