Sachverständiger im Klempnerhandwerk (m/w/d)
Noten sind nicht alles
Meister und Sachverständiger Holm Böhme über das Klempnerhandwerk
War der Klempner früher ‚Herr der Rinne’, spielen Dachrinnen heute eine untergeordnete Rolle. Klempner widmen sich vorrangig dem Herstellen von Blechbauteilen für Hausdächer und Fassaden. Einzelstücke werden in der Werkstatt mit modernen Maschinen oder von Hand hergestellt und dann an und auf Gebäuden montiert. Das Konstruieren, Montieren und Reparieren sind die drei Hauptinhalte der Ausbildung.
„Noten sind nicht alles“, sagte einer, der es wissen muss: Holm Böhme (Foto rechts). Seit 1984 ist er Klempnermeister, hat einen eigenen Betrieb in Boxdorf bei Moritzburg aufgebaut, ist Ausbilder und Sachverständiger. „Geschick und Liebe an der handwerklichen Arbeit“ hält Holm Böhme für die eigentliche Voraussetzung für diesen Beruf. „Alles andere kommt von selbst.“ Diese Erfahrung hat er als Ausbilder schon häufig gemacht. Wer in diesen Beruf strebt, sollte ein bisschen zeichnen können. Auch räumliches Vorstellungsvermögen sollte vorhanden sein und natürlich etwas Geschick im Umgang mit Schere, Zangen und Hammer. Der Klempner müsse aber trotz Arbeit auf hohen Baustellen kein Artist sein. „Dafür gibt es Gerüst und Leiteraufstieg, normale Beweglichkeit reicht“, so der Fachmann. „Nur großes Übergewicht passt nicht wirklich.“
Ornamentklempnerei
Ein Spezialbereich des Betriebs von Holm Böhme ist die Ornamentklempnerei. Dabei geht es um Giebelelemente, Verzierungen, allgemein Sandsteinornamente, die im 19. Jahrhundert durch Zink und Kupfer ersetzt wurden. In den 1920er Jahren zunächst ausgestorben, wurde dieser kleine Bereich der Denkmalsanierung erst in den 1990er Jahren wiederbelebt. Da es keine eindeutige Weiterbildung für diesen anspruchsvollen Bereich der Klempnerei gibt, ging Holm Böhme die Ornamentik autodidaktisch an. Ausschlaggebend war ein Auftrag für das Dresdner Finanzministerium im Jahre 1994. Inzwischen hat sich die Firma in diesem Bereich fest etabliert, wirkte an der Sanierung der Frauenkirche mit und erfüllte zahlreiche Aufträge erfolgreich. Aktuell arbeitet die Böhme GmbH unter anderem an der Sanierung der Berliner Gedächtniskirche mit. Auftraggeber gibt es jedoch nicht nur in Deutschland. In Qingdao, einer ehemaligen deutschen Kolonie in China, wurde die Turmspitze der Evangelischen Kirche von der Böhme GmbH restauriert. Und da man die koloniale Bauweise in Qingdao am Leben erhalten möchte, wird die Zusammenarbeit mit China weitergehen.
Sachverständiger im Handwerk: anspruchsvoll und spannend
„Als Sachverständiger braucht man normalerweise mindestens zehn Jahre Berufserfahrung“, erklärt Holm Böhme. Er wurde allerdings schon als junger Meister vor der Wende zum Sachverständigen bestellt und dann per Einigungsvertrag in dieser Funktion übernommen. Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger, so lautet die offizielle Bezeichnung. Sein Spezialgebiet sind Metalldächer und Metallfassaden.
„Die Prüfung ist ziemlich hart“, erklärt der Fachmann, der selbst schon in der zuständigen Prüfungskommission saß. Bewerben kann sich jeder Meister bei der Handwerkskammer. Gutachten werden bundesweit angefordert. Es geht um Streitigkeiten zwischen Bauherren und Handwerksbetrieben oder um Beweisgutachten für spätere Gerichtsverfahren. Auch vor Gericht treten Sachverständige auf. „Das kann hart sein“, erklärt Holm Böhme. „Rechtsanwälte versuchen Gutachter gerne zu demontieren. Das kann bis zur persönlichen Beleidigung gehen.“ Bestechungsversuche oder versuchte Einflussnahmen hat er aber bislang noch nicht erlebt. Man brauche Distanz zu Berufskollegen. „Auch wenn ich jemanden gut kenne, ist der dann nur Kollege, nicht mehr und nicht weniger. Und man muss geduldig sein, denn Gutachten können sich über Jahre hinziehen.“
Auch hier hilft Holm Böhme stets die Freude am Beruf. Er lernte, wie schon sein Großvater, Klempner und erinnert sich: „Schon der erste Tag hat mir so gut gefallen, dass ich wusste, das ist der Beruf für mich.“
Text & Fotos: Christine Sylvester/Holm Böhme