Als Eisenbahner in der Zugverkehrssteuerung (m/w/d) entscheidet er, welcher Zug zuerst fahren darf
Zugverkehrssteuerer überwachen den Eisenbahnverkehr sowohl an Bedienpulten als auch am Monitor. Manchmal stellen sie Weichen per Hand und Hebel. Nach und nach werden die alten Stellwerke von voll-digitalisierten abgelöst.
Tim Jäckel in Aktion: In Hoyerswerda werden die Weichen noch per Hand gestellt
Wir haben uns auf den Weg zu einem wunderschönen, alten Stellwerk gemacht, denn noch arbeiten die meisten Zugverkehrssteuerer in einem solchen direkt auf einem Bahnhof. „Ich habe immer einen Lokführer, der mir winkt“, freut sich der 23-jährige Tim Jäckel, der in einem Stellwerk auf dem Bahnhof Hoyerswerda als Fahrdienstleiter arbeitet. In diesem Jahr hat er ausgelernt und die anschließende örtliche Prüfung bestanden. Zu seinen Werkzeugen gehören ein Rechner, ein nostalgisch anmutendes Bedienpult aus den Sechzigerjahren des letzten Jahrhunderts, auf dem rote Lämpchen die wartenden Züge in den Bahnhofsgleisen signalisieren und grüne, dass sie losfahren dürfen. Dazu bedarf es der Rückmeldungen vom Lokführer und den anderen Stellwerken im Bahnhof. Sogar schwere Hebel, an denen die Weichen per Muskelkraft gestellt werden, bedient Tim. Er telefoniert auch recht häufig, mit den Lokführern oder dem Dispatcher in Leipzig, der auf seinem Monitor das gesamte Netz des Bereiches überblickt.
Nostalgisch – das Bedienpult aus den Sechzigerjahren
Tim entscheidet, welcher Zug zuerst fahren darf
Tims korrekte Berufsbezeichnung lautet: Eisenbahner in der Zugverkehrssteuerung. „Welche Arbeitsgänge auf dem Stellwerk beherrscht werden müssen, lernt sich ganz schnell“, erzählt er. „Spannend wird es, wenn Störungen auftreten. Dann braucht man das richtige Know-how und muss schnell reagieren. Das ist ein Grund, warum die Lerninhalte in Berufsschule und Praxis-Betrieb schwerpunktmäßig auf Störungen verlagert wurden.“ Das heißt also, all das, was uns am Bahnfahren nervt, macht Tims Beruf erst richtig spannend? Er lacht. „Nicht nur das. Ich bin schuld an den Verspätungen!“ Das meint er natürlich nicht ernst, denn Schuld an den Verspätungen hat alles, was die planmäßige Fahrt behindert, also umgekippte Bäume, Unwetter, technische Probleme am Zug oder Personen im Gleisbett. Wer regelmäßig mit der Bahn fährt, kennt die Liste. Tim meint vielmehr, dass er entscheidet, welcher der von der Störung betroffenen Zügen zuerst wieder fahren darf und eben auch, welcher zuletzt fährt. Vom Stellwerk aus löst er den Schienen-Stau. Die Situation, dass plötzlich nichts mehr geht und alles steht, ist eine gewaltige Herausforderung. Deshalb werden Bewerber vor der Ausbildung auch auf ihre psychische Belastbarkeit geprüft. „Der Test ist zwar anspruchsvoll, aber wir wurden gut darauf vorbereitet“, sagt Tim. In der Stresssituation gibt es Regeln wie diese, dass der Fernverkehr Priorität vor dem Regionalverkehr hat, danach folgt der Güterverkehr. Hier in Hoyerswerda rollt dieser in Richtung Polen und weiter. Gute Fremdsprachenkenntnisse sind sicher von Vorteil, doch nicht zwingend, denn bei der Bahn wird in der Landessprache kommuniziert. Doch auch wenn Tim das Stellwerk allein bedient, muss er im Falle einer Störung nicht alle Entscheidungen allein treffen. Er arbeitet dann mit dem Dispatcher in Leipzig zusammen.
Rote und grüne Signale zeigen, was zu tun ist
Tim wird ab Oktober studieren
Das Interview mit uns führt Tim in seiner Freizeit. Während seines Dienstes ist keine Ablenkung erlaubt. Während wir uns im Stellwerk unterhalten, ist sein älterer Kollege Fahrdienstleiter. Er wird bald in Rente gehen. Tim sollte ihn ablösen. Doch für Tim stand schon während der Ausbildung an der Berufsschule in Schkeuditz fest, dass er studieren wird. Nach dem Realschulabschluss hat er das Fachabitur in Informatik in Kamenz gemacht. Im Oktober wird er nun ein duales Studium in Wirtschaftsingenieurwesen in Erfurt beginnen. Sein Partnerbetrieb ist und bleibt die Deutsche Bahn, denn er fühlt sich gut mit diesem Ausbilder und Arbeitgeber. „Aber ich möchte schon die Möglichkeit einer akademischen Ausbildung nutzen“, begründet er seine Entscheidung. Sein Platz im Stellwerk Hoyerswerda ist dann wieder frei. Die Bahn sucht nicht nur in Sachsen dringend Fahrdienstleiter-Nachwuchs. Ein guter Schulabschluss genügt. Auch ohne Studium ist bereits nach drei Jahren als Fahrdienstleiter im Stellwerk der Weg nach oben zum Disponenten oder Bezirksleiter frei.
Text/Fotos: Kathrin Schrader
Info Eisenbahner in der Zugverkehrssteuerung Zugverkehrssteuerer arbeiten als Fahrdienstleiter im Stellwerk. Sie überwachen einen Streckenabschnitt und entscheiden, wann Züge anhalten, fahren oder überholen. Sie stellen Weichen und Lichtsignale und stehen dabei mit Zugführern und Kollegen anderer Stellwerke in Kontakt.
Ausbildung: 3 Jahre, dual
Voraussetzungen: guter Schulabschluss, hohe physische und psychische Belastbarkeit, schnelle Auffassungsgabe, Zuverlässigkeit, Flexibilität