Werkstoffprüfer (m/w/d)
Fast eine Doktorarbeit
Mit Sorgfalt und Verantwortungsgefühl – Werkstoffprüfer sind in allen Industriezweigen unentbehrlich
Hinter der schlichten Berufsbezeichnung stecken vielfältige Einsatzmöglichkeiten, vor allem in der Metall- und Elektroindustrie. Wenn du einen guten Realschulabschluss und Spaß an Physik, Chemie und Mathe hast, solltest du unbedingt weiterlesen.
Marty Gerlach packt eine mobile, orangefarbene Röntgenröhre und ein Ultraschallgerät, das aussieht wie ein schweres Laptop, ins Auto und los geht’s, zu einer Firma, die Bauteile für das neue Schiffshebewerk in Niederfinow herstellt. Im Wagen befindet sich auch eine Dunkelkammer zur Entwicklung der Röntgenaufnahmen. Marty ist Werkstoffprüfer im Fachbereich Metalltechnik.
Gleich nach seiner Ausbildung hat er sich bei der ZEROS GmbH beworben, einem Dienstleister, der zerstörungsfreie Prüfverfahren anbietet. Das muss man als zukünftiger Werkstoffprüfer wissen: Es gibt zerstörende und zerstörungsfreie Prüfverfahren. Die zerstörungsfreien sind beliebter, denn dabei geht nichts kaputt. Sie bestehen in Werkstoffuntersuchungen mittels Ultraschall und Röntgen oder chemisch, durch Magnetpulver- und Farbeindringprüfung. Das sind die Prüfverfahren, mit denen Marty in seinem Berufsalltag am meisten arbeitet. Es gibt aber noch mehr.
Nicht jeder Werkstoffprüfer ist so viel unterwegs wie er. Viele große Industriebetriebe haben eigene Prüflabore. Und nicht jeder hat mit so großen und schweren Teilen wie Marty zu tun. Es geht auch kleiner und feiner, zum Beispiel in der Elektroindustrie. Da gehört ein Elektronenmikroskop an den Arbeitsplatz. Mikrochips und Schaltkreise werden getestet und kontrolliert.
Marty Gerlach wird heute Schweißnähte prüfen. „Da können viele Fehler passieren. Die Nähte können porös sein oder es können Schlacken reingelaufen sein. Es kann zu Bindefehlern kommen, wenn das Material nicht richtig aufgeschmolzen wurde.“ Bestenfalls kann ein Werkstoffprüfer die Fehlerursache benennen. Ein bisschen muss Marty sich wie ein Arzt fühlen mit Ultraschall und Röntgen und der anschließenden Diagnose, nur dass seine „Patienten“ riesig sind und schwer und die Arbeit ziemlich schmutzig. Aber nicht grob. Was die Verantwortung betrifft, kann Marty sich durchaus mit einem Arzt vergleichen. Es geht zwar um Maschinenteile und nicht um Menschen, aber wenn Brücken, Flugzeug- und Eisenbahnteile oder eben das Schiffshebewerk irgendwo fehlerhaft sind, kann das eine Katastrophe auslösen. Sorgfalt ist deshalb wichtig. Manchmal dauert es ein bisschen länger. Auch das ist wie beim Arzt. „Mein Feierabend ist nicht ganz sicher. Es kann vorkommen, dass ein Prüfverfahren mehr Zeit braucht, als wir eingeplant haben. Ein bisschen Flexibilität sollte man für diesen Beruf mitbringen.“
Der 26-Jährige hat schon viele Betriebe von innen gesehen: Gießereien, Schmieden, Rohrleitungs-, Brücken-, Bahn- und Flugzeugbauer. Wegen Letzteren befindet sich die Firma ZEROS an der neuen Straße zum zukünftigen Hauptstadtflughafen. Im Moment geht es auf der Straße noch recht ruhig zu. Bei ZEROS gibt es derweil viel zu tun.
Marty bewarb sich für diese Ausbildung mit dem Realschulabschluss an der Technischen Universität Berlin. Diese duale Ausbildung bieten einige Universitäten an. Die meisten erlernen den Beruf aber in einem großen Industriebetrieb. Auch das solltet ihr wissen: Die dreieinhalbjährige Ausbildung wird in verschiedenen Fachrichtungen angeboten. Die häufigsten sind die Metalltechnik und Halbleitertechnik, außerdem System-, Kunststoff- und Wärmebehandlungstechnik. In den Namen stecken die Unterschiede schon ein bisschen drin. Das Berufenet der Arbeitsagentur informiert genauer über die einzelnen Fachrichtungen.
Morgen wird Marty den ganzen Tag im Büro verbringen und Protokolle schreiben. Falls er Lust hat, später das Abitur nachzuholen, könnte er studieren und einen NDT-Master erwerben (Non-Destructive-Testing).
Text & Fotos: Kathrin Schrader