Technischer Redakteur (m/w/d)
Technische Redakteure machen die Welt userfreundlich
Immer mehr Firmen erkennen, dass gut und verständlich geschriebene Gebrauchsanweisungen und Dokumentationen ein echter Marktvorteil sind
In den Arbeitsfeldern Technischer Redakteure (m/w/d) kommt es weniger auf eine flotte Schreibe an, sondern auf analytisches Denken und die Fähigkeit, zu strukturieren. Denn sie erstellen Informationsprodukte, in denen sie zielgruppenoptimiert komplizierte technische Zusammenhänge vermitteln, um den Lesern das Verstehen zu erleichtern. Der Klassiker ist die Gebrauchsanweisung für technische Geräte oder Apps. Doch welches Potenzial steckt sonst noch in diesem Beruf, dem ja immerhin eine Fachhochschulausbildung vorausgeht?

Anne-Susann Linde, 32 Jahre, im Hintergrund die Produktionshalle des APK, Teil des „Werks“. Die AKP ist mit ®Newcycling auf Expansionskurs. Anne-Susann ist dabei.
Ich habe Anne-Susann Linde über die Schulter geschaut. Sie hat vor wenigen Wochen in einem Unternehmen angefangen, das in einem neuen Verfahren Plastikabfälle recycelt, und zwar so genial gut, dass am Ende ein Kreislauf aus Produktion, Recycling und hundertprozentiger Wiederverwendung steht. Das Start-up befindet sich in Merseburg, einem Industriestandort mit einer langen Geschichte in der Herstellung erdölbasierter Produkte. Hier sind mehrere mittlere und kleine Firmen beheimatet, darunter Anne-Susanns Arbeitgeberin, die APK AG. Die Abkürzung steht für Aluminium, Plastik und Kunststsoffe, die Grundstoffe, die das Unternehmen recycelt.
Anne-Susann hat sich für die Arbeit am Text entschieden. Während des Studiums sind auch andere Vertiefungen möglich, beispielsweise für Web-Anwendungen, Grafik oder Apps.
Anne-Susanns erstes Projekt war die inhaltliche und optische Anpassung von insgesamt 46 betriebsinternen Formularen, mit denen Ingenieure, Produktionsarbeiter, Einkäufer, Vertriebsleute, Projektmanager, Controller und viele andere arbeiten. Dazu gehören Sicherheitsbestimmungen, technische Datenblätter und Arbeitsanweisungen für Maschinen, Inventarlisten, Betriebsabläufe, Qualitätskontrollen und so weiter. Das alles sollte inhaltlich überarbeitet – und dann CI-konform sowie übersichtlich, korrekt, gut verständlich und optisch ansprechend gestaltet werden, damit das Ausfüllen der Formulare problemlos von der Hand geht und auch ein bisschen Spaß macht.
Inhaltliche Anpassung bedeutet, dass die technischen Informationen der Dokumente überprüft, aktualisiert und vervollständigt werden. Dabei hält sie mit den Autoren – das sind in dem Falle die Ingenieure des Betriebs – Rücksprache. Beim Erstellen der Formulare achtet Anne-Susann vor allem auf eine verständliche Sprache – sowohl textlich als auch visuell – die schnell aufzufassen und deshalb userfreundlich ist. Als Technische Redakteurin weiß sie, welche Angaben auf jedem Dokument Pflicht sind, damit es rechtskonform ist und berücksichtigt dies. Natürlich beherrscht sie die Kür: die ansprechende, optische Gestaltung. Auf ihrem Desk liegen zum einen die Texte der Ingenieure, die der Redakteurin zuarbeiten, und das von einer Marketing-Agentur entwickelte Corporate Design des Unternehmens. Dazu gehören Layout, die Verwendung des Logos und der Einsatz bestimmter Schrifttypen.
Kommunikative Fähigkeiten wie Sprachbegabung und gutes Zuhören, Verhandlungsgeschick und das Auch-mal-nerven-können gehören zu ihren Soft-Skills. Da die APK AG auch mit internationalen Projektpartnern zusammenarbeitet, wurden sämtliche Dokumente auch in englischer Sprache angelegt. „Ohne gute Englisch-Kenntnisse geht auch in diesem Beruf nichts.“
Übrigens arbeiten technische Redakteure auch in entsprechend profilierten Marketing-Agenturen oder auch im Marketing großer Firmen. Anne-Susann hatte beispielsweise während des Studiums einen Werkvertrag mit dem Mineralölunternehmen TotalEnergies Raffinerie Mitteldeutschland GmbH – Ihr kennt den Namen von den Tankstellen. Dort arbeitete sie im Bereich interne Kommunikation, also von Konzern bzw. Geschäftsführungzu den Mitarbeitern.
Was studieren Technische Redakteure?
Der Studiengang, den Anne-Susann an der Hochschule Merseburg absolvierte, heißt Technisches Informationsdesign. Die Studiengänge haben an den wenigen Hochschulen, die Technische Redakteure ausbilden, verschiedene Namen, aber im Wesentlichen geht es überall um zwei Bereiche: Wissenschaftlich-Technisches Grundlagenwissen und Design. Du solltest gute Deutschkenntnisse und Interesse an Technik mitbringen sowie aufgeschlossen für Grafik und Design sein. Es geht vor allem um das Verstehen technischer Prozesse, die du an alle Menschen kommunizieren möchtest, also auch an Technik-Dummies und Menschen, die keine digital natives sind. Wenn Du während des Studiums feststellst, dass Dir die gestalterische Arbeit, also Grafik und Design, mehr zusagen, kannst Du diese Inhalte im zweiten Teil des Studiums vertiefen. Am Ende schließt Du wie Anne-Susann mit einem Bachelor of Engineering ab. In Merseburg baut der Master-Studiengang Informationsdesign und Medienmanagement auf dem Bachelor auf.
Daran mitarbeiten, dass ein Team zusammenwächst
Wie sehen die Pläne von Anne-Susann aus? Jetzt möchte sie sich erst einmal bei APK einarbeiten und die Zukunft der Firma mitgestalten. Mit ihr zusammen wurden weitere vier Mitarbeiter eingestellt. Der Betrieb expandiert. Anne-Susann geht davon aus, dass in Zukunft weitere Technische Redakteure eingestellt werden. „Ich möchte daran mitarbeiten, dass dieses Team gut zusammenwächst.“
Text & Fotos: Kathrin Schrader