Restaurator (m/w/d), Studium
Kunst trifft Handwerk & Wissenschaft
Restauratoren helfen, historische Schätze zu bewahren
Restauratoren sind feingeistige Künstler, die den ganzen Tag mit spitzem Pinsel im sauberen Atelier sitzen und Gemälde retuschieren. Eben solche Klischees prägen die öffentliche Wahrnehmung des Berufs erheblich. „Dabei machen Arbeiten wie diese nur etwa ein Zehntel aus“, erklärt Oliver Tietze. Der Leipziger ist seit über 15 Jahren als selbstständiger Diplom-Restaurator mit Spezialisierung auf dem Gebiet der polychromen Bildwerke (vielfarbige Skulpturen) und Gemälde tätig. In seinem Atelier befinden sich Farben und Rahmen, aber auch allerlei Werkzeuge, Chemikalien und wissenschaftlich anmutende Arbeitsgeräte.
Diese Vielfalt an Utensilien bringt das breite Tätigkeitsfeld des Berufs mit sich: „Als Restaurator arbeitet man nicht nur rein künstlerisch, sondern setzt auch wissenschaftliche Herangehensweisen ein, um letztlich mit handwerklichen Mitteln ein Objekt zu bearbeiten“, erklärt der 42-Jährige. Fachliches Interesse an Kunst und Geschichte, aber auch an Physik und Chemie seien daher wichtige Voraussetzungen – ebenso wie das künstlerische Verständnis für die Objekte und ein Gespür für Schönheit. Das Allerwichtigste jedoch ist die Liebe zum Material, sagt Oliver. „Es schadet nicht, als Kind gern gewerkelt zu haben“, betont der erfahrene Restaurator mit einem Augenzwinkern.
Unterschieden wird in der Restauration zwischen den Bereichen Konservierung, also dem Erhalt von Werkstücken, und Restaurierung, bei der Elemente ergänzt und repariert werden.
Zu den aktuellen Aufträgen des Leipziger Restaurators zählt unter anderem eine spätgotische Altarretabel aus einer Kirche. Deren Farbschicht hat sich wegen Feuchtigkeit gelöst und muss nun wieder am Untergrund befestigt werden. Für diese Arbeit ist Fingerspitzengefühl nötig, damit die Originalfarbe nicht etwa noch abblättert. Zudem muss Oliver überlegen, wie die Farbschicht möglichst unsichtbar und effektiv befestigt werden kann.
Ein anderes Objekt ist ein Gemälde um 1800, das den Innenraum der Leipziger Nikolaikirche zeigt. Hier steht die Oberflächenreinigung und Retusche im Mittelpunkt des Projekts. Es gilt, eine sanfte Reinigungsmethode zu wählen und die richtigen Farbtöne einzusetzen.
Wie aber läuft ein Restaurationsauftrag in groben Zügen ab? In der Werkstatt erfolgt zuerst eine Schadens- und Zustandsanalyse. Jedes Objekt ist anders gefertigt und hält zuweilen Überraschungen bereit. Für die individuelle Analyse stehen zahlreiche Methoden von der Röntgenbestrahlung bis hin zum Abklopfen zur Verfügung. Basierend auf den Ergebnissen erstellt der Restaurator ein Konzept, dem schließlich die Umsetzung folgt. Jeder Schritt wird dokumentiert, inklusive Beschreibung und detaillierter Fotografien. Seit Längerem haben sich digitale Programme für die Arbeit am Computer als Arbeitsmittel durchgesetzt. 3D-Kartierung oder die Simulation von Prozessen zählen heute zum Standard.
Der Weg zum Restaurator führt über ein Hochschulstudium. Oliver wählte die Hochschule für Bildende Künste Dresden und erinnert sich gern an seine Studienzeit zurück: „Wir hatten viel Kontakt mit Materialien, indem wir getischlert, gemalt und gezeichnet haben. Diese Berührungspunkte sind enorm wichtig für den Beruf.“ Heute jedoch liegt der Schwerpunkt im Studiengang Restaurierung an vielen Hochschulen stärker auf der Theorie. Deshalb sei es seiner Meinung nach umso wichtiger, sich vor, während und nach dem Studium durch Eigeninitiative um praktische Erfahrungen zu bemühen. „Nur durch die Arbeit am Objekt erreicht man Qualität“, weiß der Leipziger Restaurator.
So reizvoll der Beruf Restaurator/in jedoch auch ist, die Arbeitsmarktsituation ist nicht einfach: „Die Tendenz neigt zur selbstständigen Tätigkeit. Anstellungen in Museen oder in der Forschung sind selten geworden“, erklärt Oliver Tietze. „Es ist zwar ein toller Job, aber reich wird man in dem Beruf eher nicht.“ Wer sich für die Laufbahn als Restaurator entscheidet, der wird einen Beruf kennenlernen, der herausfordernd, aber auch vielseitig und inspirierend ist.
Text & Fotos: Claudia Morgenstern