Als Wasserbauerin und Wasserbauingenieurin kümmert sich Annika um Deutschlands Wasserstraßen
Das Straßennetz, das Annika Maasch (im Bild) und ihre Kollegen betreuen, durchzieht die ganze Bundesrepublik. Doch es ist nicht aus Asphalt. Mehr als 7.000 Kilometer lang sind die Flüsse und Kanäle, die zu den Bundeswasserstraßen gehören. Hunderte Schleusen und Wehre, 40 Kanalbrücken, zwei Schiffshebewerke und viele andere Bauwerke und Anlagen sorgen dafür, dass knapp 200 Millionen Tonnen Fracht im Jahr ihr Ziel erreichen. Dieses Netz zu pflegen, instand zu halten und auszubauen, ist die Aufgabe von Wasserbauern und Wasserbauingenieuren. Annika wird beides. Denn die 23-Jährige hat sich für das duale Studium Wasserbau/Bauingenieurwesen an der Hochschule in Koblenz entschieden, das das Studium Bauingenieurwesen mit der Berufsausbildung zum Wasserbauer kombiniert.
„Ich habe die Anzeige für den Studiengang zufällig entdeckt“, sagt die 23-Jährige. „Und mein erster Gedanke war: Das ist es. Das möchte ich machen.“ Dabei war es vor allem der Teil mit dem Bauingenieurwesen, der sie reizte. Die praktische Erfahrung jedoch, die eine Ausbildung im Wasserbau mit sich bringt, gab letzten Endes den Ausschlag für das duale Studium. „Wasserbau ist noch eine Männerdomäne“, sagt sie und glaubt: „Gerade für eine Frau ist es sinnvoll, dass sie nicht nur das Theoretische draufhat und das auch zeigen kann.“
Erst am Kanal, dann im Hörsaal
Um das Handwerkzeug zu lernen, ist schonmal das erste Jahr komplett reserviert. Denn da startet die Berufsausbildung zum Wasserbauer; erst drei Monate im Ausbildungsbetrieb, dann beginnen die überbetriebliche Ausbildung und die Berufsschule.
Angestellt sind Annika und ihre Kommilitonen bei der WSV, der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) des Bundes, die für Sicherheit, Instandhaltung und Neubau der Bundeswasserstraßen verantwortlich ist. Das ist auch die richtige Adresse, an die Interessenten ihre Bewerbungsunterlagen für das duale Studium schicken. Wichtige Zulassungsvoraussetzung: Fachabi oder allgemeine Hochschulreife. Einmal angenommen, wird jeder Studierende einem der Wasserstraßen- und Schifffahrtämter in Deutschland zugeteilt. Annika hat es nach Münster verschlagen. „Hier haben wir vor allem Kanalstrecke“, erzählt sie von ihren Aufgaben. „Da stehen Unterhaltungsarbeiten, wie zum Beispiel Baumschnitt an den Kanalrändern an. „Wer an der Küste oder an einem der großen deutschen Flüsse eingesetzt ist, für den stehen hingegen andere Aufgaben im Vordergrund. Sie inspizieren beispielsweise Schleusen, reparieren Hochwasserschutzanlagen oder kontrollieren die Wassertiefe. „Das fasziniert mich eben so sehr an dem Beruf“, sagt Annika. „Er ist überaus vielfältig.“
Zu den praktischen Erfahrungen kommt im zweiten Jahr, im Wintersemester, das Studium hinzu. Die Ausbildung selbst läuft natürlich weiter. „Immer in den Semesterferien sind wir dann in unseren Betrieben“, erzählt Annika. „Teilweise gibt es in dieser Zeit überbetrieblichen Unterricht oder wir haben Berufsschule.“ Das klingt nach einem straffen Zeitplan. Bereut hat es Annika zu keiner Zeit. „Kurz vor den Prüfungen ist es schon stressig“, gesteht sie. „Vor allem, weil wir da ja alle auf den Ämtern sind. Aber wir bekommen genügend Zeit für die Klausurvorbereitungen.“ Und das Semester selbst empfindet sie weniger anstrengend, als wenn sie sich für ein „einfaches“ Studium entschieden hätte. „Dann hätte ich mir sicher einen Nebenjob gesucht“, sagt die 23-Jährige.
Den braucht sie beim dualen Studium nicht. Denn egal ob sie gerade im Ausbildungsbetrieb Dienst tut, in der Berufsschule lernt oder in den Vorlesungen sitzt: Sie erhält während der gesamten Zeit ein Ausbildungsgehalt und einen Aufschlag für den Mehraufwand obendrauf.
Ohne Mathe geht es nicht
Während sie in ihrer Ausbildung die praktischen Dinge wie Straßen-, Wege-, Holz- oder Lehmbau erlernt, bereitet sie das Studium auf die „Nerd-Tätigkeiten“ vor, wie Annika sie lachend nennt. Denn dort erfährt sie, wie Ingenieurbauwerke, also Brücken, Schleusen, Kanäle oder Hebewerke, geplant, berechnet, gebaut oder geprüft werden. „Hierfür sollte man auf jeden Fall Mathe können und auch mögen“, gesteht sie lachend. „Für den Ausbildungsteil hingegen ist vor allem der Spaß an den praktischen Dingen wichtig. Die Theorie ist dann kein Hexenwerk.“
Während der ersten Zeit im Ausbildungsbetrieb, erinnert sich Annika, gab es wirklich kaum einen Tag im Büro. Stattdessen war sie ständig draußen unterwegs. „Da hatte ich öfter die Gelegenheit, mit auf eine Großbaustelle zu gehen“, erzählt sie. „Bei uns in Münster wird eine Kanalüberführung gebaut. Der Kanal muss über die Ems, die an der Stelle noch recht klein ist. Und da wird eben eine Brücke für den Kanal gebaut“, erzählt sie begeistert. „Zu sehen, wie der riesige Wassertrog gebaut und über die Ems geschoben wird; zu erleben, wie das alles geplant und welche Erdmassen dabei bewegt werden, das hat mich sehr beeindruckt.“
Auch wenn ihr der praktische Teil sehr viel Spaß gemacht hat, sieht Annika nach den ersten vier von sieben Semestern ihre Zukunft eher in den Ingenieurstätigkeiten. Ob sie später einmal als Prüfingenieurin den Schleusen, Dämmen und Wehren auf den Zahn fühlt, deren Reparatur, Aus- und Neubau als Bauleiterin überwacht oder als Planungsingenieurin neue Bauwerke am Computer entwirft, weiß sie noch nicht so genau. Dass sie nach den insgesamt viereinhalb Jahren einmal übernommen wird, das weiß sie schon. Denn wer das duale Studium wählt, verpflichtet sich dazu, nach bestandener Ausbildungsprüfung und erfolgreich verteidigter Bachelorarbeit für die WSV zu arbeiten. Annika lacht: „Seinen Arbeitsplatz hat mal also schon zu Beginn der Ausbildung sicher.“
Das Studium dauert 7 Semester und schließt mit dem akademischen Grad „Bachelor of Engineering“ sowie dem Berufsabschluss zur Wasserbauerin und zum Wasserbauer ab.
Voraussetzungen:
Hochschulreife oder Fachhochschulreife, Spaß an naturwissenschaftlichen Fächern