Rettungssanitäter (m/w/d)
Unterwegs mit Blaulicht & Martinshorn
Rettungssanitäter/innen leisten schnelle erste Hilfe
Dresden, 27. Juli 2006, 9 Uhr: Noch war alles ruhig auf der Rettungswache des Malteser Hilfsdienstes e.V. auf der Institutsgasse in Dresden. Nur der Fernseher lief, irgendwo schnarrte eine Sprechfunkanlage. Eigentlich war es viel zu heiß, für die schweren Rettungsstiefel, die die 4 Männer und die Frau trugen, die auf den beiden schwarzen Sofas saßen, sich unterhielten und auf ihren Einsatz warteten. 12 Stunden Bereitschaft lagen vor ihnen. Ich war mit Michael Murrmann, 22 Jahre und seit 2 Jahren Rettungssanitäter (RS) bei den Maltesern, zum Interview verabredet.
„Ich bin ursprünglich gelernter Anlagenmechaniker. Während meines Zivildienstes bei den Maltesern, wurde ich zum Rettungshelfer ausgebildet und lernte den Rettungsdienst kennen“, erklärte er. Diese spannende Arbeit machte ihm unheimlich Spaß, füllte ihn aus. Er wollte dabei bleiben, bewarb sich um eine Stelle und qualifizierte sich zum Rettungssanitäter. In naher Zukunft möchte er Rettungsassistent werden. Diese zweijährige Berufsausbildung erhöht nicht nur sein fachliches Wissen sondern auch seine Notfallkompetenz.
Übliche Einsätze, zu denen er und seine Kollegen gerufen werden, reichen vom schweren Verkehrsunfall mit lebensbedrohlichen Situationen bis hin zu kleineren Unfällen im häuslichen Bereich oder in Pflegeheimen. Meistens helfen sie älteren Leuten, so ab 60 aufwärts. Kindernotfälle machen etwa 3 – 4 % aus. Auf die Frage, ob er schon mal reanimieren, also wiederbeleben musste, erklärte Michael, dass sei Grundwissen und genau der Bereich, auf dem in der Ausbildung der Fokus liege. Anfang des Jahres reanimierte er z.B. eine Frau, in einer mehr oder weniger vollbesetzten Straßenbahn. Sie konnten die Patientin lebend im Krankenhaus abliefern, berichtete er lächelnd. Ob sie überlebt hat, weiß er nicht. Bei bis zu 8 Patienten täglich, die er im Wagen transportiert, wäre das auch zu viel verlangt. Wie kommt man eigentlich damit klar, Menschen in den intimsten und hilflosesten Situationen anzutreffen? Leute z.B., die nackt und hilflos in einem engen Badezimmer liegen? „Es ist anfänglich schon komisch, wenn man die Leute in so einem schlechten Zustand sieht. Aber man darf keinen persönlichen Bezug zu ihnen aufbauen. Man behandelt sie, hilft ihnen, bewahrt aber eine gewisse Distanz. Wir dürfen nicht mit dem Patienten mitleiden. Denn schon der nächste Einsatz fordert vollste Konzentration und unsere ganze Kraft“, erklärte er nachdenklich und ergänzte: „Auch verzweifelte Angehörige. Das geht einem schon nah“. Man lernt während der Ausbildung damit umzugehen. „Wir wissen, dass wir manchmal schwer zu ertragen sind, weil unser Erscheinen oft mit persönlichem Leid und Not verbunden ist. Aber wir machen unseren Job. Wir machen das gerne. Wir wissen, was wir tun müssen und tun alles, was in unserer Macht steht.“
Michael ist heute der Fahrer des Rettungswagens und damit zuständig für die Einsatzbereitschaft des Fahrzeuges, die Handreichungen beim Einsatz, das Vorbereiten der Trage, die Säuberung und Desinfizierung des Fahrzeuges und der Rettungsmittel nach jedem Einsatz. Der Beifahrer oder die Beifahrerin ist der „Chef“ im Auto, der den Einsatz koordiniert, sich bis zum Eintreffen des Arztes maßgeblich um den Patienten kümmert, ihn versorgt und im Krankenhaus zur weiteren Behandlung übergibt, die Einsatzberichte und Notfallprotokolle verfasst. „Es gibt ein ungeschriebenes Gesetz bei uns“, bemerkt Michael schmunzelnd: „Je höher die Häuser sind, je weiter oben wohnt der Patient und umso mehr wiegt er. Das klappt fast immer. Also: Als RS muss man schleppen können. 80 kg und mehr durch enge Treppenhäuser“, nannte er eine der Voraussetzungen für diesen Job. „Man sollte Blut sehen können, soziales Engagement aufbringen, besonnen reagieren, lernbereit sein, im Team arbeiten und anpacken können“, fasste er zusammen. Plötzlich mitten im Gespräch tönte Michaels Piepser. Seine Kollegin signalisierte einen Einsatz. Und schon ging er wieder ab, der gelbe Wagen – mit Blaulicht und Martinshorn unterwegs, um Menschenleben zu retten.
Text & Fotos: Steffi Mrosek