Uhrmacher (m/w/d)
Je komplizierter desto besser
Die Uhrmacher/-innen bei A. Lange & Söhne fertigen technische Meisterwerke
„Zeit ist eine kostbare Ausgabe“, erkannte schon der griechische Philosoph Theophrast. Dass auch Zeitmesser eine kostbare Ausgabe sein können, wissen Uhrenliebhaber in aller Welt. Höchste Uhrmacherkunst in Verbindung mit spannenden Innovationen prägen den Charakter und begründen die Kostbarkeit der berühmten, mechanischen „A. Lange & Söhne“-Uhren aus Glashütte.
„Diese Uhr hier kostet 52.100 Euro.“ Stolz weist Stefan Baar auf die Armbanduhr, die auseinandergebaut vor ihm liegt. „Ich arbeite gerade am Modul des Ewigen Kalenders dieser Langematik-Perpetual, eine unserer Komplikationen“. Ehrfurchtsvolle Zwischenfrage: Komplikationen? „Das sind Zusatzaufbauten, raffinierte Extras, auf der normalen Drei-Zeiger-Uhr. Neben dem typischen Lange-Großdatum und den Sekunden-, Minuten-, Stundenzeigern gehört zur Komplikation des Ewigen Kalenders auch: die Mondphase, der Wochentag, die Tag- und Nachtanzeige, die Monats- und Schaltjahresanzeige,“ erklärt Stefan Baar. Begeisterung ist ihm anzusehen: „Je komplizierter desto besser! Gerade in der Luxusuhrmacherei geht der Trend zu immer ausgereifteren Komplikationen. Da ist noch sehr viel zu lernen.“
Ist es nicht spannend zu wissen, dass beispielsweise bei dieser Langematik-Perpetual erst im nächsten Säkularjahr, genauer gesagt am 28. Februar 2100, die Datumsanzeige um einen Tag vorgestellt werden muss?! Das alles bedingt höchste Präzisionsarbeit. Stell dir vor: Ca. 500 winzig kleine Teilchen sind notwendig, um die exakte Zeit in verschiedenen Einheiten zu messen. Ein komplex ineinandergreifender kunstvoller Mechanismus aus Rädchen, Hebeln, Kloben und Schrauben.
Nach dem Abitur bewarb sich Stefan bei der Lange Uhren GmbH, als er hörte, dass im traditionsreichen Glashütte wieder Uhren gebaut werden und Uhrmacher gesucht werden. Er absolvierte einen zweitägigen Einstellungstest mit Firmenrundgang, der ihn absolut begeisterte.
Im Sommer 2003 lernte Stefan aus und ist seitdem im Service tätig. Ein halbes Jahr nach Ausbildungsende begann er einen Meisterkurs, den er im Oktober 2005 erfolgreich beendete.
Er und seine Kollegen reparieren und warten alle Lange-Armbanduhren, die seit 1994 mit Markteintritt der Firma gebaut wurden. Er mag komplexes Denken und den Umgang mit den hochwertigen Uhren. „Wir sind befähigt, unsere Uhren komplett zu zerlegen, Fehler zu finden, zu beheben, neue Teile einzubauen, die Uhr zu reinigen, zu montieren und sie wieder so einzuregulieren, dass sie unseren Qualitätsansprüchen an die Ganggenauigkeit genügt. Bei uns im Service hat man den Vorteil, nicht nur einzelne Baugruppen zusammenzusetzen, sondern die komplette Uhr vollständig reparieren zu können mit allem, was dazu gehört: wie z.B. das Räderwerk justieren, das Spirale legen, den Isochronismus (Anm. Red. Frequenzkonstanz) einstellen, das Einregulieren und das Uhrwerk in das Gehäuse einsetzen.“ Die Arbeit ist sehr diffizil und kann schon einige Tage in Anspruch nehmen. Sie erfordert von den Uhrmachern neben handwerklichem Wissen und Können enorme Konzentration, Exaktheit, Fingerfertigkeit und sehr viel Geduld. Aber keine Angst: „Man wird mehrere Monate darauf angelernt, den Aufbau und das Zusammenspiel der Einzelteile und jedes einzelnen Moduls zu verstehen und zu beherrschen. Anpassen, schleifen und polieren, jedes Teil muss individuell eingepasst werden und deswegen sind die Uhren auch so teuer,“ versichert der 25-Jährige. Er greift zur Pinzette, zieht seine Lupe vors Auge und beteuert: „Uhrmacher ist ein relativ seltener Beruf, aber einer mit einem hohen Bekanntheitsgrad. Wenn man irgendwo in der Welt unterwegs ist und erzählt, dass man bei A. Lange & Söhne arbeitet, dann wissen die Leute sofort: Exklusive Uhren aus Glashütte.“
Text: Steffi Mrosek; Fotos: Steffi Mrosek/Lange Uhren GmbH