Informatiker wie Saskia und Tobias dirigieren Roboter und begeistern die junge Generation für Algorithmen und Daten

Fußballtrainer 2.0: Seit 2015 gehört Tobias zum Roboterfußballteam der HTWK in Leipzig. Dass er sofort sieht, wie sich die Programmierung auf seine Schützlinge auswirkt, fasziniert ihn heute immer noch.
Schon längst rollen Roboter nicht mehr nur durch den Staub des Planeten Mars oder schweißen in Werkhallen Autos zusammen. Heute saugen sie den Fußboden, mähen den Rasen, spielen Fußball und begeistern Kinder für die Informatik.
Saskia Dübener ist 19 und studiert Lehramt Informatik im ersten Semester an der Universität Leipzig. Tobias Jagla ist 28. Seinen Bachelor in Informatik hat er an der HTWK in Leipzig abgeschlossen. Für seinen Master ist er später an die Universität der Messestadt gewechselt. Was die beiden verbindet, ist ihre Liebe zur Informatik. Und Roboter.
Sie gehören zu den Digital Natives. So nennt man jene Generation, die nach 1980 das Licht der Welt erblickt hat. Die mit digitaler Technik aufgewachsen ist. Die Informatik quasi mit der Muttermilch aufgesogen und am Smartphone gespielt hat, bevor sie richtig laufen konnte. Müsste Informatik nicht längst ihre Weltanschauung; Programmiersprachen ihre Muttersprache sein? Saskia hat da ihre Zweifel: „Jeder hat ein Smartphone. Jeder hat einen Computer. Und trotzdem habe ich das Gefühl, viele verstehen gar nicht, womit sie da umgehen. Ich finde es sehr wichtig, dass jeder Mensch ein gewisses Grundverständnis für Informatik besitzt.“ Auch deshalb hat sie sich für das Lehramtstudium entschieden.
Keine Angst vor Mathe
Ihr Erstkontakt mit den Computerwissenschaften war einerseits wenig fordernd. „Im Info-Unterricht in der Schule mussten wir einen Taschenrechner programmieren“, erzählt sie. „Der sagte mir dann: zwei plus zwei ist vier. Das war unfassbar langweilig.“ Aber andererseits hat ihr genau diese Erkenntnis einen Weg gezeigt. Die Frage, die sie von nun an nicht mehr losließ, war: Wie lässt sich das Ganze spannender gestalten. Als Mitglied der Junior-Ingenieur-Akademie, einem von der Deutschen Telekom Stiftung geförderten Projekt, hat sie bereits in der Oberstufe in die Informatik schnuppern können und mit drei Mitschülern beschlossen: Wir bauen kleine Roboter, um andere für das Fach zu begeistern. So sind die Dezibots entstanden. „Unser Ziel ist, Schüler über unsere Roboter an die Informatik und an das Programmieren heranzuführen“, erzählt die 19-Jährige.
Auch Tobias‘ Wunsch, das Jonglieren mit Daten und Algorithmen zum Beruf zu machen, hat seine Wurzeln im Informatikunterricht. „In der Schule war der nicht wirklich fordernd“, erinnert sich der 28-Jährige. „Wir haben gelernt, Excel und Word zu bedienen. Aber in der zehnten Klasse kam dann ein richtig cooler Informatiklehrer. Der hat uns Programmieren beigebracht. Das kannte ich bis dahin noch gar nicht. Aber ich wusste sofort: Ich werde Informatik studieren.“
Doch muss man nicht ein Mathe-Genie sein, um Computern zu sagen, wo es langgeht? „Es ist schon leichter, wenn man ein gewisses mathematisches Verständnis hat“, erzählt Saskia, „Dann sind viele Konstrukte, auf die man in den Vorlesungen stößt, gar nicht so verworren. Aber trotzdem: Man muss Mathe nicht lieben, um sich für Informatik zu entscheiden.“ Dass die Angst vor zu viel abstraktem Mathe eine Hemmschwelle für das Studium ist, weiß auch Tobias. „So pauschal ist das aber nicht gerechtfertigt“, sagt er. „Wer sich für theoretische Informatik entscheidet, sollte Mathe schon sehr mögen. Wer sich aber eher in der praktischen oder der technischen Informatik sieht, kommt mit grundsätzlichem logischen Verständnis gut voran.“

Weniger abstrakt = mehr Spaß: Mit ihren Dezibots will Saskia junge Menschen für die Informatik begeistern. Und auch Tobias nutzt die kleinen Roboter für seine Doktorarbeit.
Roboter machen Informatik anschaulicher
Denn während theoretische Informatiker abstrakte Probleme wälzen und mathematisch fundierte Theorien entwickeln, lösen praktische Informatiker die Probleme des Alltags, verwalten Daten, entwickeln Algorithmen und programmieren Software. Technische Informatiker wiederum sind in der Hardware zuhause. Sie kennen sich mit Mikroprozessoren und Rechnernetzen aus und programmieren die Schnittstelle für spätere Anwendungssoftware. Die Grundlagen von Computersystemen, Algorithmen, Datenbanken und Programmiersprachen lernen alle Informatiker. Die Entscheidung für einen der drei Zweige trifft jeder später im Studium mit der Wahl seiner Kurse.
Tobias und Saskia hat es in die praktische Richtung gezogen. Und bei beiden waren Roboter das unwiderstehliche Lockmittel. „Albert Einstein hat einmal gesagt: Beim Holzhacken sieht man sofort das Ergebnis.“ Tobias schmunzelt. „Beim Roboter programmieren ist das genauso. An seiner Reaktion verstehe ich, was ich da gerade gemacht habe.“ Auch das war ein Grund dafür, dass er 2015 in das Roboterfußballteam der HTWK eintrat. Seither „trainiert“ er seine gut einen halben Meter großen Schützlinge und bereitet sie auf den jährlichen RoboCup – die Weltmeisterschaft im Roboterfußball – vor.
Saskias Roboter hingegen sind echte Winzlinge und finden auf der flachen Hand Platz. „Einen Roboter durch die Gegend zu steuern, blinken zu lassen und gleichzeitig auf seinem Display verschiedene Bilder anzuzeigen, das macht richtig Spaß“, sagt sie. „Damit das jeder Schüler erfahren kann, müssen die Roboter aber klein und vor allem kostengünstig sein.“ Mit den Dezibots, denen sie während des Studiums treu geblieben ist, hat sie das nun erreicht. Und auch Tobias konnte sie von den Winzlingen überzeugen. Denn der schreibt aktuell an seiner Doktorarbeit. Kern seiner Forschung ist die Schwarmintelligenz. Mit Methoden der künstlichen Intelligenz will er die Dezibots vernetzen und dem Schwarm eine Eigendynamik geben – so, wie es Ameisen oder Bienen in der Natur auch tun.
Und was lässt sich nach dem Studium mit all dem Wissen über Daten, Algorithmen und Roboter anfangen? Nun: Lehramtsstudenten wie Saskia werden später einmal dafür sorgen, dass Informatikunterricht an Schulen mehr als Word, Excel und der selbstgeschriebene Taschenrechner ist. Und Informatiker wie Tobias forschen entweder an der Technologie von morgen oder finden in der Wirtschaft ihren Traumjob. „Zum Beispiel in der Medizintechnik. Das ist ein sehr weites Feld und wenn man von Robotik Ahnung hat, ist man da sehr gut aufgehoben“, sagt Saskia. „Und natürlich in der Automobilbranche“, fügt Tobias hinzu. „Da stehen die Roboter nicht nur in den Werkhallen. Das Auto wird aktuell auch selbst zum Roboter. Autonome Fahrzeuge haben zwar keine Arme, entscheiden aber selber, ob sie zum Beispiel über eine Ampel fahren oder lieber warten.“
Text: Kai Dürfeld / Fotos: Antje Kraemer Photography
Studiengang „Informatik Lehramt“ (z.B. an der Universität Leipzig)
Das Studium startet immer im Wintersemester, dauert 10 Semester und schließt mit dem ersten Staatsexamen ab.
Voraussetzungen:
Hochschulreife und ein phoniatrisches Gutachten (Facharztbescheinigung über die stimmliche Tauglichkeit für stimmintensive Studiengänge)
Weitere Infos:
www.leipzig-studieren.de/informatik-lehramt-staatsexamen/
Studiengang „Informatik“ (z.B. an der HTWK Leipzig)
Das Bachelor-Studium startet immer im Wintersemester, dauert 6 Semester und schließt mit dem Bachelor of Science (B.Sc.) ab. Darauf aufbauend kann ein 4 Semester dauerndes Masterstudium gewählt werden, dass mit dem akademischen Grad Master of Science (M.Sc.) abschließt.
Voraussetzungen:
Allgemeine oder fachgebundene Hochschulreife, Fachhochschulreife oder gleichwertiger Hochschulzugang für den Bachelor-Studiengang; Bachelor oder vergleichbarer Abschluss in der Informatik oder einem anderen mathematisch-naturwissenschaftlichen Gebiet mit starkem Informatikbezug für den Master
Weitere Infos:
fim.htwk-leipzig.de/studium/bachelorstudiengaenge/informatik/studium-informatik/studium-im-ueberblick/