Sozialarbeiter (m/w/d)
Zum Wohle des Kindes
Sozialarbeiter müssen schwierige Entscheidungen treffen
Sylvia Malik (48) sitzt an einem kleinen runden Tisch in ihrem Büro und erzählt von ihrer Arbeit. Von der Freude, wenn sich ein Kind in einer Maßnahme wirklich gut entwickelt. Von dem Druck, der auf ihnen lastet, weil sie immer alles richtig machen müssen. Davon, dass man vieles, was man gesehen hat, abends mit nach Hause nimmt, einfach nicht aus dem Sinn bekommt. „Dann ist es gut, wenn man einen Kollegen anrufen kann und das noch mal los wird.“
Sylvia ist sehr lebendig, lacht viel und ist doch oft ernst. Sie arbeitet als Sozialpädagogin mit besonderen Aufgaben im Stadtteilsozialdienst Pieschen. Der Sozialdienst gehört zum Jugendamt und seine Aufgaben sind vielfältig: Die Sozialarbeiter werden bei familiengerichtlichen Verfahren hinzugezogen, haben beratende Funktion und einen Schutzauftrag. Es geht also darum, Familien zu helfen und auch Kinder vor ihren Eltern zu schützen. „Beim Familiengericht ist z.B. unser Urteil gefragt, wenn sich Eltern bei einer Trennung um die Kinder streiten. Wir beraten aber auch Eltern bei einer Trennung, wenn sie es wünschen. Außerdem gibt es die Möglichkeit, Hilfe zur Erziehung zu beantragen. In dem Fall besuchen Sozialarbeiter die Familien regelmäßig zu Hause und helfen direkt vor Ort, Konflikte zu lösen“, erklärt Sylvia.
Nicht jeder Mensch ist fähig, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, sich selbst zu helfen. Sozialpädagogen bzw. Sozialarbeiter stärken ihn in seiner Autonomie. In Familien, bei Drogenabhängigen, Behinderten und älteren Menschen ist oft viel Einfühlungsvermögen notwendig, um Probleme anzusprechen und zu bewältigen. Darauf bereitet das Studium mit verschiedenen Studienmodulen vor u. a. sind das Funktionen und Arbeitsfelder der Sozialen Arbeit, erziehungs- und sozialwissenschaftliche, psychologische und sozialmedizinische und verwaltungswissenschaftliche und rechtswissenschaftliche Grundlagen. Und man macht ein Praktikum. Was man mitbringen sollte? Man sollte Interesse an den Problemen anderer Menschen und Durchsetzungsvermögen haben. Kritikfähigkeit sei auch wichtig, sagt Sylvia, „denn man wird kritisiert, auch von den Kollegen. Und man muss den Druck aushalten können“, fällt ihr dann noch ein, „denn was wir machen, scheint ohnehin immer falsch. Wenn wir ein Kind zu früh aus der Familie holen, ist es nicht richtig, zu spät genauso wenig.“
Sylvia ist Teamleiterin. Sie macht selbst nur noch selten Hausbesuche, das machen ihre Kollegen. Dafür haben sie Pieschen in Sektoren aufgeteilt, für die jeweils ein Kollege zuständig ist. Zum Beispiel, wenn sie von Lehrern, Nachbarn, Erziehern oder der Polizei einen Hinweis über auffällige Kinder oder eine verwahrloste Wohnung bekommen haben, geht der Kollege dorthin. Anschließend wird entschieden, wie es weitergeht. Und das fast immer im Team. „Die Arbeit im Team ist ganz wichtig. Wenn wir zum Beispiel entscheiden müssen, ob ein Kind in der Familie bleibt oder nicht. Das kann keiner alleine“, sagt Sylvia ernst, „es gibt aber auch ganz schlimme Beispiele. Wenn uns die Polizei Fotos schickt von Kindern mit schlimmen Verletzungen durch Gewalt. Dann ist es natürlich klar, das Kind muss raus aus der Familie!“
Sie mag, dass ihr Job nie langweilig wird und ganz viel möglich ist. „Neulich hatten wir wieder mal so einen richtigen Lichtblick“, sagt Sylvia. Das Jugendamt betreut „Kinder“ bis sie 21 sind. Mit 18 Jahren können sie entscheiden, ob sie weiterhin Hilfe in Anspruch nehmen wollen oder nicht. „Gerade letzte Woche hatten wir ein Gespräch mit einem jungen Mann, der jetzt 18 wird. Nachdem er jahrelang in verschiedenen Einrichtungen war, hat er letzten Sommer noch einmal die Einrichtung gewechselt. In dem dreiviertel Jahr hat er sich sehr verändert. Er möchte die 11. Klasse machen und das Abitur und noch zwei Jahre länger in der Einrichtung bleiben. Er sagt, die können mir helfen, ein eigenes Leben zu führen.“ Sylvia strahlt.
Text: Silke Ottow; Foto 1: Silke Ottow/Foto 2: Vladislav Gajic (fotolia.com)