Verwaltungswirt im Gehobenen Auswärtigen Dienst (m/w/d), Studium
Das eigene Land im Koffer
Verwaltungswirte/-innen im Gehobenen Auswärtigen Dienst repräsentieren in der ganzen Welt Recht, Kultur und Wirtschaft der Bundesrepublik Deutschland
An welchem Ort sie die nächsten Jahre ihres Lebens verbringen wird, weiß Anne Schimmelpfennig jetzt noch nicht. Sie ist entspannt. Sie wird es früh genug wissen, um sich über ihr neues, temporäres Zuhause informieren und einen Sprachkurs belegen zu können. Nach je vier Jahren in Seoul und Almaty und neun Monaten in der Türkei weiß sie, dass sie in unterschiedlichen Kulturen leben und überall auf der Welt Freunde finden kann. Gerade arbeitet sie in ihrer Heimatstadt Berlin, in der Zentrale des Auswärtigen Amtes im Referat für Visumrecht. Sie ist Prozess-Vertreterin, das heißt: Sobald ein Bürger aus dem Ausland die Bundesrepublik verklagt, weil er kein Visum für das Land bekommt, vertritt die 33-jährige Anne die Bundesrepublik Deutschland vor Gericht. Eine verantwortungsvolle Aufgabe, wie alle, die sie nach dem dreijährigen Studium zur Diplom-Verwaltungswirtin im Gehobenen Auswärtigen Dienst bisher innehatte.
In Seoul, wo sie ihre erste Stelle antrat, war sie Ansprechpartnerin für in Not geratene Deutsche. In Almaty war es ihre Aufgabe, kulturelle und wirtschaftliche Kooperationen anzubahnen und sich für die deutsche Minderheit in Kasachstan zu engagieren. Sie organisierte Veranstaltungen, vom Konzert bis zum Vortrag über Umweltschutz, holte deutsche Filme ins Land und deutsche Unternehmer auf Messen.
Anne bereut ihre Entscheidung für den diplomatischen Dienst nicht. Schließlich geht es darum, Menschen Hilfe angedeihen zu lassen, ihnen zu ihrem Recht zu verhelfen, zu vermitteln und das eigene Land zu repräsentieren.
Als sie ihr Abitur machte, hörte sie in einem Berufsinformationszentrum von dem dreijährigen Studium und beteiligte sich an dem anschließenden Bewerbungs-Test, eigentlich nur, weil sie unbedingt mal einen Bewerbungs-Test machen wollte. Als kurze Zeit darauf die Einladung zum mündlichen Auswahlverfahren in Bonn kam, überlegte sie doch, ob sie sich auf die Reise begibt. Der Faszination für das Arbeiten im Ausland und der Lust auf immer neue Herausforderungen standen Bedenken gegenüber: Bin ich dem gewachsen? Bin ich bereit, in jedes Land der Welt zu gehen, auch dahin, wo die Lebensumstände nicht einfach sind?
„Kasachstan zum Beispiel stellte ich mir eher langweilig vor“, erzählt sie. „Aber dort habe ich wunderbare Freundschaften geschlossen, die mir noch immer wichtig sind. Ich wäre gern länger geblieben.“ Doch das Rotationsprinzip des Auswärtigen Amts sieht Wechsel aller drei, spätestens vier Jahre vor.
Disziplin, Offenheit und eine positive Einstellung hält Anne für die wichtigsten Voraussetzungen für ihren Beruf. „Wenn die positive Einstellung überwiegt, kommt man eigentlich mit allen Situationen zurecht.“
In der Ausbildung stehen die Bereiche Recht, Wirtschaft und Verwaltung im Mittelpunkt. Außerdem werden Englisch und Französisch unterrichtet. Kenntnisse in diesen beiden Sprachen werden bereits im Bewerbungsverfahren getestet. Zum Studium gehören außerdem ein fünfmonatiges Praktikum im Inland und ein neunmonatiges Auslandspraktikum.
In diesem Jahr möchte Anne heiraten. Ihr zukünftiger Ehemann ist bereit, sie an den nächsten Einsatzort zu begleiten. Aller drei bis vier Jahre werden sie zukünftig umziehen müssen. Das Auswärtige Amt unterstützt die Partner der Angestellten und Beamten, mit einem Berufseingliederungsprogramm zum Beispiel. „Wir haben vorher geschaut, an welchen Orten die Firma, für die mein Freund arbeitet, Niederlassungen hat, wo er also arbeiten könnte. Für diese Länder habe ich mich beworben.“
Anne könnte später einmal einen Rechts- oder Konsularbereich leiten oder als Kanzlerin den reibungslosen Betriebsablauf an einer Auslandsvertretung verantworten. Gute Chancen hat sie, denn über 50 Prozent aller Kanzler/-innen im Gehobenen Dienst sind weiblich.
Text & Foto: Kathrin Schrader