Forstwissenschaftler sind Experten für die Erhaltung, Pflege, Nutzung und den Schutz des Waldes
Die Wildbäche seiner Heimat sind das Thema des Forstwissenschaftlers Philipp Solbrig
Forstwissenschaft heute geht weiter als bis zum nächsten Wald. Die Herausforderungen des Klimawandels rufen zusätzliches Ingenieurwissen auf den Plan. Es geht um Renaturierung, ingenieurbiologisches Bauen und die Balance zwischen wirtschaftlichen und ökologischen Erfordernissen. Kommunikative Fähigkeiten sind ein Muss, denn der neue Förster ist bei der Veränderung und Gestaltung von Umwelt Teil eines interdisziplinären Experten-Teams.
Philipp Solbrig arbeitet in einem modernen Bürogebäude am Ufer der Mulde. Die großen Fenster geben den Blick frei auf einen bewaldeten Hang jenseits der Straße. Dort leuchten die letzten Blättchen eines kleinen Laubbaums inmitten der Nadelbäume wie eine Lichterkette. „Eine Birke“, sagt Philipp. „Ich erkenne das an der Färbung der Blätter.“ Botanik, Holzkunde und Zoologie waren seine Lieblingsfächer während des Studiums der Forstwissenschaften in Tharandt. Biometrie, Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik, den mathelastigen Start in den Bachelor, empfand er eher als „Killerfächer“. Er rät Studierenden, sich nicht entmutigen zu lassen. Seinen Master absolvierte Philipp in „Biodiversität und Organismen“. Das liegt jetzt schon einige Jahre zurück. Der Start in den Beruf war nicht einfach für ihn, denn Philipp wollte seine Heimat nicht verlassen. Hier im Westerzgebirge ist er aufgewachsen. Er mag die raue Landschaft und die kräftigen Gebirgsbäche, die seit jeher eine wichtige Rolle im Leben der Menschen spielen. Ihre Wasserkraft trieb Mühlen und Maschinen an und leistete der Industrialisierung Vorschub.
Seit einem Jahr sind die Gebirgsbäche Thema seiner Arbeit, insbesondere deren Renaturierung. Er arbeitet in der Landestalsperren-Verwaltung des Freistaates Sachsen, Betrieb Zwickauer Mulde/Obere Weiße Elster. „Ich hatte Glück, diese Stelle in der Nähe meines Heimatdorfes zu bekommen“, sagt Philipp.
Als in Schwarzenberg Hochwasserschutzwände saniert wurden, wachte er über die naturnahe Ausführung. Er konzipierte die Bepflanzung der Wände und stattete den Flusslauf mit Stein-Strukturen aus, um Fließgeschwindigkeit und Wassertiefe zugunsten der Fluss-Biotope zu beeinflussen. Wie schwer und wie groß die Steine sein müssen und wo sie geschichtet werden sollten, das probierte er nicht in Gummistiefeln vor Ort, sondern errechnete es an seinem Computer.
Der Förster in grünen Loden, der allein durch sein Revier schreitet, ist endgültig ins Reich der Nostalgie verwiesen. Der frappanteste Unterschied zwischen dem Förster einst und heute ist das interdisziplinäre Arbeiten in Experten-Teams. So auch in Philipps neuem Projekt. „Es dreht sich um ein altes Wehr in Plauen“, erzählt er. „Dieses zu schleifen wäre der erste Schritt, um der Weißen Elster ihre ursprüngliche Aue zurückzugeben und ein beispielhaftes Stück neuer Natur zu schaffen. So ein naturnaher Flusslauf trägt am nachhaltigsten zum Hochwasserschutz bei. Das Wehr steht aber unter Denkmalschutz. Es darf also nicht ohne Weiteres abgerissen werden. Nun sind Ideen gefragt.“
In den Verhandlungen trifft Philipp auf Referenten aus der Landestalsperren-Verwaltung und dem Landesamt für Umwelt, auf Politiker, Ingenieure, Denkmal- und Naturschützer. Die Rekonstruktion des alten Flusslaufes wird Anwohner und ihre Grundstücke betreffen. „Es geht darum, Lösungen zu finden“, sagt Philipp. Er muss nicht nur Gesetzestexte lesen, verstehen und umsetzen können. Er muss auch überzeugend für die ökologischen Lösungen argumentieren.
Philipp im Büro an seinem Rechner, seinem Hauptarbeitsmittel
Strategische Konzepte zu entwerfen, deren Wirksamkeit auf Jahrhunderte angelegt ist, das liebt er am meisten an seiner Arbeit. Und wie wird es für ihn beruflich bergauf gehen? Er könnte sich als Referent in der Landestalsperren-Verwaltung in Pirna bewerben, aber mehr Büro möchte er eigentlich nicht. Dann schon lieber als Flussmeister mehr Personalverantwortung übernehmen. „Dann wäre ich viel draußen unterwegs.“ Bisher strebt er weder das eine noch das andere an. Die gegenwärtigen Aufgaben sind spannend genug.
Text & Fotos: Kathrin Schrader
Studiengang Forstwissenschaften
Forstwissenschaftler arbeiten u.a. in staatlichen und privaten Forstbetrieben, in Parks und Botanischen Gärten, in Ingenieur- und Planungsbüros, Unternehmungsberatungen, in der Holzwirtschaft und in der Lehre
Dauer des Studiums: Bachelor 6 Semester / Master 4 Semester Unis: TU Dresden, Fachrichtung Forstwissenschaften in Tharandt / Fachochschule Erfurt / Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde Voraussetzungen: Abitur oder mehrere Berufsjahre, Interesse an Fauna und Flora und ökologischen Themen, mathematisches Verständnis, kommunikative Fähigkeiten Weitere Informationen: studienwahl.de tu-dresden.de tu-dresden.de
Philipp Solbrig ist der TU Dresden noch heute verbunden und daher Mitglied im Absolventennetzwerk: https://tu-dresden.de