Straßenbauer (m/w/d)
Worauf wir abfahren
Straßenbauer (m/w/d) sind stark, geschickt und wetterfest
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts zog der Abenteurer vom Wald auf die Straße. Seitdem ist er in seinem Wagen auf endlosen Highways tagelang allein unterwegs und zahlreichen Bedrohungen ausgesetzt. An Raststätten und Tankstellen lauern die modernen Wegelagerer und nicht selten gefährliche Verführungen. Die Straße ist poetisch geworden und archaisch geblieben. Einst begründeten diese asphaltierten Schneisen in der Natur ein neues Lebensgefühl. Der Mensch ist seither in der Lage, sein Tempo selbst zu bestimmen. Er fährt nicht nur. Er fliegt über die Straßen. Es sei denn, er steht im Stau. Es bleibt nicht aus, dass eine Straße oder Autobahn hier und da ausgebessert und der Verkehr an der Baustelle vorbeigefädelt werden muss. Eine Straße zu bauen oder zu renovieren, ist ein mühseliges Geschäft. Dieses Handwerk ist nicht gerade populär. Es scheint grob. Aber das ist nicht richtig.
Sven Laarz zeigt in einem Katalog seiner Firma ein Foto des Alice-Salomon-Platzes in Berlin-Hellersdorf. Er wurde mit weißen Steinplatten versiegelt, auf denen dunkle Streifen ein Rhomben-Muster bilden. Der 24-jährige Straßenbauer ist ein bisschen stolz, dass er an diesem attraktiven Platz mitgearbeitet hat. Um Gehwegplatten so sauber zu verlegen, dass sie wie aus einem Guss liegen, muss man sorgfältig arbeiten. Natürlich gibt es Hilfsmittel. Da werden Schnüre gespannt und Schienen gelegt. Trotzdem ist der Straßenbau ein Handwerk, das Erfahrung braucht.
Auch die alte, denkmalgeschützte Dorfstraße vor seinem Elternhaus hat Sven inzwischen miterneuert. „Die alten Steine wurden ausgegabelt, dann wurde in einer Schüttelmulde der Sand rausgeschüttelt und anschließend wurden sie wieder versetzt“, erzählt er. „Damit die Straße nicht wieder so bucklig wird, wurden vierzig Zentimeter Boden ausgebaut und eine Tragschicht aus Naturschotter eingebaut.“ Sven arbeitete auf den fünf Metern Straßenbreite im Team mit drei Mann. Jeder einzelne der alten Kopfsteine wurde von ihnen in Handarbeit wieder versetzt. Anschließend fuhr ein so genannter Rüttler darüber und glättete und verdichtete die Pflasterdecke. Bagger und Walze fährt Sven aber nicht. Das machen Baumaschinisten. Sein Job sind die Steine, der Asphalt und Beton.
Begonnen hat alles mit einem Schüler-Praktikum. Die Firma STRATIEF Berlin, wo Sven heute beschäftigt ist, lag in der Nachbarschaft. Also ging er rüber und fragte nach. Als Schüler rührte er Kalk, Sand und Wasser in großen Bottichen zu Kalkmörtel und schleppte Steine. Es gefiel ihm, den ganzen Tag draußen im Team zu arbeiten. Er bewarb sich bei STRATIEF Berlin um einen Ausbildungsplatz.
Die Ausbildung zum Straßenbauer dauert drei Jahre. Nach zwei Jahren ist man Tiefbaufacharbeiter und kann in Absprache mit dem Ausbildungsbetrieb entscheiden, ob man im dritten Ausbildungsjahr die Spezialrichtung Straßenbau einschlägt, wobei man sich noch einmal zwischen Steinstraßen- und Asphaltstraßenbau entscheiden kann. Im Asphaltstraßenbau ist natürlich alles eine Nummer größer. Hier geht es um Bundesstraßen und Autobahnen. Das heißt für viele Straßenbauer, wochenlang auf Montage zu fahren.
Straßenbauer arbeiten saisonal in den Sommermonaten. Wind- und wetterfest sollte ein Straßenbauer sein, vor allem hitzebeständig. Im Winter wird vielen gekündigt. Im Frühjahr steigen sie dann wieder in ihre Firmen ein. In Svens Firma ist das nicht so. Er kann im Winter Mehrstunden abbummeln, Resturlaub nehmen oder er bekommt
Saisonkurzarbeitergeld, wenn der Winter besonders lang ist. Sven nimmt im Winter seinen Jahresurlaub. Es trifft sich gut, dass er gern Wintersport treibt. Außerdem hält er sich mit Schwimmen und Fitness in Form. Anstrengend ist der Beruf schon, aber Sven möchte auf jeden Fall dabeibleiben. Er könnte Vorarbeiter werden oder Meister. Im Moment hat er aber keinen Karrieresprung geplant. Er zieht gern in aller Frühe los und freut sich auf das Baustellen-Team. „Ich mag an dieser Arbeit, dass ich am Ende des Tages immer sehe, was ich gemacht habe“, sagt er.
Wenn er im Winter mit dem Auto in ein Skigebiet fährt, betrachtet er die Straßen mit den Augen des Handwerkers. Aber das ist schließlich auch ein Abenteuer.
Text & Foto: Kathrin Schrader