Sie stecken in der Hosentasche, im Rucksack oder Aktenkoffer. Sie stehen im Arbeitszimmer, im Büro und in der Werkhalle. Sie steuern Flugzeuge und Weltraumsonden ebenso wie Haushaltsgeräte und Produktionsanlagen. Sie lassen uns über tausende Kilometer in Echtzeit kommunizieren und versorgen uns rund um die Uhr mit Unterhaltung. Computer haben unseren Alltag so sehr durchdrungen, dass ein Leben ohne sie kaum denkbar ist. Und das ist erst der Anfang. Denn die digitalen Helfer haben das Zeug zu noch viel mehr. Wir haben nach den aktuellen Trends Ausschau gehalten, die jeder bei der Berufs- und Studienwahl im Hinterkopf haben sollte.
Digitalisierung | Digitale Transformation
Die Welt um uns herum ist analog – Töne, Farben und Temperaturen ebenso wie die Schrift auf einem Blatt Papier. Computer hingegen arbeiten digital: An oder Aus, Null oder Eins. Die analoge Welt in den Computer zu bringen, genau das ist Digitalisierung – zumindest im ursprünglichen Sinn des Wortes. Denn heute sind damit meistens die Möglichkeiten gemeint, die Daten im Computer bieten. Von digitaler Transformation, ja gar von digitaler Revolution ist da die Rede. Denn einmal in digitaler Form gespeichert, können Daten durchsucht, ausgewertet oder miteinander verknüpft werden – und das alles sehr viel schneller, als es je ein Mensch von Hand tun könnte. Automatisierung ist das Ziel und Digitalisierung der Weg dorthin.
Digital verfügbare Informationen werden als Rohstoff der Zukunft gehandelt. Sie durchdringen alle Bereiche der Gesellschaft; revolutionieren Arbeits- und Privatleben; geben Internetunternehmen ein Geschäftsmodell; verlangen nach neuen Berufen und lassen manch alte unbedeutend werden. Die digitale Transformation bietet ungeahnte Möglichkeiten und bringt neue Herausforderungen mit sich. Schlagworte wie Privatsphäre, Datensicherheit und Fake News zwingen die Gesellschaft, sich mit dem Megatrend zu beschäftigen.
Industrie 4.0 | Automatisierung
Der mechanische Webstuhl, die Fließbandproduktion und die speicherprogrammierbare Steuerung lösten jeweils eine industrielle Revolution aus. Bisher Gewohntes wurde auf den Kopf gestellt – mit Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft.
Die vierte läuft gerade ab. So sah es zumindest die Bundesregierung, als sie auf der Hannover-Messe 2011 ihr Projekt Industrie 4.0 der Welt präsentierte. Automatisierung und Vernetzung sind die beiden Säulen der neuen Industrie. Daten sind ihr Treibstoff. Prozesse sollen dabei nicht nur automatisch ablaufen, sondern von den intelligenten Fabriken auch selbstständig geplant werden. Maßgefertigte Einzelstücke sollen dadurch nicht teurer sein als Ware von der Stange.
Maschinen erkennen Werkstücke und passen die Arbeitsschritte darauf an. Künstliche Intelligenz nutzt Sensordaten und weiß im Voraus, wann Wartung nötig ist. Als Augmented Reality (erweiterte Realität), bereiten technische Assistenzsysteme Informationen auf und erweitern die reale Welt. Kooperative Roboter übernehmen den monotonen, ermüdenden oder gefährlichen Teil der Arbeit.
Robotik
Roboter erledigen die Aufgaben, für die sie programmiert wurden – präzise, schnell und ausdauernd. Seit Beginn der Raumfahrt erkunden ferngesteuerte Roboter fremde Himmelskörper. Auf der Erde dringen sie in die Tiefen des Ozeans vor und haben längst auch die Fabrikhallen rund um den Globus erobert. Über 1,8 Millionen Exemplare schweißen, schneiden und montieren heute überall auf der Welt.
Recht früh hat die Automobilindustrie das Potenzial erkannt. Aber auch in der Elektronik- und Halbleiterfertigung, der Verpackungsbranche und in der Medizin sind sie nicht mehr wegzudenken. Mittlerweile mähen Roboter sogar den Rasen oder saugen Staub. Ausgestattet mit Sensoren, vernetzt mit ihren mechanischen Kollegen und gesteuert von künstlicher Intelligenz sollen Roboter in Zukunft ohne menschliches Zutun ihrer Umgebung erkennen und Aufgaben selbstständig ausführen. Aber auch die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine macht große Fortschritte. Hier hat der Mensch das Sagen und der Roboter unterstützt – zum Beispiel beim Heben schwerer Lasten oder beim Führen eines Skalpells. In jedem Fall braucht es aber findige Informatiker, die Roboter zu programmieren wissen.
Künstliche Intelligenz (KI)
Künstliche Intelligenz spielt Schach wie ein Weltmeister, findet Katzenbilder im Internet und beurteilt unser Shopping-Verhalten besser als wir selbst. Sie sagt aber auch vorher, wann der Weizen vom Feld geerntet werden muss, der Motor einer Produktionslinie ausfallen wird und ob ein Medikament bei einem Patienten wirkt oder nicht.
Sie selbst lässt sich allerdings schwer definieren. Denn es ist noch nicht einmal so richtig klar, was Intelligenz genau ist. Die Fähigkeit zu Lernen, da sind sich die Wissenschaftler einig, ist eine Grundvoraussetzung für Intelligenz. Das kann KI schon heute. Sie nutzt Computer und Algorithmen, um menschliche Fähigkeiten nachzuahmen; Muster in Bildern zu erkennen; das gesprochene Wort zu verstehen oder Text in Sprache zu verwandeln. Ein weit bekanntes Werkzeug heutiger KI sind Ansätze des Maschinellen Lernens (Machine Learning). Die setzen auf große Datenmengen (Big Data), werden mit diesen trainiert und erkennen später selbstgelernte Muster auch in neuen Datensätzen.
In Zukunft soll KI auch Produktionsanlagen mitdenken lassen und Roboter vom Werkzeug zum Kollegen machen. Das alles fällt aber noch unter den Begriff der schwachen KI. Ihre starke Schwester soll Maschinen universell denken, verstehen und vielleicht sogar ihrer selbst bewusst sein lassen. Doch davon sind wir heute noch sehr weit entfernt.
Augmented Reality | Virtual Reality
Unsere Sinne und die Wahrnehmung der Welt um uns herum erweitern: Das ist Augmented Reality, kurz AR. So zeigt der Blick durch eine AR-Brille nicht nur die reale Welt, sondern auch zusätzliche Informationen. Sehenswürdigkeiten werden beim Namen genannt. Montageschritte erscheinen ebenso vor dem Auge wie die Karte eines Geländes. Der Gesprächspartner am anderen Ende der Welt wird virtuell ins Büro geholt und das fremdsprachige Hinweisschild automatisch übersetzt.
Virtual Reality, kurz VR, geht noch einen Schritt weiter: Sie entführt uns in eine komplett virtuelle Realität. Auch hier wird aktuell stark auf den Sehsinn gesetzt. Von äußeren Eindrücken abgeschnitten, finden sich die Nutzer von VR-Brillen im Cockpit eines Flugzeugs wieder, durchstreifen exotisches Terrain oder zerlegen das Modell einer Industrieanlage bis zur letzten Schraube. Durch leistungsfähige und günstige Hardware sind AR und VR heute fester Bestandteil im privaten Bereich: als Spielerlebnis, Filmvergnügen, Stadtführer oder Simulator. Und auch in der Industrie haben sie Einzug gehalten. Schulungen und Trainings mit VR bereiten das neue Personal für den „echten“ Einsatz vor. Diesen unterstützt AR und macht die Arbeitsschritte transparenter und sicherer.
Smart Clothes (Intelligente Kleidung)
Kleidung kann nicht nur modisch, schick oder elegant sein, sondern auch intelligent. Mit Sensoren und Rechenleistung ausgestattet, sammeln Unterhemd und Co. die Vitalparameter ihrer Träger, bestimmen deren Standort, sorgen selbst bei arktischen Arbeitsbedingungen für wohlige Wärme oder stellen eine Kommunikationsverbindung her.
Aktuelle Daten wie Herz- oder Schrittfrequenz sind nicht nur für Fitnessfanatiker ein wahrer Schatz. Auch für sensible Arbeitsumgebungen sind solche Informationen Gold wert. Noch ist das Gebiet der Smart Clothes überschaubar. Doch ihnen wird eine rosige Zukunft vorausgesagt. Wie alle Rädchen der vernetzten Industrie kommuniziert auch intelligente Kleidung mit ihrer Umwelt. Bei derart sensiblen Daten führt dann auch kein Weg an Fragestellungen wie Datensicherheit und Persönlichkeitsschutz vorbei.
Additive Fertigung | 3D-Druck
Bei der additiven Fertigung, umgangssprachlich auch 3D-Druck, entstehen Modelle, Prototypen oder Werkstücke Schicht für Schicht. So lassen sich die kompliziertesten Formen oder die filigransten Strukturen herstellen, an denen selbst die kunstfertigsten Gussformbauer oder die erfahrensten Fräser verzweifeln würden. Die Vorlage entsteht im Computer in einer 3D CAD-Software.
Heute sind vor allem die kunststoffverarbeitenden Geräte im Massenmarkt angekommen. Im Elektronikhandel wechseln sie schon für wenige Hundert Euro den Besitzer und Technik-AGs in Schulen begeistern damit den Nachwuchst für die MINT-Fächer. In Industrie und Medizintechnik stehen hingegen immer öfter Laserschmelz- und Lasersinteranlagen. Die verarbeiten Metallpulver oder Keramikgranulate zu Autoteilen, Raketentriebwerken oder Zahnkronen. Noch experimentellen Status haben dagegen Bioprinter, die lebensfähige Gewebestrukturen drucken sollen.
Text: Kai Dürfeld / Fotos: Slider 1: AlienCat; Slider 2: Nmedia; Slider 3: sdecoret; Slider 4: Sergey Nivens; im Text oben: dimdimich;
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