Restaurantfachmann (m/w/d)
Der perfekte Gastgeber
Restaurantfachleute machen Essengehen zum Erlebnis
Angefangen hatte alles mit einem Nebenjob: An den Wochenenden und in den Ferien besserte Martin Uhlmann (im Bild) sein Taschengeld als Aushilfe im Restaurant und Café Gohliser Schlösschen in Leipzig auf. „Das hat mir sehr viel Spaß gemacht“, erzählt der 19-Jährige. „Als meine Chefin fragte, ob ich eine Ausbildung zum Restaurantfachmann machen will, musste ich nicht lange überlegen.“ Seit September 2018 drückt er dafür alle zwei
Wochen die Schulbank in der Susanna-Eger-Schule in Leipzig.
Dort steht viel Biologie- und Chemieunterricht auf dem Stundenplan. „Wir erfahren nicht nur die Eigenschaften verschiedener Tees und Weine, sondern auch eine ganze Menge über Nährstoffe, Vitamine und Mineralien“, sagt Martin. „Aber auch Mathematik ist wichtig.“ Die gibt es gleich in zwei verschiedenen Ausführungen: einmal als Wirtschaftsmathe und dann auch als Küchenmathe. „Da lernen wir zum Beispiel, die richtige Menge an Waren zu berechnen. Das brauchen wir später, wenn wir beispielsweise Getränke beim Großhandel bestellen.“
Dass der Service bereits beginnt, bevor der erste Gast das Restaurant betreten hat, weiß Martin schon vom Nebenjob. Jetzt lernt er die Tricks und Kniffe für akkurat gedeckte Tische, perfekt arrangierte Buffets und festlich gestaltete Räume. „Wir müssen nicht nur die verschiedenen Formen für das Serviettenfalten kennen, sondern auch Tischdecken legen, Menüs anrichten und natürlich Tische richtig eindecken können.“ Ein gewisser Sinn für Ästhetik ist dabei recht hilfreich. Ist die Deko ansprechend? Passen die Farben zusammen? Alles sollte aufeinander abgestimmt sein, denn das Auge isst bekanntlich mit.
Wenn das Ambiente stimmt, dann fehlen nur noch Speis und Trank, um die Gäste glücklich zu machen. Wie alles zum Tisch gelangt, das erfahren angehende Restaurantfachleute schon im ersten Lehrjahr. Denn damit alle Teller schnell und „unfallfrei“ beim Gast ankommen, sind viel Balance und die richtigen Tragetechniken gefragt. Und überhaupt, mit knapp 26.000 Schritten am Abend ist Kellnern eine sehr aktive Tätigkeit. Damit sich bei ihrem Schützling keine Fehlbelastungen einschleifen, hat Martins Chefin, Antje Gassler, dabei stets ein Auge auf ihn.
Räume und Tische vorbereiten, Bestellungen aufnehmen, Speisen bringen, Getränke mixen und ausschenken, Geschirr abräumen oder abrechnen – Restaurantfachleute arbeiten nicht nur für, sondern vor allem mit dem Gast. Deshalb sollte die Freude am Umgang mit Menschen auch dann noch überwiegen, wenn man selbst mal einen schlechten Tag hat. Antje Gassler erklärt das so: „Einem Kellner darf es nie egal sein, mit welchem Gefühl der Gast das Restaurant verlässt. Ich sage immer, ein guter Kellner ist ein guter Schauspieler. Wenn er seine Bühne betritt, lässt er alles andere draußen.“
Um den perfekten Service zu bieten, ist natürlich auch eine große Portion Menschenkenntnis nötig. Den Grundstein dazu legen zukünftige Restaurantfachleute beim täglichen Umgang mit den Gästen im Ausbildungsbetrieb. Schritt für Schritt entwickeln sie ein Gespür dafür, wie es dem neuen Gast da in der Tür gerade geht. Ist er in Plauderlaune; will er unterhalten werden? Ist er vielleicht mit den Gedanken noch woanders; benötigt er erstmal Zeit zum Ankommen? Ihr eigenes Verhalten passen Restaurantfachleute darauf an.
„Ein Gast mag über eine nicht ganz so perfekte Tragetechnik hinwegsehen“, sagt Antje Gassler. „Vielleicht weil er die Fingerhaltungen nach Lehrbuch gar nicht kennt. Aber er bekommt ganz sicher mit, ob ein Kellner gut mit seinen Gästen umgehen kann.“ Dabei geht auch hin und wieder mal etwas schief. Ein Teller fällt zu Boden, die Serviette hat einen Knick oder ein Gast beschwert sich riesig über eine Kleinigkeit. Dann sind Gelassenheit und Freundlichkeit ganz wichtig. „Ich versuche, Kritik immer ernst zu nehmen“, sagt Martin. „Und solche, die ich wirklich nicht ernstnehmen kann, versuche ich schnell wieder zu vergessen.“ Dabei hilft ihm auch eine Tradition: „Wir essen abends alle gemeinsam“, sagt Antje Gassler. „Das haben wir aus der Schweiz mitgebracht. Da ist es gang und gäbe, dass das ganze Personal zusammensitzt, isst, sich über den Tag austauscht und Kritik auswertet.“
Für Martin ist es auch dieser familiäre Charakter, der das Restaurantfach zu seinem Traumjob macht. So zeichnet sich bereits heute ab, dass er seine Ausbildung um mindestens ein halbes Jahr verkürzen kann. Wie er die gewonnene Zeit investiert, steht für den 19-Jährigen fest: „Ich möchte anschließend meinen Betriebswirt machen. Das sind noch zwei Jahre Unterricht an der Schule und im Betrieb. Dort lerne ich alles, was die Führung eines Restaurants betrifft.“ Dann werden wohl die Wanderjahre folgen, in denen frischgebackene Restaurantfachleute Erfahrungen in unterschiedlichsten Betrieben auf der ganzen Welt sammeln. Und wer weiß, vielleicht eröffnet Martin anschließend sein eigenes Restaurant.
Text: Kai Dürfeld | Fotos: Antje Kraemer Photography