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twas bewegen…
Der Freiwilligendienst ist eine ganz besondere Erfahrung
Mein Name ist Julia Schaffrinna. Ich bin 18 Jahre alt und habe im Sommer mein Abitur in Hoyerswerda erfolgreich abgeschlossen. Bei meiner Überlegung, was ich nach dem Abitur studieren soll, habe ich mich dazu entschieden, zuerst ein Freiwilliges Soziales Jahr in Ghana (Ghana deshalb, weil ich mich sehr für die ghanaische Kultur interessiere) zu absolvieren. Genauer gesagt einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst mit „weltwärts“. Dies ist ein vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) initiiertes und gefördertes Programm. Mit „weltwärts“ können junge Menschen in „Entwicklungs- und Schwellenländer“ ausreisen. „weltwärts“ ermöglicht einen interkulturellen Austausch und Einblicke in entwicklungspolitische Zusammenhänge. Der Freiwilligendienst macht globale Abhängigkeiten und Wechselwirkungen bewusst und durch das Leben vor Ort und das Arbeiten in Einsatzstellen als gestaltbare Prozesse begreifbar. Durch „weltwärts“ werden gegenseitige Achtung, Toleranz und Respekt gefördert. Diese Aspekte haben mich vom Programm überzeugt. Es geht nicht vorrangig um das Helfen vor Ort, sondern um das gegenseitige Voneinander-Lernen, den Austausch zwischen Kulturen und vor allem um das weitere Engagement mithilfe dieser neuen Erfahrungen nach der Rückkehr.
Seit dem 2. September 2018 lebe ich nun bereits in Ghana. Meine neue Heimatstadt heißt Agona Swedru. Hier wohne ich zusammen mit einer anderen Freiwilligen aus Deutschland in einer Gastfamilie in einem schönen Haus mit einem kleinen Garten. Wenn ich Fragen habe, wird mir immer geholfen und oft sitzen wir am Abend mit unserer Gastmutter vor dem Fernseher und reden und lachen über alles Mögliche.
Ich arbeite bis zum August 2019 als Unterrichtsassistenz in der „Salvation Army Primary school“ hier in Agona Swedru. Dort wurde ich der 5. Klasse zugeteilt, die ich nun begleiten und dessen Lehrer ich unterstützen darf. Die Klasse umfasst ca. 60 Schüler und Schülerinnen. Momentan bin ich dafür zuständig, die Hausaufgaben und die Übungen, die während des Unterrichts gemacht werden, zu kontrollieren. Außerdem sitze ich mit im Unterricht, um den Lernstoff und die Lehrmethoden kennenzulernen, um in Zukunft auch selber zu unterrichten. Auf meinem Fußweg zur Schule treffe ich Menschen, die sich erkundigen, wie es mir geht und Kinder, die mir „Obruni“ („Weißer“) entgegenrufen und sich freuen, wenn ich ihnen winke. Diese Offenheit und Freundlichkeit der Ghanaer tragen dazu bei, dass ich mich hier willkommen fühle und ich weiß jetzt schon, dass ich diese kleinen Gesten in Deutschland vermissen werde. Die Schüler und auch ich treffen jeden Tag gegen 7:30 Uhr in der Schule ein. Um 8:00 Uhr versammeln sich alle zum „Assembly“. Es wird gemeinsam die Nationalhymne gesungen und gebetet. Danach beginnt der Unterricht, meistens dann, wenn ein Großteil der Schüler da ist − zwischen 8:30 und 9:00 Uhr. In Ghana spielen feste Uhrzeiten eigentlich keine Rolle. Es wird nach der Mentalität gelebt, dass alles seine richtige Zeit hat. Wenn es mal regnet, kann es also schon mal dauern, bis der Unterricht losgeht, da viele Schüler und Lehrer zu Hause warten, bis der Regen aufhört, bevor sie den Schulweg antreten.
In Deutschland wäre das unvorstellbar. Ich habe mich bereits jetzt so sehr daran gewöhnt, dass es für mich ganz normal ist und ich diese Gelassenheit sehr wertschätze. In den Schulpausen kommen oft Kinder zu mir und wir unterhalten uns oder kaufen uns ein Eis. Auch die Kollegen sind sehr freundlich und immer bereit, zu plaudern. Mein Arbeitstag endet um 14:00 Uhr. Am Nachmittag gibt es oft etwas zu erledigen. Entweder werden Einkäufe getätigt oder ich treffe mich mit den anderen Freiwilligen, um über den Markt zu gehen, die schönen Stoffe zu bewundern oder unsere nächsten Reisen zu planen. Die Wochenenden nutzen wir oft, um Ausflüge zu machen. Zum Beispiel an den Strand nach Winneba, den wir in ca. 30 Minuten erreichen können.
Ich fühle mich in Ghana wirklich gut aufgehoben. Ich habe eine deutsche und eine ghanaische Organisation vor Ort, die sich beide super um mich kümmern. Es braucht natürlich ein bisschen, um sich der neuen Kultur anzupassen, an das Essen, das Wetter, die Religion usw. Aber genau dafür bin ich ja hier und ich freue mich auf meine neuen Erfahrungen und bin unglaublich dankbar dafür, sie an andere weitergeben zu dürfen. Ich bin mir sicher, dass ich noch viele neue, aufregende Dinge erleben werde und hoffe, dass ich mit diesem Artikel einen kleinen Einblick in meinen Alltag geben und vielleicht auch etwas Interesse wecken konnte.
Text und Fotos: Julia Schaffrinna | Sliderfotos: Foto li. u.:, Mi.: Foto 1: Denis Kuvaev, Foto 2: Axel Bueckert, Foto 3: Air Images (shutterstock.com)
Freiwilligendienste
Bundesfreiwilligendienst
Der Bundesfreiwilligendienst wird vom Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) koordiniert. Beim Bundesfreiwilligendienst können sich Männer und Frauen ab 16 Jahren, nach Beendigung der Pflichtschulzeit sozial engagieren. Eine Altersgrenze gibt es nicht, womit das Prinzip des lebenslangen Lernens gefördert wird. Freiwillige übernehmen meist ganztägige und überwiegend praktische Hilfstätigkeiten in gemeinwohlorientierten Einrichtungen wie beispielsweise Wohlfahrtsverbänden, Kindertagesstätten, Krankenhäusern, Schulen oder Sportvereinen. Die Dauer des Dienstes beträgt 12 Monate, kann auf sechs verkürzt oder auf höchstens 18 verlängert werden. Junge Menschen haben die Möglichkeit, soziale und praktische Fähigkeiten zu erwerben und somit gute Chancen für einen Einstieg ins Berufsleben zu erlangen. Während Menschen mit Berufserfahrung ihre Kompetenzen und Lebenserfahrung weitervermitteln und in den Freiwilligendienst einbringen können. Freiwillige werden gefördert und erhalten beispielsweise einen Freiwilligenausweis, Taschengeld, Unterkunft und Verpflegung.
Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) und Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ)
Diese Programme richten sich gezielt an junge Erwachsene, die das 27. Lebensjahr noch nicht erreicht und die Vollzeitschulpflicht erfüllt haben. Die Dauer des Einsatzes beträgt in der Regel 12 Monate. Die Programme starten immer am 1. September. Während man beim FSJ soziale Berufe kennenlernt und in sozialen Einrichtungen arbeitet, wird man beim FÖJ für die Umwelt tätig und lernt etwas über ökologische und umweltpolitische Zusammenhänge in der Gesellschaft. Beide Programme werden vom Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) unterstützt. Das heißt, dass jedem Teilnehmer unter anderem eine individuelle Betreuung durch die Organisation, Taschengeld und ggf. auch eine Unterkunft und Verpflegung ermöglicht werden.
Internationaler Jugendfreiwilligendienst (IJFD)
Der Internationale Jugendfreiwilligendienst ist ein vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSJ) durchgeführtes Programm. Auch dieser Freiwilligendienst richtet sich gezielt an junge Menschen bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres. Die Freiwilligen leisten einen ganztägigen Dienst ohne Erwerbsabsicht außerhalb einer Berufsausbildung. Die Tätigkeiten sind überwiegend praktische Hilfstätigkeiten in den Bereichen Bildungswesen, Kultur, Sport, Friedens- und Versöhnungsarbeit oder in sozialen und ökologischen Bereichen. Der IJFD ist ein Lern- und Bildungsdienst im Ausland und vermittelt nicht nur soziale, sondern auch interkulturelle, gesellschaftspolitische und persönliche Erfahrungen. Ausreisen können Freiwillige in nahezu alle Länder, solange keine Reisewarnungen oder andere Sicherheitsbedenken vom Auswärtigen Amt vorliegen. Außerdem funktioniert die Ausreise nur über einen der ca. 130 offiziell anerkannten Träger. Der Bund unterstützt diese Träger der IJFD mit einem Zuschuss zu den Ausgaben für bspw. pädagogische Betreuung, Taschengeld, Reisekosten, Unterkunft und Versicherungen. Somit soll möglichst vielen jungen Menschen diese Chance der Wissenserweiterung ermöglicht werden.
Weitere Infos: www.bafza.de/aufgaben/freiwilligendienste.html | www.engagiert-dabei.de/home
Statements
„Das FÖJ gab mir die Möglichkeit, über den Tellerrand zu schauen, mich mit anderen jungen Leuten auszutauschen, etwas zu bewegen. Ich konnte mich aktiv im Umweltschutz engagieren. Das hat mein Selbstbewusstsein gestärkt und meinen Horizont erweitert.“
(Richard)
„Ich bin sehr froh, dass ich mich für ein FSJ bei den Maltesern entschieden habe. Ich engagiere mich hier im Bereich Hausnotruf und Erste-Hilfe-Ausbildung. Mir persönlich ist es wichtig, viele verschiedene Erfahrungen zu sammeln und Dinge auszuprobieren. Gerade im Hausnotruf lernt man viel über das Leben und empfängt groBe Dankbarkeit. Die Erste-Hilfe-Ausbildung gibt einen guten Einblick in medizinische Themen und schult das freie Sprechen. Die Malteser haben mich sehr gut aufgenommen und man hat die Chance, viele verschiedene Menschen kennenzulernen.“
(Robert)
„Ich konnte meine Kreativität beim FSJ Kultur voll zum Einsatz bringen. Da ich beruflich mal in diese Richtung gehen möchte, war es für mich wichtig, in die Kulturszene reinzuschnuppern, die Abläufe bei der Organisation und der Nachbereitung kultureller Events mitzuerleben. Das hat mich in meinem Berufswunsch bestärkt.“
(Johanna)