Nullachtfuffzehn war gestern!
Sei auf Deine Weise kreativ und nimm den direkten Weg zum Bewerbungserfolg
Du bist einer von vielen Bewerbern: Zum Beispiel um ein Praktikum oder um eine Ausbildung. Vielleicht sogar um einen Studienplatz oder ein Stipendium (also eine finanzielle Förderung). Und Du weißt, auf ein besonders attraktives Angebot reagieren bis zu zweihundert Bewerber … Zwar kannst Du auf Bewerbungsmuster und Vorlagen zurückgreifen. Du kannst Dich darin aber nicht wiederfinden. Zugleich bist Du nicht sicher, wie genau Du über Dich selbst Auskunft geben sollst. Manche meinen, dass man große Reden schwingen und die Super-Kandidaten-Show abziehen soll. Nicht zuletzt hörst Du immer wieder, dass kreative Bewerbungen besonders gut ankommen.
Kreativ klingt gut
Kreativ bedeutet schließlich, etwas zu schaffen und zu gestalten. Beim Bewerben ist Deine erste schöpferische Aufgabe klar. Für den Empfänger Deiner Unterlagen bist Du in der Regel ein unbeschriebenes Blatt. Deshalb nimm dieses leere Blatt (bzw. öffne ein neues Dokument). Notiere darin nicht nur Deine Eckdaten. Lade die Seite mit den wichtigen, weil verwertbaren Infos auf. Ordne diesen Daten-Input so, dass man auf den ersten Blick erkennt, was Du bis heute in der Schule und im Leben erlernt, erworben, erreicht, erzielt und abgeschlossen hast.
Beweise Deine Kreativität und Findigkeit dadurch, dass Du die wichtigen Ereignisse, Erfolge und Leistungen in Deinem Leben zusammenstellst. Und zwar so, dass sie Dein höchstpersönliches Profil ergeben. Gesichtslose Bewerber übernehmen eine Lebenslauf-Vorlage. Du dagegen schaffst eine brauchbare und unverwechselbare Leistungsübersicht!
Folge dem Flow
Sammle kurze Statements von Lehrern, Trainern, Gruppenleitern … und von Menschen, für die oder mit denen Du gearbeitet hast. Die Themen dieser Kurzbewertungen können sein: Deine Motivation, Deine Ausdauer, Deine Freude am Lernen, Dein Ehrgeiz, Deine Stärken … untermauere diese Urteile mit ausgewählten Foto-Shots von Dir: Im Team, im Einsatz, bei der Arbeit, im Wettkampf. Der Mix aus Empfehlungen und Bildbeispielen summiert sich zu einem erstklassigen und ungewöhnlichen Referenzschreiben! Falls Du eine Ausbildung in einem kreativen Beruf (als Designer, Gärtner, Friseur, Bauzeichner …) anstrebst, runde Deine Bewerbung möglichst mit Fotos Deiner ersten Arbeitsproben ab.
Dein Datenblatt – der Lebenslauf – lässt den Empfänger in Sekundenschnelle abschätzen, ob Dein Wissen und Können, Dein Leistungsvermögen, Deine Ausbildungsreife passen. Das Referenzblatt beweist, dass vertrauenswürdige Dritte Dein Engagement, Deine Anstrengungen und Dein angenehmes Wesen schätzen.
Bewerben bedeutet, um Vertrauen zu werben. Wenn Du für Deine Bewerbung eine Plakatwand mietest, machst Du nur Werbung. Wenn Du Deinen Lebenslauf singst und Dich dabei auf der Gitarre begleitest, machst Du Unterhaltung. Wenn Deine Bewerbung eine Riesentafel Schokolade umhüllt, ist es versuchte Bestechung. Auch ein kurzes, selbstgedrehtes Video dauert vielen Ausbildern zu lang. Deshalb…
Tu das Unerwartete
Wie schafft man es als junger Bewerber, dass ein eher skeptisch eingestellter Erwachsener einem vertraut? Ganz einfach: Tu das Unerwartete. Überrasche und entwaffne. Kaum ein Erwachsener rechnet damit, dass ein adrett gekleideter, höflicher U20 vor ihm auftaucht, seine Bewerbungsabsicht kurz und ansprechend formuliert und seine Mappe überreicht. Erwachsene gehen davon aus, dass Menschen Deines Alters den Kontakt mit ihnen möglichst vermeiden. Sei also die löbliche Ausnahme.
Das erste Ziel Deiner Bewerbungsbemühung ist also nicht, auf irgendeine kreative Weise dafür zu sorgen, dass man Deine Bewerbung anschaut. Natürlich schaut man jede Bewerbung an, vor allem, wenn sie weder überladen noch lieblos zusammengeschustert ist. Bewirb Dich so, dass man Deine prinzipielle Eignung auf Anhieb erkennt und dass man Dir und Deinen Absichten vertraut. Dazu wird man Deinen Lebenslauf überfliegen, Dich selbst kritisch mustern und Dir einige Fragen stellen. Ermögliche das, indem Du aktiv den Kontakt suchst. Sei kreativ in der Art, wie Du Ausbilder, Personaler bzw. Entscheider persönlich erreichst. Trau Dich, sie direkt anzusprechen. Wer als Bewerber das Gespräch sucht, der findet Gehör.
Bonustipp für nach dem Vorstellungsgespräch
- Schicke dieses Dankeschön in jedem Fall, auch wenn das Interview (vermeintlich) schlecht gelaufen ist.
- Setze in das „An:“-Feld die E-Mail-Adressen aller Personen, die anwesend waren.
- Die E-Mail-Adressen gewinnst Du am sichersten, wenn Du nach dem Vorstellungsgespräch die Visitenkarten (oder Mailadresse) Deiner Gesprächspartner erbittest.
- Rede im Dankschreiben jeden Gesprächspartner namentlich an. Die Reihenfolge der Anreden hängt vom Rang der Person ab.
- Halte Dein Schreiben kurz – breite nicht noch einmal alle Argumente aus, die für Deine Eignung sprechen.
- Hebe am Anfang etwas aus dem Gespräch hervor, das Du besonders gut, anregend und dankenswert findest.
- Ziehe am besten ein kurzes, positives Fazit und erneuere Deine Bereitschaft zum Mitmachen.
- Ein weiteres Pro-Argument, das für Dich spricht und das im Interview noch nicht zur Sprache kam, solltest Du gern in der Dank-Mail einführen.
- Versuche nicht, im Nachhinein etwas klarzustellen, zu korrigieren, zu erklären, zu beweisen.
- Verwende die geschäftsübliche Anrede und Schlussformel, texte sorgfältig, korrekt und weitgehend frei von Floskeln.
Text: Gerhard Winkler (jova-nova.com); Fotos: contrastwerkstatt – AdobeStock