Der Bachelor Sprechkunst und Sprecherziehung ist vielfarbig wie ein Chamäleon
Wir reden ziemlich viel. Und sehr anders. Und eigentlich immer. Sicher hast du schon die Erfahrung gemacht, dass es Folgen hat, wie du was sagst. Dass das gesprochene, gehörte, gelesene Wort unmittelbar Einfluss auf unser Denken und Verhalten hat. Dass Sprache ein Schatz und dass Sprache Macht ist. Der Bachelor Sprechkunst und Sprecherziehung bietet dir jede Menge Entwicklungsmöglichkeiten in sehr unterschiedliche Richtungen, die alle mit Sprechen und Sprache zu tun haben.
Charlotte Schön haucht Texten Leben ein
Sprechkunst Unter den Absolventen des Studiengangs Sprechkunst und Sprecherziehung finden sich sowohl Schauspieler, Musical-Darsteller, Synchronsprecher und Radiomacher ebenso Sprecherzieher und Kommunikationstrainer. Es geht also auch um die Vermittlung von Kommunikationstechniken im weitesten Sinne. Darum, wie du durch den bewussten Umgang mit Körper und Stimme, deine künstlerische Persönlichkeit entwickeln kannst. Ganz groß gesagt, geht es um das Finden der eigenen Stimme und Sprache. Charlotte Schön präsentiert ihre dunkle, unaufgeregte Stimme auf ihrer Website in zwei Werbespots, einem Imagefilm und einem Erklär-Film, einem sogenannten Over-Voice – das ist die Stimme, die über dem Originalton des Films liegt – und einem Hörbuch. Fotos zeigen die 25-Jährige beim Lesen eines literarischen Textes auf der Bühne, am Mikrofon in einem Studio und als Moderatorin. Sie zeigt die Vielseitigkeit ihres Gesichts, ihrer Körpersprache und ihrer sprachlichen Möglichkeiten. Ihre Website ist die Visitenkarte ihres Könnens.
Erste Schritte einer Meister-Sprecherin Ich treffe Charlotte im Europäischen Theaterinstitut Berlin, einer Privatschule, an der sie angehende Schauspieler im Sprechen unterrichtet. Seit 2020 ist sie in Berlin. In diesem Jahr hat sie ihren Master in Angewandter Rhetorik gemacht, an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart, wo sie 2019 auch ihren Bachelor in Sprechkunst und Sprecherziehung absolvierte. Ursprünglich kommt Charlotte aus Schwerin. Als Schülerin arbeitete sie als Statistin am Theater und natürlich verbrachte sie auch ein Praktikum dort. „Eigentlich hatte ich den Wunsch, Schauspielerin zu werden, auf der Bühne zu stehen, aber am Theater habe ich erlebt, wie unstet das Leben von Schauspielern ist. Sie ziehen häufig um, weil es keine festen Ensembles mehr gibt. Ich bin eigentlich bodenständig. Ich möchte nicht so viel umherziehen. Deshalb habe ich recherchiert, wie man Synchronsprecherin werden kann, und dabei stieß ich auf den Studiengang in Stuttgart.“
Charlotte unterrichtet als Dozentin für Sprecherziehung am Europäischen Theaterinstitut Berlin
Die Bühne lockt Berlin hat sie auch deshalb zu ihrer Wahlheimat gemacht, weil die Bühne sie immer noch lockt. In Berlin ist kulturell einfach viel los. Es gibt so viele Bühnen, kleine und große, und andere Spielorte, genügend Raum, sich auszuprobieren. Ein Freund von ihr spielt in einer Jazz-Gruppe. Gemeinsam möchten sie ein Programm aus Musik und Literatur einstudieren. Charlotte arbeitet freiberuflich wie die meisten ihrer ehemaligen Kommilitonen. Das ist eine Herausforderung. „Man muss lernen, sich zu strukturieren und Disziplin entwickeln, vor allem, wenn es darum geht, seine Ziele zu verfolgen.“
Vielseitigkeit fordert Entscheidungen Eine vielseitige Ausbildung, an deren Ende zahlreiche Entwicklungsmöglichkeiten stehen, ist wunderbar, doch am Ende fordert sie auch Entscheidungen. Der Bachelor besteht aus vier Modulen: Sprechkunst und Gesang ist wichtig für alle, die auf die Bühne möchten. Mediensprechen schult vor allem im Umgang mit dem Mikrofon, in Sprecherziehung geht es um das zukünftige Unterrichten, und Rhetorische Kommunikation meint kommunikative Fähigkeiten bei der Vermittlung von Inhalten. Letzteres hat Charlotte am meisten interessiert. In ihrer Arbeit als Dozentin an der Schauspielschule geht es um Stimmbildung und künstlerischen Ausdruck. In ihren Workshops in Unternehmen vermittelt sie, wie in Arbeitsprozessen am wirkungsvollsten miteinander kommuniziert wird. Wie gebe ich ein Feedback? Wie erteile ich eine Arbeitsanweisung? Wie formuliere ich ein Anliegen? Der Master in Rhetorik befähigte sie auch, das 30-jährige Jubiläum eines Verbandes zu begleiten, dessen Geschichte zu recherchieren und eine Wanderausstellung zu kuratieren.
Auf der Suche nach dem eigenen Publikum „Ich stelle mich breit auf, um herauszufinden, wo ich am stärksten bin“, sagt sie. Das Unterrichten an der Schauspielschule macht ihr Spaß. Hier würde sie gern bleiben. Aber die Bühne lockt noch immer. „In zwei Jahren möchte ich zusätzlich eigene künstlerische Projekte auf die Beine gestellt haben“, sagt sie. „Ich weiß, dass ich dafür noch viel tun muss. Ich muss rausgehen und mich vorstellen, Visitenkarten verteilen, Leute treffen, und aktiver auf Instagram werden.“ Ganz bestimmt wird sie nicht nur Schüler finden, sondern auch ihr Publikum.
Text & Fotos: Kathrin Schrader / Foto oben: Lucy Duffner
Bachelor Sprechkunst und Sprecherziehung
Studium: 8 Semester, Regelstudienzeit oder eine als gleichwertig anerkannte Zugangsberechtigung
Voraussetzungen: in der Regel Abitur oder eine als gleichwertig anerkannte Zugangsberechtigung, bestandene Aufnahmeprüfung, HNO-Attest über stimmphysiologische Eignung